Was versteht man unter einem Sturz?
Aus dem Expertenstandard der Sturzprophylaxe in der Pflege geht die Definition des Begriffs „Sturz“ hervor. Unter einem Sturz versteht man ein Ereignis, bei dem eine Person unbeabsichtigt auf dem Boden oder einer anderen unten gelegenen Ebene zum Liegen kommt. Hierzu zählt das simple Hinfallen oder Stolpern ebenso wie das Fallen aus dem Bett oder Rollstuhl .
Welche Folgen kann ein Sturz haben?
Bei älteren oder pflegebedürftigen Menschen ist ein Sturz besonders gefährlich. Harmlos sind leichte Verletzungen wie Prellungen oder Hautabschürfungen.
In schlimmeren Fällen können Stürze auch zu Knochenbrüchen oder weiteren Verletzungen führen, die einen operativen Eingriff fordern. Nicht selten führt die Bettlägerigkeit im Krankenhaus auch zu einem Dekubitus mit anschließender Sepsis, die sogar tödlich enden kann.
Bei älteren Menschen kann ein Sturz zudem ein psychisches Trauma auslösen. Die Angst vor dem Sturz führt dann dazu, dass die Patienten ihre Mobilität von sich aus einschränken.
Welche Patienten sind besonders sturzgefährdet?
Stürzen kann prinzipiell jeder. Als besonders sturzgefährdet gelten vor allem ältere Menschen, etwa ab 65 Jahren, aber auch Personen, die aufgrund von Vorerkrankungen in ihrer Koordination und Mobilität eingeschränkt sind. Die „Wahrscheinlichkeit“ eines Sturzereignisses wird mit dem Sturzrisiko definiert.
Die Höhe des Sturzrisikos ist ausschlaggebend für die zu treffenden Maßnahmen bei der Pflege und Versorgung von älteren oder kranken Menschen.
Hier aufgelistet ist eine Reihe von Krankheiten und Risikofaktoren, die das Sturzrisiko erhöhen:
- Muskelschwäche, zum Beispiel durch Immobilität oder Gewichtsverlust
- Sehschwäche
- Demenz
- Gangunsicherheit oder Gangstörung, beispielsweise durch Parkinson oder Schwindelanfälle
- Arthrosen oder Ödeme an den Beinen
- Alkoholismus
- Hypotonie
- Falsches Schuhwerk und ungewohnte Wohnumgebung
- Bluddrucksenkende, beruhigende oder andere Medikamente, sowie Antipsychotika
Was ist Sturzprophyaxe in der Pflege?
Das Ziel einer Sturzprophylaxe ist, wie der Name verrät, Stürze von älteren Menschen zu vermeiden. In der Pflege versteht man unter der Sturzprophylaxe therapeutische und pflegerische Maßnahmen, um Stürze zu umgehen, beziehungsweise die Folgen so minimal wie möglich zu halten.
Was macht man bei einer Sturzprophylaxe?
Zur Sturzprävention werden auch physische Hilfsmittel wie Bettgitter, Rollatoren oder Rollstühle verwendet. Darüber hinaus befinden sich in Pflegeheimen auch in der Dusche und auf der Toilette Griffe oder Fußmatten zur Vermeidung von Stürzen.
Ziel ist der Sturzprophylaxe ist es jedoch nicht, einen Heimbewohner aufgrund dessen hohen Sturzrisikos dauerhaft ans Bett oder den Rollator zu fesseln, sondern stattdessen die Mobilität und Bewegungsfähigkeit der Bewohner wieder aufzubauen und zu stärken, damit diese weniger sturzanfällig sind.
Dazu gehören:
- Übungen zur Förderung des Gleichgewichts, Bewegungstraining, Kraft- und Ausdauertraining unter Berücksichtigung von Krankheiten, die die Mobilität beeinträchtigen
- Anpassung oder Absetzen von Medikamenten, die das Sturzrisiko steigern (siehe oben)
- Anpassung des Schuhwerks, Training mit Gehhilfsmitteln, Beseitigung von Stolperfallen, Anbringung von Haltegriffen
In einem Urteil des OLG Düsseldorf vom 13. Juli 2010 (I 24 U 16/10) ist genau dieser Aspekt zum Streitthema geworden: Geklagt hatte die Krankenkasse einer pflegebedürftigen Person, die in einer statonären Einrichtung der Beklagten lebt. Der Bewohner (Pflegestufe II) war manisch depressiv und litt dazu an Hyperkinesien (Tics), sowie an einer Polyneuropathie der Beine mit Gangtaxie.
Zeitweilen wurden beim Bewohner Bettgitter, Beckengurt, Schutzdecke und Vorstecktisch im Rollstuhl zur Sturzprävention nach gerichtlicher Genehmigung eingesetzt. Im MDK-Gutachten ist jedoch ausdrücklich festgeschrieben, dass der Bewohner alleine aufstehen, stehen und treppensteigen keine Unterstützung bräuchte. Lediglich beim Gehen bräuchte er eine Aufsicht zur Unterstützung.
Die Krankenkasse beklagt, dass der Patient bei einem Aufenthalt im Tagesraum, nicht an den Stuhl fixiert worden sei. Der Patient war an selbigem Tag plötzlich aufgestanden und gestürzt, wodurch er sich eine Oberschenkelhalsfraktur zuzog. Gegen die zu übernehmenden Kosten wehrte sich die Kasse vor Gericht.
Die Klage wurde zurecht abgewiesen. Zwar obliegt der Pflegeeinrichtungen bei konkreten Gefahrensituationen die Pflicht, unter besonderer Rücksichtnahme potenzielle Gefahren für die Bewohner zu verhindern, eine solche konkrete Gefahrensituation liegt in diesem Fall jedoch nicht vor.
Im Gegenteil: Aus dem MDK-Gutachten ging hervor, dass sich der Patient von selbst von Stühlen erheben kann. Das heißt, die Situation ist lediglich als „allgemeintägliche Gefahrensituation“ einzustufen.
Des Weiteren wäre eine Fixierung des Pflegebedürftigen gleichbedeutend mit einer Verletzung von dessen Freiheitsrechten gewesen. Zumindest eine gegenteilige Behauptung liegt in diesem Fall nicht vor. Dem Pflegeheim obliegt daher keine Verletzung ihrer vertraglichen Pflicht zum Schutze des Bewohners.
Eine dauerhafte Fixierung eines Bewohners ist nur mit gerichtlicher Genehmigung und einer akuten Sturzgefahr erlaubt.
Wie lässt sich das Stürzen daheim vorbeugen?
Bei zu pflegenden Personen in der Heimpflege können folgende Kniffe hilfreich sein, um die Sturzgefahr des Patienten zu senken:
- Treppengeländer an beiden Seiten
- Rutschfeste Böden, zum Beispiel Teppiche
- Gute Beleuchtung, gerade auf Treppen und Stufen
- Keine unnötigen Stolperfallen auf den Boden stellen
- Wichtige Dinge für den Angehörigen, wie Telefon, Getränke oder ähnliches auf eine Ebene (am besten Erdgeschoss) räumen
- Passendes Schuhwerk
- Mobilität und Gleichgewicht trainieren