Anzeige nach Fixierung
Eine Patientin wurde im Sommer 2012 im Uniklinikum Schleswig-Holstein gewaltsam an ein Behandlungsbett fixiert. Am gleichen Tag ordnete eine Amtsrichterin ihre Unterbringung im geschlossenen Teil des Klinikums an. Jedoch stellte sich später heraus, dass die Anordnung rechtswidrig war. Denn der Antrag sei nicht nachvollziehbar begründet gewesen. Daraufhin erstellte die Patientin Strafanzeige gegen die bei der Fixierung beteiligten Polizisten, den Stationsarzt, einen Pfleger sowie die Amtsrichterin. Doch die Staatsanwaltschaft stellte alle Verfahren ein.
Zu Unrecht, hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 15. Januar 2020 befunden (Az.: 2 BvR 1763/16). Dem Anspruch auf effektive Strafverfolgung genügten die Verfahrungseinstellungen nicht, so die Karlsruher Richter. Vielmehr hätte die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Sonst könnte, in einem Fall wie diesem, der Verzicht auf eine effektive Strafverfolgung das Vertrauen in das Gewaltmonopol des Staates erschüttern. Lediglich die Einstellung des Verfahrens gegen die Amtsrichterin sei rechtens gewesen. Denn Anhaltspunkte für eine begangene Rechtsbeugung (durch ihre Genehmigung der Fixierung und geschlossenen Unterbringung) seien nicht substantiiert vorgetragen worden.
Patientin erwartete bei Rückkehr ins Klinikum einen Hinterhalt
Dem Rechtsstreit zugrunde lag ein dramatisches Geschehen: Nach ihrem Sturz vom Pferd war die Patientin und spätere Beschwerdeführerin ins Uniklinikum eingeliefert worden. Dort diagnostizierte man ein Schädel-Hirn-Trauma sowie diverse Prellungen. Außerdem untersuchten die Behandler sie mittels Computertomografie auf eventuelle Hirnverletzungen. Diese hätten sich jedoch nicht bestätigt.
Am folgenden Tag hatte die Patientin nach einem Streit mit dem Pflegepersonal gegen ärztlichen Rat die Klinik verlassen. Vom Stationspersonal hinzu gerufene Polizeibeamte überredeten sie, zur Abklärung der Angelegenheit ins Klinikum zurückzukehren. Denn ihre Verletzungen, argumentierten die Ärzte, könnten möglicherweise lebensbedrohlich sein. Nach ihrer Rückkehr ins Krankenhaus aber erwartete die Patientin, gewissermaßen, eine Falle: Kurz nachdem sie wieder auf Station erschien, zerrten sie der Stationsarzt, ein Pfleger und die Polizisten aufs Krankenbett, und fixierten sie unter heftiger Gegenwehr an Armen, Beinen und der Hüfte.
Mit der nicht nur kurzfristigen Fixierung hätten die auf der Station Anwesenden in ihr Grundrecht auf Freiheit eingegriffen. Insbesondere rügt das Gericht, dass die Staatsanwaltschaft trotz entsprechender Möglichkeiten keine weiteren Ermittlungen angestellt hatte, was die Folgen der Tat betrifft. Die Patientin klagt bis heute über eine posttraumatischen Belastungsstörung. Auf ihrer privaten Website schildert die Betroffene, die weiterhin gegen die Beteiligten juristisch vorgeht, den Fall aus ihrer Sicht.