Auf dem Weg zum nächsten Arbeitseinsatz einen Moment lang nicht vollständig aufmerksam gewesen – und schon ist es passiert: Man ist in einen Unfall verwickelt – und dabei hoffentlich körperlich unbeschadet geblieben.
Neben der Aufregung, dem Zeitverlust und der Warterei auf die Unfallaufnahme stellt sich im Fall, dass man mit einem Dienst- oder Firmenwagen unterwegs ist, automatisch die Haftungsfrage.
Unfall: Schaden über Arbeitgeber laufen lassen?
Muss ich als Fahrzeugführer für den entstandenen Schaden aufkommen – oder kann man die Angelegenheit über den Arbeitgeber „laufen lassen“? Und drohen, neben einer möglichen Schadensersatzpflicht, noch weitere Folgen, etwa arbeitsrechtlicher Natur?
Um es vorweg zu sagen: Die Materie ist etwas kompliziert, und es kommt bei der Beurteilung des Falls auf mehrere Faktoren an!
Hat der Unfallgegner den Unfall verschuldet, ist die Sache natürlich klar: Dessen Haftpflichtversicherung reguliert den Schaden – nicht anders, als wenn man im privaten Fahrzeug unterwegs gewesen ist. Trägt man dagegen selbst (ganz oder anteilig) eine Unfallschuld, wird die Sache komplizierter.
Grad der Fahrlässigkeit ist entscheidend
Eine sehr wichtige Rolle spielt zunächst der sogenannte Grad der Fahrlässigkeit, also wie schwer man die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Als allgemeine Regeln gelten hier:
- Bei einer nur leichten Fahrlässigkeit, etwa einer ganz kurzen Unaufmerksamkeit oder einer kurzzeitigen Blendung durch die tiefstehende Sonne, scheidet die private Haftung grundsätzlich aus. Die Schäden sind vom Arbeitgeber zu tragen.
- Liegt eine mittlere Fahrlässigkeit vor, etwa geringfügig zu schnellem Fahren, einem Vorfahrts- oder Abbiegefehler, werden die Kosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt.
- Hat man sich grob fahrlässig verhalten – ist man etwa unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gefahren, war man mit massiv überhöhtem Tempo unterwegs oder hat eine rote Ampel überfahren –, sind die Unfallschäden vollständig von Arbeitnehmer zu tragen. Das Gleiche gilt natürlich für ein vorsätzliches Handeln. Bei grob fahrlässigem (jedoch nicht bei vorsätzlichem) Handeln kann die Haftung allenfalls unter sozialen Gesichtspunkten begrenzt werden – sollte etwa die Höhe der Schadenssumme das Einkommen des Arbeitnehmers stark übersteigen und deshalb der volle Ersatz des Schadens nicht für ihn zumutbar sein.
Eine Grundlage für die Haftungserleichterung für Arbeitnehmer im Außendienst sind die sogenannten von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze über die „privilegierte Arbeitnehmerhaftung“. Der Grundgedanke: Beschäftigten, die Dienstfahrten absolvieren (müssen), sollen hierdurch – etwa gegenüber Kollegen im reinen Innendienst – keine zusätzlichen finanziellen Risiken erwachsen, zumindest solange sie die erforderliche Sorgfalt und Umsicht im Straßenverkehr walten lassen.
Bei grober Fahrlässigkeit ist Arbeitgeber beweispflichtig
Wie der Grad der Fahrlässigkeit im Einzelfall genau einzustufen ist, muss das laufende Verfahren zeigen. Für das Vorliegen einer nicht nur mittleren, sondern groben Fahrlässigkeit ist der Arbeitgeber jedoch beweispflichtig, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Az.: 8 AZR 91/03) zeigte.
Im vorliegenden Fall war der Arbeitgeber mit seinem Dienstfahrzeug, die Vorfahrtsregeln ignorierend, ungebremst über eine Kreuzung gefahren und dabei mit einem anderen Fahrzeug kollidiert. Der Arbeitgeber sah eine grobe Fahrlässigkeit gegeben und verlangte von seinem Beschäftigten den Ersatz des vollen Schadens an dem Fahrzeug. Das Gericht sah eine solche jedoch nicht vorliegen und erkannte auf eine „nur“ mittlere Fahrlässigkeit, verbunden mit einer Aufteilung der Reparaturkosten.
Anlass der Fahrt ist wichtig
Bei der Haftungsfrage relevant ist außerdem, welchen Anlass die Fahrt genau hatte. Zu unterscheiden ist ein Unfall auf einer Dienstfahrt – also von einem Arbeitsort zum anderen –, einem Wegeunfall von oder zur Arbeit, sowie ein Unfall bei einer Privatfahrt mit dem Dienstfahrzeug. Für eine rein dienstliche Fahrt ist der Fall klar. Komplizierter wird es bei einem Wegeunfalll: „Sowohl die Fahrt zur Arbeit als auch die Heimfahrt sind keine betrieblich veranlassten Tätigkeiten“, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Az.: 6 Sa 75/18). Es wies den Antrag der Klägerin ab, die mit ihrem Dienstwagen zwei kleinere Unfälle verursacht hatte – einmal auf dem Weg zur Arbeit, einmal von dort zurück.
Auch hier bietet sich wieder der Vergleich zum reinen Büro-Mitarbeiter, der im Privatfahrzeug zur Arbeit fährt: Auch dieser müsste die Schäden an seinem Pkw schließlich selbst zahlen! Dass man für Wege von und zur Arbeit über den Betrieb für den Fall von Verletzungen unfallversichert ist, spielt für den Schaden am Kraftfahrzeug keine Rolle.
Bei Privatfahrt wird es kompliziert
Für eine reine Privatfahrt wird die Sache kompliziert. Eine entscheidende Rolle spielt, ob der Arbeitgeber die private Nutzung des Dienstwagens erlaubt hat – und in diesem Fall, wie die Haftungsfrage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vertraglich ausgestaltet wurde.
„Sofern die Privatnutzung arbeitsvertraglich gestattet war und der geldwerte Vorteil ordnungsgemäß versteuert wurde, so muß der Arbeitgeber sämtliche Schäden regulieren“, urteilte etwa das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen (Az.: 8 Sa 1729/05). Sollte der Arbeitgeber die private Nutzung erlaubt haben, würden die genannten Regelungen natürlich auch bei einem Wegeunfall gelten. Ausgenommen sind natürlich auch hier ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Handeln des Fahrzeuglenkers.
Achtung: Sollte der Arbeitgeber private Fahrten mit dem Dienstwagen dagegen nicht erlaubt haben, ist der entstandene Schaden sehr wahrscheinlich vollumfänglich selbst zu begleichen. Darüber hinaus könnten auch arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, wegen des Verstoßes gegen das Verbot der privaten Nutzung.
In allen anderen Fällen dürften Arbeitgeber wegen des Unfalls alleine zumindest keine arbeitsrechtlichen Sanktionen befürchten. Anders sieht es aus, wenn etwa die Fahrerlaubnis entzogen wird und man – falls ein Pkw für die Arbeit benötigt wird – somit die Tätigkeit nicht weiter ausführen kann.
Vertragliche Vereinbarung treffen
Wegen der komplizierten Materie ist es dringend empfohlen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor Überlassung des Dienstwagens eine vertragliche Vereinbarung treffen. Darin sollte geregelt werden, ob und in welchem Umfang die private Nutzung zulässig ist, und auf welche Weise entstandene Schäden reguliert werden.
Eine Klausel, dass der Beschäftigte sämtliche Unfallkosten – unabhängig vom Grad der Fahrlässigkeit – generell selbst zu tragen hat, ist laut eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Az.: 8 AZR 91/03) übrigens unzulässig. Gleiches gilt für stark überhöhte Selbstbehalte, sollte der Wagen über Vollkasko versichert sein. Gemäß der Tendenz in der Rechtsprechung gelten maximal 1000 Euro als zulässiger Betrag, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in Rechnung stellen kann. Eine Vollkasko-Versicherung wird im Übrigen für Dienstwagen empfohlen – alleine schon, um unnötigen Ärger im Schadensfall zu vermeiden.
Zu guter Letzt hat der Arbeitgeber, der einen Dienstwagen zur Verfügung stellt, Sorge für die Fahrtüchtigkeit des Pkw zu tragen. Um seinerseits rechtliche Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen einen Nachweis der weiterhin bestehenden Fahrerlaubnis von seinen Beschäftigten zu verlangen, die einen Dienstwagen nutzen.
Quellen: BAG, LAG Rheinland-Pfalz