Die Versorgung chronischer und schwer heilender Wunden soll nach dem Willen des Gesetzgebers in spezialisierten Einrichtungen außerhalb der Häuslichkeit erfolgen, wenn diese aufgrund der Komplexität der Wundversorgung oder den Gegebenheiten in der Häuslichkeit voraussichtlich nicht möglich ist.
Diese Optimierung des Versorgungsniveaus für chronische Wundpatienten steht mittlerweile auf der Grundlage von § 37 Absatz 7 SGB V seit dem 1. September2019 fest.
Als Korrelat zu § 37 SGB V, der den Sachleistungsanspruch der Versicherten festlegt, regelt § 132a SGB V die leistungserbringerrechtliche Seite der Sachleistung.
Neue Rahmenempfehlungen bekannt gegeben
Hiernach haben der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Spitzenorganisationen für die Wahrnehmung der Interessen von pflegerischen Leistungserbringern auf Bundesebene[1] gemeinsame Rahmenempfehlungen über die von der Krankenkasse geschuldete Organisation der geschuldeten Sachleistung zu erbringen.
Dieser Verpflichtung sind die Vertragspartner unter dem 14.10.2020 nachgekommen und haben die Rahmenempfehlungen für die Anforderungen an besondere Versorgungsformen bekannt gegeben.
Mit dem Blick auf die organisatorischen Voraussetzungen zur Leistungserbringung in der Wundversorgung, sowie über die Details der Regelungen zum Abrechnungsverfahren bieten die Rahmenbedingungen bislang jedoch keinen Aufschluss.
Wie sind Leistungserbringer und Krankenkassen von den Rahmenempfehlungen betroffen?
Nach der Gesetzessystematik können einzelne Leistungserbringer ohnehin keine subjektiven Rechte aus den Rahmenempfehlungen ableiten; die Rahmenempfehlungen dienen letztlich nur dem Zweck, die Einzelheiten der pflegerischen Versorgung vorzustrukturieren.[2]
Soweit es daher um die Ausgestaltung im Hinblick auf die Versorgung nach § 37 Absatz 7 SGB V geht, bleibt nunmehr abzuwarten, ob die Krankenkassen auf einer von der Rahmenempfehlung getrennten Ebene mit den Leistungserbringern (Versorgungs-)Verträge über die Einzelheiten der Leistungserbringung schließen werden, bzw. die Rahmenempfehlung entsprechend nachbessern.
Ob die Regelungen nun hier oder dort erfolgen werden: Sie sind überfällig und dringend geboten.
Personal: Zusatzqualifikation und Vergütung
Nach bisherigen Presseverlautbarungen wird dem Personal neben der grundpflegerischen Ausbildung eine zusätzliche spezifische Zusatzqualifikation zur Versorgung von chronischen Wunden im Umfang von mindestens 148 Theorie-Stunden je 45 Minuten und 40 Zeitstunden in der Praxis abverlangt.
Bezüglich der Vergütung sollen sich die Verhandlungen zwischen den grundsätzlichen Möglichkeiten der Bemessung nach „Fallmanagement“, „Kontakt“ „Zeiteinheit“ oder „Wundgröße“ bewegen. Sehr wünschenswert ist hier eine alsbaldige Festlegung, die den Leistungserbringern eine komfortable Position bietet.
Wird hingegen ein Ergebnis „auf Kante“ erzielt, steht zu befürchten, dass einmal mehr eine gebotene strukturelle Weiterentwicklung des Leistungsspektrums der Gesundheitsökonomie geopfert wird.
Klar ist auf jeden Fall: Nur wenn die Fragen zur Zusatzqualifikation des Personals, den Abrechnungsbestimmungen nebst Zahlungsfristen, Wegezeiten, Modalitäten des Leistungsnachweises, Verzugsregelungen, etc. im Detail zuverlässig festgelegt sind, kann sich der neue Versorgungskorridor entwickeln.
Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Januar/Februar 2021 der Rechtsdepesche.
Quellen:
- Arbeitsgemeinschaft Privater Heime und Ambulanter Dienste Bundesverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Arbeitgeber-und BerufsVerband Privater Pflege, Bundesarbeitsgemeinschaft Hauskrankenpflege, Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen, Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege, Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe, Deutscher Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Gesamtverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung, Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.
- Becker U, Kingreen T: SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, § 132a, Rn. 4.