Jekaterina Bonowsaya fragt: Ich bin seit Jahren in Vollzeit bei einem Pflegedienst beschäftigt. Bisher hatte ich einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Nach der Geburt meiner Tochter und einer 12-monatigen Elternzeit übe ich meinen Beruf in Teilzeit an 3 Tagen in der Woche aus. In meinem neuen Arbeitsvertrag sind nur noch 15 Tage Urlaub vorgesehen und genau diese Anzahl habe ich auch als Resturlaubsanspruch für das zurückliegende Elternzeitjahr angerechnet bekommen. Steht es meinem Arbeitgeber zu, mir den Urlaub so zu kürzen?
Antwort der Redaktion: Grundsätzlich gilt, dass der Anspruch auf Urlaub von Teilzeitbeschäftigten dem von Vollzeitbeschäftigten entsprechen muss. Nach der BAG-Rechtsprechung erfolgt die Anpassung der Anzahl der Urlaubstage an die neue Anzahl der Arbeitstage durch eine anteilige Kürzung. Um eine Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten zu vermeiden, muss über eine Formel berechnet werden, wie viele Urlaubstage vom Arbeitgeber zu gewähren sind. Bei dieser Berechnung wird der (werktägliche) Urlaubsanspruch mit den Arbeitstagen pro Woche multipliziert. Das Ergebnis ist dann durch die üblichen Werktage pro Woche zu dividieren. Sofern keine abweichende arbeits-/tarifvertragliche Regelung existiert, werden einer Arbeitswoche 6 Werktage zugerechnet. Die Berechnung Ihres Urlaubsanspruchs muss also auf der Formel „30:6*3“ erfolgen. Sofern der Samstag bei Ihnen als Werktag gerechnet wird, hat der Arbeitgeber das Ergebnis richtig berechnet.
Für den nicht geltend gemachten Urlaub während der Schwangerschaft bzw. Elternzeit ist diese Formel jedoch nicht anzuwenden. Das ist in einer Entscheidung des EuGH (Az.: C‑415/12) festgestellt worden. Geht ein Vollzeitarbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis über und konnte der Arbeitnehmer wegen eines Beschäftigungsverbotes seinen Urlaubsanspruch, den er in der Zeit der Vollbeschäftigung erworben hatte, nicht oder nicht voll geltend machen, darf der Jahresurlaubsanspruch für den zurückliegenden Beschäftigungszeitraum nicht gemindert werden. Der anteilige Berechnungsgrundsatz gilt nicht für Ansprüche, die in der Vergangenheit schon entstanden waren, aber erst während der Phase reduzierter Arbeitszeit erfüllt werden sollen. Eine vorgenommene Kürzung des verdienten Urlaubsanspruchs anlässlich der Reduzierung der Wochenarbeitstage stellt somit einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten dar und ist in Anbetracht der europarechtlich herausgehobenen Bedeutung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub unionsrechtswidrig (§ 4 Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG). Praktisch gesehen bedeutet dies, dass das Urlaubsentgelt und die Urlaubsabgeltung für die Zeiten des mit der Schwangerschaft zusammenhängenden Beschäftigungsverbotes nach der Höhe des früheren Vollzeitanspruchs zu berechnen sind.