Unfall
Wer haftet bei einem Unfall mit einem Dienst­fahr­zeug? Bild: © Anna Babur­kina | Dreamstime.com

Auf dem Weg zum nächs­ten Arbeits­ein­satz einen Moment lang nicht vollstän­dig aufmerk­sam gewesen – und schon ist es passiert: Man ist in einen Unfall verwi­ckelt – und dabei hoffent­lich körper­lich unbescha­det geblie­ben.

Neben der Aufre­gung, dem Zeitver­lust und der Warte­rei auf die Unfall­auf­nahme stellt sich im Fall, dass man mit einem Dienst- oder Firmen­wa­gen unter­wegs ist, automa­tisch die Haftungs­frage.

Unfall: Schaden über Arbeit­ge­ber laufen lassen?

Muss ich als Fahrzeug­füh­rer für den entstan­de­nen Schaden aufkom­men – oder kann man die Angele­gen­heit über den Arbeit­ge­ber „laufen lassen“? Und drohen, neben einer mögli­chen Schadens­er­satz­pflicht, noch weitere Folgen, etwa arbeits­recht­li­cher Natur?

Um es vorweg zu sagen: Die Materie ist etwas kompli­ziert, und es kommt bei der Beurtei­lung des Falls auf mehrere Fakto­ren an!

Hat der Unfall­geg­ner den Unfall verschul­det, ist die Sache natür­lich klar: Dessen Haftpflicht­ver­si­che­rung reguliert den Schaden – nicht anders, als wenn man im priva­ten Fahrzeug unter­wegs gewesen ist. Trägt man dagegen selbst (ganz oder antei­lig) eine Unfall­schuld, wird die Sache kompli­zier­ter.

Grad der Fahrläs­sig­keit ist entschei­dend

Eine sehr wichtige Rolle spielt zunächst der sogenannte Grad der Fahrläs­sig­keit, also wie schwer man die im Verkehr erfor­der­li­che Sorgfalt außer Acht gelas­sen hat. Als allge­meine Regeln gelten hier:

  • Bei einer nur leich­ten Fahrläs­sig­keit, etwa einer ganz kurzen Unauf­merk­sam­keit oder einer kurzzei­ti­gen Blendung durch die tiefstehende Sonne, schei­det die private Haftung grund­sätz­lich aus. Die Schäden sind vom Arbeit­ge­ber zu tragen.
  • Liegt eine mittlere Fahrläs­sig­keit vor, etwa gering­fü­gig zu schnel­lem Fahren, einem Vorfahrts- oder Abbie­ge­feh­ler, werden die Kosten zwischen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer aufge­teilt.
  • Hat man sich grob fahrläs­sig verhal­ten – ist man etwa unter Alkohol- oder Drogen­ein­fluss gefah­ren, war man mit massiv überhöh­tem Tempo unter­wegs oder hat eine rote Ampel überfah­ren –, sind die Unfall­schä­den vollstän­dig von Arbeit­neh­mer zu tragen. Das Gleiche gilt natür­lich für ein vorsätz­li­ches Handeln. Bei grob fahrläs­si­gem (jedoch nicht bei vorsätz­li­chem) Handeln kann die Haftung allen­falls unter sozia­len Gesichts­punk­ten begrenzt werden – sollte etwa die Höhe der Schadens­summe das Einkom­men des Arbeit­neh­mers stark überstei­gen und deshalb der volle Ersatz des Schadens nicht für ihn zumut­bar sein.

Eine Grund­lage für die Haftungs­er­leich­te­rung für Arbeit­neh­mer im Außen­dienst sind die sogenann­ten von der Recht­spre­chung aufge­stell­ten Grund­sätze über die „privi­le­gierte Arbeit­neh­mer­haf­tung“. Der Grund­ge­danke: Beschäf­tig­ten, die Dienst­fahr­ten absol­vie­ren (müssen), sollen hierdurch – etwa gegen­über Kolle­gen im reinen Innen­dienst – keine zusätz­li­chen finan­zi­el­len Risiken erwach­sen, zumin­dest solange sie die erfor­der­li­che Sorgfalt und Umsicht im Straßen­ver­kehr walten lassen.

Bei grober Fahrläs­sig­keit ist Arbeit­ge­ber beweis­pflich­tig

Wie der Grad der Fahrläs­sig­keit im Einzel­fall genau einzu­stu­fen ist, muss das laufende Verfah­ren zeigen. Für das Vorlie­gen einer nicht nur mittle­ren, sondern groben Fahrläs­sig­keit ist der Arbeit­ge­ber jedoch beweis­pflich­tig, wie ein Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts (BAG, Az.: 8 AZR 91/03) zeigte.

Im vorlie­gen­den Fall war der Arbeit­ge­ber mit seinem Dienst­fahr­zeug, die Vorfahrts­re­geln ignorie­rend, ungebremst über eine Kreuzung gefah­ren und dabei mit einem anderen Fahrzeug kolli­diert. Der Arbeit­ge­ber sah eine grobe Fahrläs­sig­keit gegeben und verlangte von seinem Beschäf­tig­ten den Ersatz des vollen Schadens an dem Fahrzeug. Das Gericht sah eine solche jedoch nicht vorlie­gen und erkannte auf eine „nur“ mittlere Fahrläs­sig­keit, verbun­den mit einer Auftei­lung der Repara­tur­kos­ten.

Anlass der Fahrt ist wichtig

Bei der Haftungs­frage relevant ist außer­dem, welchen Anlass die Fahrt genau hatte. Zu unter­schei­den ist ein Unfall auf einer Dienst­fahrt – also von einem Arbeits­ort zum anderen –, einem Wegeun­fall von oder zur Arbeit, sowie ein Unfall bei einer Privat­fahrt mit dem Dienst­fahr­zeug. Für eine rein dienst­li­che Fahrt ist der Fall klar. Kompli­zier­ter wird es bei einem Wegeun­falll: „Sowohl die Fahrt zur Arbeit als auch die Heimfahrt sind keine betrieb­lich veran­lass­ten Tätig­kei­ten“, so das Landes­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz (Az.: 6 Sa 75/18). Es wies den Antrag der Kläge­rin ab, die mit ihrem Dienst­wa­gen zwei kleinere Unfälle verur­sacht hatte – einmal auf dem Weg zur Arbeit, einmal von dort zurück.

Auch hier bietet sich wieder der Vergleich zum reinen Büro-Mitar­bei­ter, der im Privat­fahr­zeug zur Arbeit fährt: Auch dieser müsste die Schäden an seinem Pkw schließ­lich selbst zahlen! Dass man für Wege von und zur Arbeit über den Betrieb für den Fall von Verlet­zun­gen unfall­ver­si­chert ist, spielt für den Schaden am Kraft­fahr­zeug keine Rolle.

Bei Privat­fahrt wird es kompli­ziert

Für eine reine Privat­fahrt wird die Sache kompli­ziert. Eine entschei­dende Rolle spielt, ob der Arbeit­ge­ber die private Nutzung des Dienst­wa­gens erlaubt hat – und in diesem Fall, wie die Haftungs­frage zwischen Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber vertrag­lich ausge­stal­tet wurde.

„Sofern die Privat­nut­zung arbeits­ver­trag­lich gestat­tet war und der geldwerte Vorteil ordnungs­ge­mäß versteu­ert wurde, so muß der Arbeit­ge­ber sämtli­che Schäden regulie­ren“, urteilte etwa das Landes­ar­beits­ge­richt (LAG) Hessen (Az.: 8 Sa 1729/05). Sollte der Arbeit­ge­ber die private Nutzung erlaubt haben, würden die genann­ten Regelun­gen natür­lich auch bei einem Wegeun­fall gelten. Ausge­nom­men sind natür­lich auch hier ein grob fahrläs­si­ges oder gar vorsätz­li­ches Handeln des Fahrzeug­len­kers.

Achtung: Sollte der Arbeit­ge­ber private Fahrten mit dem Dienst­wa­gen dagegen nicht erlaubt haben, ist der entstan­dene Schaden sehr wahrschein­lich vollum­fäng­lich selbst zu beglei­chen. Darüber hinaus könnten auch arbeits­recht­li­che Konse­quen­zen drohen, wegen des Versto­ßes gegen das Verbot der priva­ten Nutzung.

In allen anderen Fällen dürften Arbeit­ge­ber wegen des Unfalls alleine zumin­dest keine arbeits­recht­li­chen Sanktio­nen befürch­ten. Anders sieht es aus, wenn etwa die Fahrerlaub­nis entzo­gen wird und man – falls ein Pkw für die Arbeit benötigt wird – somit die Tätig­keit nicht weiter ausfüh­ren kann.

Vertrag­li­che Verein­ba­rung treffen

Wegen der kompli­zier­ten Materie ist es dringend empfoh­len, dass Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer vor Überlas­sung des Dienst­wa­gens eine vertrag­li­che Verein­ba­rung treffen. Darin sollte geregelt werden, ob und in welchem Umfang die private Nutzung zuläs­sig ist, und auf welche Weise entstan­dene Schäden reguliert werden.

Eine Klausel, dass der Beschäf­tigte sämtli­che Unfall­kos­ten – unabhän­gig vom Grad der Fahrläs­sig­keit – generell selbst zu tragen hat, ist laut eines Urteils des Bundes­ar­beits­ge­richts (BAG, Az.: 8 AZR 91/03) übrigens unzuläs­sig. Gleiches gilt für stark überhöhte Selbst­be­halte, sollte der Wagen über Vollkasko versi­chert sein. Gemäß der Tendenz in der Recht­spre­chung gelten maximal 1000 Euro als zuläs­si­ger Betrag, die der Arbeit­ge­ber seinem Arbeit­neh­mer in Rechnung stellen kann. Eine Vollkasko-Versi­che­rung wird im Übrigen für Dienst­wa­gen empfoh­len – alleine schon, um unnöti­gen Ärger im Schadens­fall zu vermei­den.

Zu guter Letzt hat der Arbeit­ge­ber, der einen Dienst­wa­gen zur Verfü­gung stellt, Sorge für die Fahrtüch­tig­keit des Pkw zu tragen. Um seiner­seits recht­li­che Probleme zu vermei­den, empfiehlt es sich, in regel­mä­ßi­gen Abstän­den einen Nachweis der weiter­hin bestehen­den Fahrerlaub­nis von seinen Beschäf­tig­ten zu verlan­gen, die einen Dienst­wa­gen nutzen.

Quellen: BAG, LAG Rhein­land-Pfalz