Im internationalen Vergleich hat trotz hoher Qualität der deutschen Transplantationsmedizin die entsprechende quantitative Versorgung der betroffenen Patienten einen besorgniserregenden Tiefstand erreicht. Bezogen auf je 1 Million Bürger betrug die Rate an transplantierten Patienten im Jahr 2016 in Deutschland 44,4, in Österreich hingegen 87,2 und in Spanien 102,3 – so die Zahlen der Deutschen Transplantationsgesellschaft e.V. (DTG). Für das Berichtsjahr 2016/2017 kann die DTG keine Trendumkehr der weiterhin rückläufigen Zahlen für Organspende und –transplantation berichten.
Grundlagen für Verbesserung sind gegeben
Aus aktuellen Jahresberichten der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und der Stiftung Eurotransplant (ET) gehen weitere Zahlen für die deutsche Transplantationsmedizin hervor. Demnach gab es 2016 insgesamt 10.129 zur Transplantation gelistete Patienten. Davon erfolgte bei 3.708 eine erfolgreiche Transplantation, 939 der auf der Warteliste stehenden Patienten sind verstorben. Darunter waren teilweise Patienten, die für mehrere Organe gemeldet waren.
Der Umbau der für Organspende und ‑transplantation zuständigen Zentren, Gremien und Institutionen ist im Rahmen der derzeit gegebenen Möglichkeiten weit fortgeschritten, so dass die Grundlagen für eine gewisse Verbesserung der Situation in den kommenden Jahren prinzipiell gegeben wären. Voraussetzung für eine grundlegende Verbesserung von Organspende und ‑transplantation in Deutschland wäre nach Ansicht der DTG jedoch, dass nach einer entsprechenden öffentlichen Diskussion ein gesamtgesellschaftlicher Konsens getroffen wird, der das klare Ziel haben muss, eine Versorgungsqualität auf dem Niveau vergleichbarer Länder zu erreichen. Die DTG befürchtet stattdessen eine Diskussion über einen Rückbau der Transplantationsmedizin in Deutschland.
Hoffnung aus der Wissenschaft?
Der eklatante Organmangel beschäftigt auch die Wissenschaft. Seit Jahren werden verschiedene Ansätze erforscht, um Lösungen zu finden, die eine Entspannung der Situation herbeiführen können. Besonders vielversprechend ist die Züchtung von Organen aus Körperzellen. Es ist bereits möglich, sogenannte Organoide, kleine Organvorläufer, herzustellen. Was sich anhört wie eine Sciencefiction-Vision, kann vielleicht schon in 10–15 Jahren Realität sein. Shin´Ya Yamanaka erhielt 2012 den Nobelpreis für die Entdeckung, dass jede ausgereifte Zelle (zum Beispiel eine Hautzelle) in eine Stammzelle umgewandelt werden kann. Nach aktuellem Forschungsstand kann mittlerweile binnen 24 Tagen ein Nierenorganoid aus iPS-Zellen gezüchtet werden, das bereits ähnliche Strukturen wie eine fetale Niere aufweist.
Eine Züchtung von Organen aus „normalen“, ausgereiften Zellen würde die Transplantationsmedizin in mehrfacher Hinsicht revolutionieren: zum einen wäre damit das größte Problem, der eklatante Organmangel, obsolet, zum anderen hätten Organe, die aus iPS entstehen, natürlich einen großen Vorteil: sie wären „personalisiert“, das heißt sie tragen die Gewebemerkmale des Empfängers. Weitere hoffnungsvolle Ansätze stellen die Xenotransplantation mit den Möglichkeiten der Gen-Manipulation, die für eine Humanisierung der Schweineorgane genutzt werden könnten, sowie auch das 3D-Bioprinting dar.
Quelle: idw