Robotik
Robotik Bild: © Pop Nukoon­rat | Dreamstime.com

Robotik im Zentrum: Katrin beschäf­tigt sich seit ihrer Bache­lor­ar­beit inten­siv mit dem mensch­li­chen Gleich­ge­wicht. Sie stellte sich die Frage: „Welche Fakto­ren unser Gleich­ge­wicht beein­flus­sen, welche davon relevant sind und welche Rolle diese zum Beispiel bei der Rehabi­li­ta­tion des Gleich­ge­wich­tes nach einem Schlag­an­fall spielen könnten.“

Sie unter­suchte auch die Effekte leich­ter Berüh­rung bei Kindern und Jugend­li­chen mit Cerebral­pa­rese und fragte sich, inwie­fern zusätz­li­che taktile Infor­ma­tio­nen hier unter­stüt­zen können, um Stürze präven­tiv zu verhin­dern.

Wie kam Katrin zu diesem Forschungs­be­reich?

Sie erzählt uns, dass ihr schnell klar war, dass sie sich in ihrem Studium auf Bewegungs­wis­sen­schaf­ten und Biome­cha­nik fokus­sie­ren möchte, da diese Bewegung mit neuro­wis­sen­schaft­li­chen, psycho­lo­gi­schen und medizi­ni­schen Inhal­ten verbin­det. Ihre Eltern unter­stütz­ten sie während des Studi­ums sehr.

Durch Zufall stieß ihre Mutter bei der Suche nach einem mögli­chen Thema für ihre Bache­lor­ar­beit in einem Dokumen­tar­film auf das Petö-Insti­tut in Ungarn.

Über das Pendant in München, dem Phönix Insti­tut der Stiftung Pfennig­pa­rade, lernte Katrin ihren Betreuer kennen. Das war der perfekte Einstieg für eine erfolg­rei­che Bache­lor­ar­beit in Zusam­men­ar­beit mit dem Phönix Insti­tut der Stiftung Pfennig­pa­rade München, der Schön Klinik München Harlaching und dem Petö-Insti­tut in Budapest, dem Ursprung für „Konduk­tive Förde­rung“, zumal sie auch familiäre Verbin­dun­gen nach Ungarn hat.

Außer­dem erwähnt sie, dass ihre Tante, wie zum Beispiel auch Céline Dion, an einer selte­nen Erkran­kung, dem Stiff-Person-Syndrom leidet, und daher schon sehr lange Probleme mit dem Gleich­ge­wicht und Gang hat, was Katrins Entschei­dung für diesen Fachbe­reich beein­flusste.

Von der Wissen­schaft zur Anwen­dung – Was hat das mit Robotik zu tun?

“Ganz einfach: Wir wollen heraus­fin­den, inwie­fern roboti­sche Systeme unter­stüt­zen und Unabhän­gig­keit aufrecht­erhal­ten oder gar wieder­her­stel­len können”, erklärt Katrin. Es geht nicht darum, dass Robotik den gesam­ten Bewegungs­ab­lauf übernimmt. Das sei der falsche Ansatz, da dabei kogni­tive und syste­mi­sche Abläufe verlo­ren gingen.

Am wichtigs­ten sind die Rehabi­li­ta­tion der Betrof­fe­nen und das Ermög­li­chen ihrer Eigen­stän­dig­keit durch praxis­nahe und sinnvoll einsetz­bare Systeme.

Praxis­be­zug der Wissen­schaft zum Anwen­dungs­be­reich

Wir wollen nun heraus­fin­den, inwie­fern uns Studi­en­ergeb­nisse am Ende zu einem roboti­schen (Hilfs-)System bringen können. Der Praxis­be­zug beginnt oft schon bei der Forschungs­frage. Katrin erklärt uns, dass es viele praxis­nahe Forschungs­pro­jekte gibt. Jedoch schei­tert es oft daran, die Ergeb­nisse dann tatsäch­lich in die Praxis zu bringen. Das größte Problem ist hierbei wohl die Bürokra­tie.

Zusätz­lich ist die inter­dis­zi­pli­näre Zusam­men­ar­beit mit Fachkräf­ten aus dem Gesund­heits­sys­tem oft schwie­rig. Die Kontakt­auf­nahme zu den Endan­wen­dern ist unter anderem durch lange Bearbei­tungs­zei­ten für das Erlan­gen eines Ethik­vo­tums, nur begrenzt möglich.

In anderen Ländern wie zum Beispiel Kanada ist die inter­dis­zi­pli­näre Zusam­men­ar­beit im Team mit der Wissen­schaft und dem Gesund­heits­per­so­nal gang und gäbe und beginnt bereits bei der Bildung der Forschungs­frage.

Und wie entsteht nun ein Produkt?

Katrin erzählt, dass sich oft schon aus der Forschungs­frage ein sinnvol­les Gerät oder Hilfs­mit­tel ergibt. Dies wird dann als Proto­typ zu Beginn gefer­tigt und für die Forschung genutzt. Während der Anwen­dung im Rahmen einer Studie erhält man dann Feedback, dass ein solches Gerät auch in der Praxis bzw. im Alltag Sinn machen würde.

Oft werden daher anschlie­ßend Projekte zur Umset­zung des Proto­ty­pen in ein Produkt geför­dert, wie zum Beispiel von der EIT Health Organi­sa­tion, und danach weiter­ent­wi­ckelt.

Wie hängt die Forschung mit dem Entwick­lungs­pro­zess zusam­men?

Es gibt viele unter­schied­li­che Heran­ge­hens­wei­sen. Einige gehen nach einer abgeschlos­se­nen Studie in die eigene Entwick­lung und versu­chen, mit Förde­run­gen (zum Beispiel dem Exist-Forschungs­trans­fer Programm) ein Endpro­dukt auf den Markt zu bringen.

Andere suchen Koope­ra­ti­ons­part­ner oder gehen in die Indus­trie. Oft ist es schwie­rig, direkte Projekte von der Uni in die Entwick­lung zu trans­fe­rie­ren, da die Paten­tie­rung über ein Insti­tut läuft, das alle Rechte daran hat.

Zukunft der Robotik im Gesund­heits­we­sen

Katrin erklärt, dass Robotik schon vermehrt Anwen­dung in der Praxis findet. „Robotik“ beginnt schon bei physi­schen Gegen­stän­den, die durch Verar­bei­tung von Infor­ma­tio­nen von Sensor­da­ten und der adapti­ven Ansteue­rung von Aktua­to­ren über Fernsteue­rung oder automa­ti­siert mit der Umwelt inter­agie­ren.

Manche Biofeed­back-Systeme, zum Beispiel basie­rend auf EMG (Elektro­m­yo­gra­fie) Sensor-Daten zählen auch schon zu roboti­schen Syste­men, wenn diese zur Verbes­se­rung der Mensch-Roboter Inter­ak­tion integriert sind.” Katrin sieht ganz klar das Poten­zial der Robotik zur Perso­nal-Entlas­tung im Gesund­heits­we­sen.

Es gibt viele Ideen und Projekte, aber die Akzep­tanz im Anwen­dungs­be­reich sei manch­mal ein Problem. Robotik wird die Mensch-Mensch-Inter­ak­tion nie erset­zen, aber eine sinnvolle Entlas­tung sei durch­aus reali­sier­bar.

Fazit

„Es braucht Offen­heit für Explo­ra­tion, nicht nur in der Wissen­schaft, sondern auch in der Praxis“, sagt Katrin, damit man unter­schied­li­che Möglich­kei­ten hat und nicht einge­schränkt ist. Lehr- und Fortbil­dung müssen mehr unter­stützt werden, um den inter­dis­zi­pli­nä­ren und inter­na­tio­na­len Austausch zu fördern und die Verbin­dung von Forschung und Praxis zu schaf­fen.