Einen furiosen Auftakt lieferte Prof. Dr. Burkhard Madeas Vorstellung einer BMGS-Studie über die Häufigkeit und Entwicklung „unerwünschter Ereignisse“ in Krankenhäusern, infolge derer es bei schätzungsweise 16,5 Mio. Krankenhausaufenthalten jährlich zu 30.000 bis 80.000 Todesfällen kommt. Keinesfalls seien diese automatisch mit Behandlungsfehlern gleichzusetzen. Zusammenfassend appellierte Madea an die Ärzte, die Instrumente der Fehleranalyse zur Vorbeugung verstärkt zu nutzen.
Prof. Dr. Bernd Mühlbauer, Institut für Pharmakologie des Klinikums Bremen-Mitte, skizzierte anschließend Strategieansätze zur Vermeidung von Behandlungsfehlern in der Arzneimitteltherapie. Ein zentrales Augenmerk bei der Fehlerprophylaxe müsse sich auf die Aufklärung aller Beteiligten richten.
Behandlungsfehlern in der Psychotherapie widmete sich Peter Schabram, Fachanwalt für Medizinrecht aus Freiburg. Er warf einen Blick auf Verstöße gegen das Abstinenzgebot, das der Freud’schen Theorie folgend die Wahrnehmung und Ausgrenzung eigener Wünsche, Impulse, Interessen und Begehrlichkeitendes Therapeuten aus der Beziehung zum Patienten fordert. Schabram machte deutlich, dass es dabei nicht nur um strafbare sexuelle Handlungen, sondern auch um den Missbrauch der Vertrauensbeziehung durch den Therapeuten gehe.
Prof. Dr. Christian Katzenmeier, Leiter des Instituts für Medizinrecht an der Universität Köln, gab einen Überblick über die außergerichtliche Streitbeilegung in Arzthaftungssachen. Er stellte verschiedene Verfahren, deren Vorteile und ihre statistische Auswertung vor. Deutlich wurde, dass die außergerichtliche Befriedungsquote der Gutachterkommissionen extrem hoch ist. Neben der Streitbeilegung über Schlichtungsstellen, Gutachterkommissionen oder gar in direkten Verhandlungen der Parteien miteinander – oftmals gestützt auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) – stellte Katzenmeier abschließend die Bedeutung der Mediation im Arzt-Patienten-Verhältnis heraus.
Die Rolle des MDK bei der Beratung und Prüfung von ärztlichen Behandlungs- und Pflegefehlern vertiefte Dr. Dimitrios Psathakis (MDK Nord). Hierbei stellte er fest, dass die Prüfung auf Ersatzansprüche im Bereich medizinisch-ärztlicher Behandlungsfehler und Pflegefehler beim MDK zunehme. Dies sei vor allem auf die bessere Aufklärung und einen damit gestiegenen höheren Anspruch der Patienten zurückzuführen. Allerdings machte Psathakis auch deutlich, dass sich Behandlungsfehlervorwürfe in 55 bis 70 % der Fälle nicht bestätigten.
Lebhafte Diskussionen um klinische Haftungsrisiken begleiteten die letzten beiden Vorträge des Tages: Sabine Marschall, Justitiarin des Klinikums Darmstadt, schilderte Gründe für und Erfahrungen nach der Kündigung der Haftpflichtversicherung des Klinikums; Patrick Weidinger (DBV-Winterthur) berichtete vom Umgang mit Long-Tail-Risiken. Fragen zu Rückstellungen für Schäden, die unter Umständen erst nach Jahren erkannt und gemeldet werden, sorgten für einen temperamentvollen Ausklang.
Der zweite Tagungstag widmete sich dem Vertragsrecht: Rechtsanwalt Prof. Dr. Hermann Plagemann aus Frankfurt/Main erläuterte Problembereiche vertraglicher Gestaltung vor dem Hintergrund des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes. Danach beschrieb Dr. Andreas Meschke, Rechtsanwalt aus Düsseldorf, neue Möglichlichkeiten der Vertragsgestaltung nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz am Beispiel ärztlicher Kooperationen.
Oberstaatsanwalt Jürgen Mahnkopf und Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Krafczyk aus Hannover bewerteten diese neuen Gestaltungsformen auf Basis des VÄndG aus dem Blickwinkel des Strafrechts. Auch wenn die Problematik der sog. Nullbeteiligungsgesellschaften durch die neuen Anstellungsmöglichkeiten des VÄndG weitgehend eine Legalisierung erfahren haben dürfte, bestehe die Gefahr neuer Missbräuche durch Ausnutzung von Regelungslücken.
Den Schlusspunkt setzten der Hamburger Rechtsanwalt Sebastian Vorberg und Walter Plassmann, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, mit einem Blick auf das Franchising für Ärzte. Beide kamen zu dem nüchternen Ergebnis, dass Franchising aus juristischer Sicht dem niedergelassenen Arzt keinen nennenswerten Vorteil gegenüber anderen Kooperationsformen bietet – und gerade die etablierten Kooperationsformen wie Praxisketten, Ärztenetze, Betreiber und Managementgesellschaften gegenwärtig einen nicht unerheblichen Zulauf erfahren.