Warum ist eigentlich eine Desinfektion in einer Haushaltswaschmaschine nicht möglich?
Der Tensidchemiker Herbert Sinner (1900 – 1988) hat im sogenannten Sinnerschen Kreis den Einfluss der vier Faktoren aufgezeigt, die den Erfolg eines Wasch- und Reinigungsprozesses entscheidend beeinflussen (siehe Abbildung). Chemie, Mechanik, Temperatur und Zeit sind voneinander abhängig und Teil eines jeden Waschprogramms.
Temperaturen viel niedriger als angegeben
Wahrscheinlich weiß jeder von seiner Spülmaschine, dass Energiesparprogramme eine wesentlich längere Laufzeit haben als Programme mit höheren Temperaturen. Der Faktor Temperatur wird zugunsten der Zeit verringert. Genauso bei einer Waschmaschine: Im Jahr 2013 fand die Stiftung Warentest heraus, dass in vielen Haushaltswaschmaschinen die eingestellten 60 °C nicht erreicht werden, stattdessen teilweise sogar weniger als 40 °C. Damit die Wäsche aber sauber wird, laufen die Programme dann bis zu drei Stunden. Das Ziel der Waschmaschinenhersteller: Sie wollen das Energielabel A+++ erhalten. Das ist legitim, da der Gesetzgeber für die sogenannten Ökoprogramme nur vorschreibt, dass eine bestimmte Waschwirkung erzielt werden muss – dies wird in diesem Fall durch Erhöhung des Faktors Zeit erreicht.
„Der Unterschied zwischen „sauber“, „hygienisch sauber“ und „desinfiziert“ wird oft übersehen“ warnte der deutsche Mikrobiologie Prof. Dr. Lutz Vossebein[1] von der Hochschule Niederrhein vor kurzem in einem offenen Brief an den Europäischen Dachverband für Textilserviceleistungen.
Prof. Vossebein wies darauf hin, dass sich viele Verbraucher nicht bewusst sind, wie sie ihre Kleidung am sichersten waschen.
Nur hohe Waschtemperaturen töten Keime ab
Eine sichere Desinfektion, also das Abtöten sämtlicher Krankheitserreger in der Wäsche, erreicht nur eine thermische oder eine chemothermische Desinfektion. Bei der thermischen Desinfektion muss die Wäsche entweder für mindestens 15 Minuten bei 85 °C oder für mindestens 10 Minuten bei 90 °C behandelt werden. Für chemothermische Verfahren werden vom Robert Koch-Institut (RKI) oder vom Verband für angewandte Hygiene (VAH) die Parameter des Waschverfahrens genau festgelegt. So wird bestimmt, bei welcher Temperatur wie lange, mit welchem Flottenverhältnis (Verhältnis von Wasser zu Wäsche in der Maschine) und der genauen Dosiermenge der Waschmittel pro Liter Wasser in der Maschine die Wäsche gewaschen werden muss, um eine Desinfektion zu gewährleisten. Zu keiner Zeit darf die für das Verfahren geforderte Temperatur unterschritten werden. Professionelle Textildienstleister nutzen validierte Aufbereitungsprozesse sowie zertifizierte Hygienequalitäts- und Kontrollsysteme, um die sichere Textildesinfektion zu gewährleisten.
Diese Parameter kann eine handelsübliche Haushaltswaschmaschine nicht einhalten. Damit kann sie auch Krankheitserreger nicht vollständig abtöten. Deshalb sollte dringend das Waschen der Arbeitskleidung in der heimischen Waschmaschine vermieden werden, um eine Übertragung von Krankheitserregern auf Familie und Patienten zu vermeiden.
[1] Prof. Dr. rer. nat. Lutz Vossebein ist Dekan und Leiter der Öffentlichen Prüfstelle Textiltechnologie, Textile Prüfungen und Qualitätsmanagement an der Hochschule Niederrhein, Universität für Angewandte Wissenschaften, Mönchengladbach.