Noch immer sind viele Menschen in Deutschland nicht gegen das Coronavirus geimpft – ein möglicher Impfschaden lässt einige zögern. Auch der neue Impfstoff Novavax (ein sogenannter Totimpfstoff), der als Hoffnungsträger für die festgefahrene Impfkampagne der Regierung galt, konnte die Impfquote in Deutschland nicht wie gewünscht anheben.
Laut einer repräsentativen Cosmo-Umfrage nennen die meisten Ungeimpften Sicherheitsbedenken als Hauptgrund gegen die Impfung. Auch die Angst vor „Spätfolgen“ lässt viele zögern, sich doch impfen zu lassen. Spätfolgen, die erst viele Monate oder Jahre nach einer Impfung auftreten, sind allerdings nicht bekannt.
Carsten Watzl, Generalsektretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sagte dazu: „Viele Menschen verstehen darunter Nebenwirkungen, die erst viele Monate oder Jahre nach einer Impfung auftreten (…). Aber das ist falsch!“
Langzeitfolgen bei Impfungen sind demnach seltene Nebenwirkungen, die innerhalb weniger Wochen nach der Impfung auftreten. Eine Impfung ruft eine Immunreaktion hervor, die nach wenigen Wochen abgeschlossen ist und der Impfstoff aus dem Körper verschwunden. „Daher passieren Nebenwirkungen immer recht kurz nach der Impfung“, so Watzl weiter.
Nebenwirkungen treten meist nach wenigen Tagen auf
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Deutschland sammelt seit Jahrzehnten Verdachtsmeldungen zu Nebenwirkungen sämtlicher Impfungen – so auch zur Corona-Schutzimpfung. Das PEI teilt in diesem Zusammenhang mit: „Die Erfahrungen mit vielen Impfstoffen über viele Jahre haben gezeigt, dass die meisten Nebenwirkungen kurze Zeit nach der Impfung auftreten“.
Die meisten Komplikationen und Nebenwirkungen treten somit wenige Tage nach der Impfung auf, in Einzelfällen auch nach wenigen Monaten. Doch auch das PEI sagt ganz klar, dass Langzeitfolgen von Impfstoffen, die erst Jahre nach der Impfung eintreten, nicht bekannt sind und somit auch nicht befürchtet werden müssen.
Trotzdem kann es natürlich zu Nebenwirkungen kommen, die zwar nicht erst viele Monate nach der Impfung auftreten, aber dafür für viele Monate bis Jahre anhalten – auch bei der Impfung gegen COVID-19. Hier kann zwischen Impfreaktion, Impfkomplikation und Impfschaden unterschieden werden.
Im Falle eines Impfschadens haben Betroffene sogar Anspruch auf finanzielle Entschädigungen, entsprechend ist es wichtig, genau über die definitorischen Unterschiede Bescheid zu Wissen. Das Robert Koch-Institut unterscheidet hierbei zwischen Impfreaktionen, Impfkomplikationen und Impfschäden.
Impfreaktion
Wie bereits angemerkt lösen Schutzimpfungen Immunreaktionen im Körper aus. Diese sind auch gewünscht, denn der Impfstoff zeigt dem Immunsystem, wie es das Coronavirus bekämpfen kann. Als Impfreaktionen treten deshalb des öfteren Schmerzen, Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle auf. Aber auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Unwohlsein, Müdigkeit und Kopf- oder Muskelschmerzen können auftreten. Diese Beschwerden klingen in der Regel nach wenigen Tagen ab und sind lediglich ein Zeichen dafür, dass der Körper auf die Impfung reagiert und das Immunsystem Antikörper gegen das Virus bildet. In diesem Zusammenhang spricht man von unerwünschten Arzneimittelwirkungen.
Impfkomplikation
Bei einer Impfkomplikation handelt es sich hingegen um eine schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkung. Sie gehen über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinaus und sind schwere Nebenwirkungen, die den Gesundheitszustand der betroffenen Person deutlich belasten. Sie sind deshalb meldepflichtig und müssen dokumentiert werden.
In § 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist dies geregelt: Allein der Verdacht einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung ist namentlich meldepflichtig. Dies geschieht meist über die Ärzte und Ärztinnen direkt an die Gesundheitsämter.
Diese sind nach § 11 Absatz 4 IfSG dazu verpflichtet, die ihnen gemeldeten Verdachtsfälle der zuständigen Landesbehörde und dem PEI zu melden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit sich direkt an die Impfstoffhersteller oder das PEI zu wenden.
In den Aufklärungsmerkblättern des RKI zu den Schutzimpfungen gegen COVID-19 ist aufgeführt, welche Impfkomplikationen auftreten können. Bei mRNA-Impfstoffen wurden folgende Impfkomplikationen dokumentiert: Gesichtslähmungen, anaphylaktische Reaktionen (allergische Sofortreaktionen), Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und Perikarditis (Herzbeutelentzündung).
Bei Vektor-Impfstoffen wurden folgende Impfkomplikationen dokumentiert:
- Überempfindlichkeit und Nesselsucht,
- anaphylaktische Reaktionen,
- Sinusvenenthrombosen (in Zusammenhang mit Thrombozytopenie),
- venöse Thromboembolien,
- Kapillarlecksyndrom,
- Guillain-Barré-Syndrom und
- Entzündungen des Rückenmarks.
Bei proteinbasierten Impfstoffen liegen noch keine ausreichenden Daten vor, um seltene und sehr seltene unerwünschte Wirkungen erkennen zu können.
Das PEI hat in einem Sicherheitsbericht sämtliche ihm gemeldeten Verdachtsfälle über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen im Zusammenhang mit einer Corona-Schutzimpfung zusammengetragen. In seinem Sicherheitsbericht merkt das PEI an, dass nach derzeitigem Kenntnisstand schwerwiegende Nebenwirkungen sehr selten seien und nichts an dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis der Corona-Impstoffen ändern.
Impfschaden
Bei Impfschäden kommt die zeitliche Komponente ins Spiel. Sehr selten können Impfkomplikationen so schwerwiegend sein, dass längerfristige gesundheitliche oder wirtschaftliche Folgen für Betroffene auftreten können.
Nach § 2 IfSG versteht man unter einem Impfschaden „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.“
Ob ein Impfschaden vorliegt, können sich Betroffene durch einen Antrag anerkennen lassen. Dies ist Aufgabe des Versorgungsamtes im jeweiligen Bundesland. Sollte das Versorgungsamt eine ablehnende Entscheidung fällen, können Betroffene den Rechtsweg über die Sozialgerichte wählen.
Wer einen anerkannten Impfschaden durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung davonträgt, dem steht nach § 60 IfSG eine Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz zu. Damit ein Impfschaden anerkannt werden kann, müssen die gesundheitlichen Schädigungen länger als sechs Monate vorliegen. Liegen Folgen eines Impfschadens nicht länger als sechs Monate vor und heilen diese auch noch folgenlos ab, haben die Betroffnen keinen Anspruch auf eine Entschädigungsleistung.
Quelle: RKI, PEI