Urlaubsanspruch endet im März
Gesetz­li­cher Urlaubs­an­spruch für noch nicht genom­me­nen Restur­laub des Vorjah­res: Spätes­tens nach dem Stich­tag 31. März gilt dieser als erlöschen. Bild: Mauriceyom98/Dreamstime

Bundes­ur­laubs­ge­setz als Kernvor­schrift

§ 7 des Bundes­ur­laubs­ge­set­zes (BUrlG) ist die zentrale Vorschrift im Urlaubs­recht. In dessen Absatz 3 Satz 1 bis 3 wird bestimmt:

„Der Urlaub muß im laufen­den Kalen­der­jahr gewährt und genom­men werden. Eine Übertra­gung des Urlaubs auf das nächste Kalen­der­jahr ist nur statt­haft, wenn dringende betrieb­li­che oder in der Person des Arbeit­neh­mers liegende Gründe dies recht­fer­ti­gen. Im Fall der Übertra­gung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgen­den Kalen­der­jahrs gewährt und genom­men werden.“

§ 7 Absatz 3 BUlG sieht also ein grund­sätz­li­ches Übertra­gungs­ver­bot vor, indem festge­schrie­ben wird, dass der Urlaub im laufen­den Kalen­der­jahr gewährt und genom­men werden muss.

Doch wann immer im juris­ti­schen Kontext das Wort „grund­sätz­lich“ verwen­det wird, heißt das: Es gibt auch eine Ausnahme von der Regel.

Und die eröff­net sich durch den zweiten Satz: Denn hiernach kann die Übertra­gung des Urlaubs auf das nächste Kalen­der­jahr durch­aus statt­haft sein, sofern dies „dringende betrieb­li­che oder in der Person des Arbeit­neh­mers liegende Gründe“ recht­fer­ti­gen.

Keine Regel ohne Ausnahme

So können „dringende betrieb­li­che Gründe“ beispiels­weise dann angenom­men werden, wenn in dem Unter­neh­men ein Arbeits­mehr­an­fall aufgrund erheb­li­cher perso­nel­ler Engpässe (zum Beispiel infolge einer Krank­heits­welle) zu verzeich­nen war.

Gleich­falls von der Ausnah­me­re­ge­lung des § 7 Absatz 3 Satz 2 BUrlG erfasst sind jene Fälle, in welchen der Arbeit­neh­mer aufgrund von Krank­heit daran gehin­dert ist, seinen Urlaub aufzu­neh­men. Hier ergibt sich die Statt­haf­tig­keit der Urlaubs­über­tra­gung aus „in der Person des Arbeit­neh­mers liegen­den Gründen“.

Für beide Konstel­la­tio­nen gilt: Im Übertra­gungs­fall kann der Arbeit­neh­mer den Verfall des Restur­laubs dadurch verhin­dern, dass er ihn bis zum 31. März nimmt.

Auf Verfall des Urlaubs­an­spruchs muss hinge­wie­sen werden

Diesen Grund­satz hat die Recht­spre­chung modifi­ziert. Ausge­hend von einer Entschei­dung der Großen Kammer des Europäi­schen Gerichts­hofs (EuGH) aus dem Jahr 2018 ist es für das Erlöschen des Urlaubs­an­spruchs zum Ende des Kalen­der­jah­res erfor­der­lich, dass der Arbeit­ge­ber seine Mitar­bei­ter recht­zei­tig, konkret und in völli­ger Trans­pa­renz – erfor­der­li­chen­falls förmlich – auffor­dert, ihren Urlaub zu nehmen.[1]

Des Weite­ren muss der Arbeit­ge­ber klar mittei­len, dass der Urlaub, wenn er nicht genom­men wird, am Ende des Bezugs- oder eines zuläs­si­gen Übertra­gungs­zeit­raums verfal­len wird.

Weitere Konkre­ti­sie­rung durch das BAG

Kommt der Arbeit­ge­ber dieser Hinweis- und Warnpflicht nach und wird der Urlaub gleich­wohl vom Arbeit­neh­mer nicht angetre­ten, verfal­len die Urlaubs­an­sprü­che zum 31.12. des jewei­li­gen Kalen­der­jah­res.

Das Bundes­ar­beits­ge­richt hat diese Grund­sätze in der Folge­zeit näher konkre­ti­siert. Es verlangt vom Arbeit­ge­ber, dass er seinen Arbeit­neh­mer in die Lage versetzt, in Kennt­nis aller relevan­ten Umstände frei darüber zu entschei­den, seinen Urlaub recht­zei­tig zu beantra­gen, sodass er inner­halb des laufen­den Urlaubs­jah­res genom­men werden kann, und ihn über die Konse­quen­zen belehrt, die eintre­ten, wenn er dies unter­lässt.[2]

Hinweis­pflicht und Übernah­me­recht kann auch per Vertrag erfol­gen

Das Erlöschen des Urlaubs­an­spruchs zum Jahres­ende kommt also erst dann zum Tragen, wenn der Arbeit­ge­ber seiner Hinweis­ob­lie­gen­heit mit einschlä­gi­ger Begrün­dung ordent­lich nachge­kom­men ist.

In Abwei­chung von dem persön­li­chen Hinweis an den Arbeit­neh­mer kann sich das Recht auf Übernahme des Restur­laubs in das Folge­jahr auch aus Tarif­ver­trag, Betriebs­ver­ein­ba­rung oder Arbeits­ver­trag ergeben.

Dabei gilt: Die zwischen den Vertrags­part­nern in den Einzel- oder Kollek­tiv­ver­trä­gen festge­hal­te­nen Bestim­mun­gen dürfen den vom Bundes­ur­laubs­ge­setz festge­leg­ten Mindest­rah­men nicht unter­lau­fen (zum Beispiel die „Verfalls­grenze“ von drei Monate auf zwei Monate reduzie­ren). Eine über den gesetz­li­chen Mindest­rah­men hinaus­ge­hende Besser­stel­lung des Arbeit­neh­mers ist hinge­gen erlaubt.

Mit Material von Michael Schanz

Quellen:

  1. EuGH vom 6.11.2018 – C‑684/16
  2. BAG vom 7.9.2021 – 9 AZR 3/21 (A)