Die Rufe nach mehr digitalen Tools zur Unterstützung und Entlastung der Pflegekräfte und zur Vereinfachung von Arbeitsprozessen hallen schon eine ganze Weile durch die Pflegelandschaft.
Immer wieder Thema im Digitalisierungsprozess ist der Einsatz von Pflegerobotern. Häufig sind die elektronischen Helfer Teil von Pilotstudien oder wissenschaftlichen Projekten und „dürfen“ die Pflegekräfte bei ihrer Arbeit unterstützen. In der richtigen Berufspraxis finden sie derweil nur relativ selten Einzug.
Im Folgenden stellen wir ein paar dieser Roboter vor und verraten, was sie bereits können und wo möglicherweise Risiken liegen.
Die Digitalisierung in der Pflege steht auch zur Bundestagswahl 2021 bei einigen Parteien auf der Agenda. Im untenstehenden Beitrag erfahren Sie, welche Ideen die Parteien für eine digitale Pflege haben.
„Paro“, „Lio“ und „Pepper“: Pflegeroboter im Check
„Paro“ ist kleine, weiße, flauschige Roboter-Robbe, die bereits häufig in japanischen Altenheimen eingesetzt wird. Sie kann mit den Augen klimpern und schnurrt, wenn man sie streichelt.
Die positive Wirkung von Tieren auf ältere und demente Menschen ist bereits erforscht und erwiesen – und genau hier setzt Paro an. In ein paar deutschen Pflegeheimen ist sie ebenfalls schon im Einsatz, und verhilft dementen Menschen durch den Alltag, lindert Schmerzen und bewahrt die Menschen vor Angstzuständen.
Viel mehr kann die Pflege-Robbe allerdings nicht und ist daher auch keine Lösung für den Personalmangel. Sie ist als „maschinelles Lebewesen“ allerdings äußerst pflegeleicht und immer zutraulich.
„Lio“ ist ein von der Ostertag Detewe und F&P Robotics entwickelter Pflegeroboter, der schon eher das Ziel verfolgt, das überlastete Personal zu unterstützen. Lio ist mit einem Hochleistungsrechner und WLAN ausgestattet und kann einfache Tätigkeiten übernehmen. Dazu gehören:
- Verteilen von Getränkeflaschen in den Zimmern der Bewohner
- Einsammeln und abliefern von benutztem Geschirr
- Boten- oder Kontrollgänge
- Desinfektion von Türgriffen per UV-Licht
- Erkennen von atypischen Situationen
Gerade der letzte Punkt ist von hoher Relevanz. Lio erkennt beispielsweise auch gestürzte Patienten und kann sofort jemanden zur Hilfe herbeirufen. Bis Lio jedoch regelmäßig als Assistenzkraft in den deutschen Gesundheitseinrichtungen eingesetzt wird, dürfte noch etwas Zeit verstreichen.
Ebenfalls noch ein Pilotprojekt, aber durchaus mit viel Potenzial ausgestattet, ist „Pepper“. Sie ist etwas größer als ein Meter, besitzt ein komplett weißes Gehäuse und ein Gesicht, das dem eines Menschen ähneln soll.
Pepper wurde in den letzten zwei Jahren in einer Tagespflege-Einrichtung im bayerischen Erlenbach eingesetzt – und das äußerst positiv. Sie ist beispielsweise in der Lage, sich mit Patienten zu unterhalten, kann Geschichte oder Witze erzählen – und dies sogar auf türkisch.
Zudem kann sie Gymnastikübungen der Senioren leiten und mit ihren Armen die Übungen vormachen. Auch auf Kinderstationen wurde Pepper bereits eingesetzt, tanzte oder sang dort und sorgte bei den Kindern für viel Freude.
Pepper ist Teil eines Roboter-Projekts der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Einsatz in Erlenbach wurde zum Großteil vom Bayerischen Gesundheitsministerium finanziert.
Mittlerweile fungiert neben Pepper mit „Jaime“ dort noch ein zweiter Pflege-Roboter zur Entlastung der Pflegekräfte. Jaime misst Körpertemperaturen, kontrolliert die Vitalfunktionen der Senioren, führt Anwesenheitslisten und kommuniziert Auffälligkeiten an das Personal.
Wie können Pflegeroboter derzeit helfen?
Pflegeroboter – wie auch die oben genannten – lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Erstens die humanoiden, menschlich oder tierisch anmutenden Roboter wie Paro, die für die soziale Interkation mit den Patienten zur Verfügung stehen und den zwischenmenschliche Kontakt simulieren.
Daneben stehen die Service-Roboter, die je nach Typ leichte oder schwerere pflegrische Aufgaben übernehmen können. Lio und Pepper können bereits leichtere Aufgaben übernehmen, die körperliche Pflege und Versorgung einer menschlcihen Pflegekraft aber (noch) nicht erbringen.
Die Vorteile des Einsatzes von Pflegerobotern liegen auf der Hand. Pflegekräfte müssen sich nicht mehr mit einer Vielzahl von Nebentätigkeiten auseinandersetzen und haben mehr Zeit für die Pflege der Menschen. Die Belastung wird dadurch weniger und die Lebensqualität der Bewohner kann verbessert werden.
Mithilfe der Pflegeroboter können soziale Kompetenzen, körperliche und kognitive Fähigkeiten gestärkt werden. Sie agieren auch als Mittler zwischen den Patienten und den Pflegekräften und erleichtern damit den pflegerischen Workflow.
Ethische Bedenken und Voraussetzungen
Gleichzeitig gibt es Stimmen, die Bedenken am Einsatz der Pflegroboter äußern. Die Fähigkeiten der Roboter reichen zum Teil noch nicht an die Bedürfnisse der zu Pflegenden heran.
Künstliche Intelligenz ist zudem noch ein ganzes Stück weit davon entfernt, ein Bewusstsein mit echten Gefühlen zu entwickeln. Das Verhältnis zwischen Pflegekraft und der pflegebedürftigen Person können nicht durch eine Maschine ersetzt werden. Sowohl humanoide als auch die Service-Roboter sind daher mittelfristig „nur“ als Assistenzsysteme denkbar.
Der Deutsche Ethikrat spricht sich derweil für den Einsatz von Robotern und KI in der Pflege aus. Allerdings verknüpft mit einigen Bedingungen:
- Die Roboter dürften nicht als Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen eingesetzt werden. Emotionale Bedürfnisse müssen weiterhin auch zwischen Menschen erfolgen.
- Des Weiteren muss der persönliche Wille der Patienten im Vordergrund stehen. Diese müssen der Roboterpflege zustimmen können und zudem die Möglichkeit haben, diese abzulehnen.
- Die Roboter sollen außerdem nicht dazu eingesetzt werden, um die Personalengpässe zu schließen. Der Einsatz von Robotern dürfe nicht den Abbau von Personal oder die Reduzierung der Pflegegehälter nach sich ziehen.
Fazit
Für einen problemlosen Einsatz der Pflegeroboter muss zunächst für die notwenige technische Grundausstattung in allen deutschen Gesundheitseinrichtungen gesorgt werden. Ist dies der Fall, weisen die Roboter aus den Pilotstudien durchaus das Potenzial auf, den Alltag der Pflegekräfte etwas zu erleichtern und im Alltag der Patienten unterstützend zur Seite zu stehen.
Der Digitalisierungsprozess in der Pflege beinhaltet neben dem Einsatz von Pflegerobotern auch andere Ansätze. Allerdings sind diese zumeist nicht voneinander zu trennen, sondern sind eng miteinander verzahnt.
Pflegeroboter werden mittelfristig wohl noch nicht in der Lage sein, die Leistungen, die unmittelbar mit und am Patienten erfolgen zu übernehmen. Dass Roboter die menschlichen Pflegekräfte bald ersetzen werden, scheint daher erstmal unrealistisch.
Letztendlich gilt es, einen guten Mittelweg zu finden und die pflegerische Arbeit zwischen Mensch und Maschine geeignet aufzuteilen, um sowohl für das Personal als auch die Patientenbedürfnisse bessere Bedingungen zu erschaffen.