Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen ist durch das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) festgelegt. Demnach haben alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf Mindesturlaub, die angestellt sind oder eine Berufsausbildung absolvieren. Dazu gehören auch alle, die in Teilzeit, zur Aushilfe, in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit beschäftigt sind.
Wann ist Urlaub rechtlich wirksam?
Im Arbeitsrecht wird von „Erholungsurlaub“ gesprochen, was das Ziel des Gesetzes erkennen lässt. In diesem Zusammenhang müssen für einen rechtswirksamen Urlaub einige Dinge erfüllt werden:
- Der Urlaub soll der Erholung dienen
- Der Urlaub ist eine zeitweise Freistellung der Arbeitspflichten
- Das Gehalt wird weiter gezahlt
- Die Erholung muss selbst bestimmt gewählt werden
Der Arbeitnehmer kann also selbst entscheiden, was für ihn Erholung ist. Der in § 1 BUrlG formulierte Urlaubsanspruch beinhaltet demnach einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Für den Zeitraum des Urlaubs sind Beschäftigte also von jeglichen Arbeitspflichten befreit. Das bedeutet auch, dass sie im Urlaub nicht dazu verpflichtet sind, erreichbar zu sein.
Dazu müssen Beschäftigte zunächst ein Leistungsverlangen an den Arbeitgeber überreichen, in dem erklärt wird, dass sie gerne Urlaub nehmen würden. Wichtig an dieser Stelle: Damit der Urlaub im Sinne einer Erholung genutzt werden kann, müssen mindestens zwei Wochen zusammenhängender Urlaub gewährt werden.
Müssen Urlaubswünsche erfüllt werden?
In einer Erklärung muss der Arbeitgeber dem Leistungsverlangen zustimmen und den Arbeitnehmer von seinen Arbeitspflichten für einen bestimmten Zeitraum freistellen. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang somit Schuldner, der eine Pflicht zu erfüllen hat. Nach § 7 Absatz 1 BUrlG hat er sich hierbei grundsätzlich nach den Wünschen seiner Beschäftigten zu richten, was bedeutet, dass diese ihm ihre Urlaubswünsche im Vorfeld zukommen lassen müssen.
Wie dieser Prozess abläuft, kann innerbetrieblich unterschiedlich organisiert sein. Es ist denkbar, dass sich alle Mitarbeitenden in eine Liste eintragen müssen. Auch ist es möglich, dass die Beschäftigten ihre Urlaubszeiten untereinander ausmachen und ihre Wünsche dann gesammelt dem Arbeitgeber überbringen. Sollten sich die Arbeitnehmer nicht einig werden, dann kommt wieder der Arbeitgeber ins Spiel und trifft eine Entscheidung nach eigener Abwägung.
Der Arbeitgeber hat hierbei drei Punkte zu berücksichtigen:
- Die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers
- Dringende betriebliche Belange
- Die Wünsche anderer Arbeitnehmer
Das bedeutet: Nur weil es Urlaubswünsche des Arbeitnehmers gibt, heißt das nicht, dass jeder Wunsch auch erfüllt werden muss. So kann der Arbeitgeber auch von seinem Leistungsverweigerungsrecht gebrauch machen und den gewünschten Urlaub ablehnen. Dagegen kann der Arbeitnehmer klagen oder eine einstweilige Verfügung erwirken. Beschäftigte können sich in einem solchen Fall aber nicht selbst beurlauben, weil das eine Vertragsverletzung darstellen würde und in einer Kündigung enden könnte.
Kann der Arbeitgeber Urlaub selbst festlegen?
Einfach so kann ein Arbeitgeber einen Urlaubswunsch aber nicht verweigern. Das kommt erst in Betracht, wenn die drei oben genannten Punkte wirklich sorgfältig abgewogen wurden und es dennoch zu keiner Übereinstimmung gekommen ist.
Dringende betriebliche Belange zielen darauf ab, dass der Betrieb gesichert weiter laufen kann. Was dazu zählt ist allerdings nicht genau definiert und vor Gericht streitbar. Zumindest ist damit nicht gemeint, dass es nicht auch zu Störungen im Betriebsablauf kommen könnte. Sowas kommt regelmäßig vor, wenn ein Arbeitnehmer – aus welchen Gründen auch immer – fehlt. Der Arbeitgeber muss hierauf mit entsprechender Planung reagieren.
Allerdings ist auch nicht erst dann von dringenden betrieblichen Belangen die Rede, wenn dem Arbeitgeber ein handfester Schaden durch das Fehlen eines Arbeitnehmers entstehen würde. Was also zu den dringenden betrieblichen Belangen zählt, bewegt sich innerhalb dieses Spannungsfeldes aus betrieblicher Störung und wirtschaftlichem Schaden.
Die Wünsche anderer Arbeitnehmer können auch dazu führen, dass ein Urlaubswunsch verneint wird. Folgende Punkte können hierbei Einfluss darauf haben, inwiefern ein Urlaubswunsch vor anderen priorisiert werden könnte:
- Alter
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Alter und Zahl der Kinder unter Berücksichtigung ihrer Schulpflicht
- Gesundheitszustand
- Urlaub anderer Familienangehöriger
- bestehendes Erholungsbedürfnis in einer bestimmten Jahreszeit und den Urlaubsregelungen in den vergangenen Jahren
Kann der Urlaubsanspruch verfallen?
Bis wann Mitarbeitende ihre Urlaubswünsche vorgetragen haben müssen, ist gesetzlich nicht festgelegt. Zumindest müssen sie so rechtzeitig sein, dass der Arbeitgeber ausreichend Zeit für die Planung hat. Doch was passiert, wenn keine Urlaubswünsche von den Beschäftigten geäußert werden? In solch einem Fall kann der Arbeitgeber selbst einen Zeiraum für den Urlaub festlegen – wirksam ist das nur, wenn der Arbeitnehmer dem auch zustimmt.
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers Urlaube dann selbst festzulegen gibt es aber nicht. Nach früherer Rechtsprechung musste der Arbeitnehmer – wollte er verhindern, dass sein Urlaubsanspruch zum Jahresende oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums erlischt – selbst aktiv werden und Urlaub beantragen.
Mit Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (Az.: C‑684/16) und des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 AZR 541/15) hat sich das geändert. Demnach muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten zuvor ermöglichen Urlaub zu nehmen, sofern diese nicht sowieso schon von sich aus tätig geworden sind.
Das bedeutet der Arbeitgeber muss ausdrücklich auf noch offene Urlaubstage hinweisen und den Arbeitnehmer auffordern Urlaub zu nehmen. Zusätzlich muss der Arbeitgeber auf Verfallsfristen des Urlaubanspruchs hinweisen.
Sollte dies nicht geschehen, dann erlischt auch nicht der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub am Ende des Kalenderjahres oder nach einem zulässigen Übertragungszeitraum.
Der Arbeitgeber hat somit eine Mitwirkungsobliegenheit bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Kommt er dem nicht nach wird der Urlaub in das Folgejahr übertragen und zählt dann zum gewöhnlicher Urlaubsanspruch. Sollte der Arbeitgeber in diesem Jahr wieder nicht korrekt über den Bestand des Urlaubs informieren, kann der Urlaub auf das darauffolgende Jahr übertragen werden – undsoweiter.
Verjährung von Urlaub
Mit dieser neuen Rechtsprechung war es nun möglich, dass sich Urlaubsansprüche über mehrere Jahre hinweg ansammeln können. In Deutschland galt dies bis zur Verjährung des Urlaubanspruchs (§§ 194, 195 BGB) nach drei Jahren.
Der Europäische Gerichtshof hat die Frage nach Verjährung durch ein Urteil vom 22. September 2022 beantwortet. Demnach können Urlaubsansprüche nach nationalen Regelungen nicht mehr verjähren, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzt hat den Urlaub zu beanspruchen. Auch hier ist also die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers entscheidend.
Mit Entscheidung vom 20. Dezember 2022 setzte das BAG die Entscheidung des EuGH um. Somit beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren am Ende des Kalenderjahres erst dann, wenn der Arbeitgeber in dem entsprechenden Jahr seine Mitwirkungsobliegenheit erfüllt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub trotzdem nicht genommen hat.
Wann gilt die Mitwirkungsobliegenheit als erfüllt?
Grundsätzlich kann der Arbeitgeber selbst entscheiden, mit welchen Mitteln er seine Mitwirkungsobliegenheit erfüllen möchte. Sie müssen jedoch dem Zweck entsprechen. Aus der aktuellen Rechtsprechung des BAG (Az.: 9 AZR 541/15 und 9 AZR 423/16) geht hervor, dass der Arbeitgeber in Textform über den genauen Umfang des Urlaubanspruchs informieren muss, einschließlich entsprechender Verfallsfristen.
Aushänge mit generellen Verweisen über gesetzliche oder tarifliche Urlaubsregelungen genügen hierbei nicht.
Die Hinweise müssen zudem rechtzeitig erfolgen, damit Beschäftigte genügend Zeit haben, bestehende Urlaubsansprüche vor Ablauf der Fristen zu beantragen und den Urlaub im entsprechenden Kalenderjahr zu nehmen.
Quellen:
- Müller-Glöge, Preis, Schmidt (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 23. Auflage
- Küttner (Hrsg.), Personalbuch 2023, 30. Auflage