Unkündbarkeit: Gibt es das wirklich?
Unkündbarkeit gibt es im Arbeitsrecht nur in Bezug auf eine ordentliche Kündigung. Also für alle Kündigungen, bei denen die vertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten wird. Im Gegensatz dazu sind außerordentliche Kündigungen – ohne Beachtung der Kündigungsfrist – in jedem Fall möglich.
Wenn also von Unkündbarkeit die Rede ist, dann ist damit gemeint, dass keine ordentliche Kündigung möglich ist. Es ist damit nicht gemeint, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter tatsächlich in keinem Fall gekündigt werden kann.
Von Unkündbarkeit ist immer dann die Rede, wenn die betroffene Person über einen besonderen Kündigungsschutz verfügt. Einen solchen haben in der Regel besonders schutzbedürftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie etwa Schwangere oder betriebliche Funktionsträger.
Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst?
Ein besonderer Kündigungsschutz entsteht häufig durch tarifvertragliche Regelungen. Schon früher war im Tarifvertragsrecht für ältere Angestellte im öffentlichen Dienst und solche, die schon lange im Betrieb arbeiteten ein Sonderkündigungsschutz formuliert. Dieser damalige Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) galt von 1961 bis 2005.
„Nach einer Beschäftigungszeit (§ 19 ohne die nach § 72 Abschn. A Ziff. I berücksichtigten Zeiten) von 15 Jahren, frühestens jedoch nach Vollendung des vierzigsten Lebensjahres, ist der Angestellte unkündbar.“
§ 53 Absatz 3 BAT, in der Fassung von 2006
Doch auch heute gibt es noch ähnliche Regelungen. Im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) – dem Nachfolger des BAT – regelt § 34 TVöD die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
„Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifsgebiet West Anwendung finden, können nach einer Beschäftigungszeit (Absatz 3 Satz 1 und 2) von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Soweit Beschäftigte nach den bis zum 30. September geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, verbleibt es dabei.“
§ 34 Absatz 2 TVöD
Hierdurch sind weiterhin ältere Angestellte geschützt, genauso wie alle, die über 15 Jahre im gleichen Betrieb tätig waren.
Unkündbarkeit ist also vor allem für diejenigen gedacht, die stärker vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geschützt werden müssen als andere. Doch was passiert, wenn dieses Privileg ausgenutzt wird?
Wenn die Unkündbarkeit ausgenutzt wird
Angenommen ein Mitarbeiter ist stets unpünktlich, überzieht in den Pausen, verlässt frühzeitig den Arbeitsplatz und ist auch sonst ziemlich unzuverlässig. Das Problem: der Mitarbeiter sieht sich durch seine lange Betriebszugehörigkeit abgesichert.
Doch obwohl § 34 des TVöD einen tariflichen Alterkündigungsschutz vorsieht, muss das unzumutbare Arbeitsverhältnis nicht unter allen Umständen geduldet werden.
Die Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst schützt, wie bereits dargestellt, nur vor einer ordentlichen Kündigung.
Außerordentliche – auch fristlose Kündigungen genannt – können jedoch weiterhin in Betracht gezogen werden. Vor allem dann, wenn ein Mitarbeiter durch wiederholtes Fehlverhalten das Arbeitsverhältnis stört.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber, dass der Arbeitgeber einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung braucht. Was alles einen wichtigen Grund darstellt, ist durch § 626 BGB geregelt.
Wann ist eine fristlose Kündigung möglich?
Demnach ist eine fristlose Kündigung dann möglich, „wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.
Wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber können folgende sein:[1]
- Strafbare Handlungen, die sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken (zum Beispiel grobe Beleidigung, Verleumdung, Körperverletzung),
- Annahme von Schmiergeld,
- Annahme eines zinslosen Darlehens,
- Bruch der Verschwiegenheitspflicht,
- sexuelle Belästigung,
- beharrliche Arbeitsverweigerung,
- falsche Dokumentation von Arbeitszeit und Pflegeleistung,
- eigenmächtiger Urlaubsantritt und
- Androhung künftiger Erkrankungen.
Unkündbarkeit darf also nicht überinterpretiert werden. Auch ein „unkündbarer“ Arbeitnehmer kann rausgeworfen werden, wenn die geschuldeten Dienste nicht mehr erbracht werden.
Bei der Beurteilung des „wichtigen Grundes“ differenziert das Bundesarbeitsgericht in der Regel danach, ob der Vorfall einmalig oder wiederkehrend war.
In Bezug auf wiederkehrende Unpünktlichkeit bedeutet das, dass ein derartiges andauerndes Verhalten zu einer Kündigung führen kann. Doch auch in solch einem Fall sollte die Abmahnung der Kündigung standardmäßig vorausgehen.
Quellen:
- Großkopf & Schanz, Arbeitsrechtlicher Leitfaden für das Gesundheitswesen 2021.