Umkleidezeit = Arbeitszeit?
Ist Umklei­de­zeit Arbeits­zeit?

Wann ist Umklei­de­zeit Arbeits­zeit?

Grund­sätz­lich wird Arbeits­zeit als die Zeit definiert, in der ein Arbeit­neh­mer seine Arbeits­leis­tung für den Arbeit­ge­ber erbringt. Das BAG stellt in seiner Entschei­dung klar, dass das An- und Ablegen von Dienst­klei­dung dann zur Arbeits­zeit gehört, wenn es sich um eine beson­ders auffäl­lige Dienst­klei­dung handelt, die den Arbeit­neh­mer eindeu­tig dem Unter­neh­men oder einer bestimm­ten Branche zuord­net. In solchen Fällen sei das Umklei­den nicht freiwil­lig, sondern zwingend erfor­der­lich, wodurch es unter die vergü­tungs­pflich­tige Arbeits­zeit falle.

Eine Dienst­klei­dung ist dann beson­ders auffäl­lig wenn der Arbeit­neh­mer aufgrund der Gestal­tung der Dienst­klei­dung einem bestimm­ten Arbeit­ge­ber, einer bestimm­ten Branche oder einem bestimm­ten Berufs­zweig zugeord­net werden kann. An einer solchen Offen­le­gung der von ihm ausge­üb­ten Tätig­keit hat der Arbeit­neh­mer kein objek­tiv feststell­ba­res Eigen­in­ter­esse. Ein Krite­rium was die Arbeit von der Nicht-Arbeit unter­schei­det, die die Fremd­nüt­zig­keit.

Der Fall des Kranken­pfle­gers: Ein Beispiel aus der Praxis

Im konkre­ten Fall hatte ein Kranken­pfle­ger eines Kreis­kran­ken­hau­ses gegen seinen Arbeit­ge­ber geklagt, da ihm das An- und Ablegen seiner Dienst­klei­dung nicht vergü­tet wurde. Er verbrachte pro Arbeits­tag durch­schnitt­lich zwölf Minuten mit dieser Tätig­keit, was sich auf 100 Werktage hochge­rech­net auf 464,20 Euro summierte.

Das Gericht gab dem Arbeit­neh­mer recht und stellte fest, dass das Tragen der Dienst­klei­dung eine arbeits­recht­li­che Verpflich­tung darstellt, die nicht in den priva­ten Bereich des Arbeit­neh­mers falle. Das Gericht begrün­dete dies damit, dass das Anklei­den mit einer vorge­schrie­be­nen Dienst­klei­dung nur dann nicht ledig­lich fremd­nüt­zig ist und damit keine Arbeits­zeit darstelle, wenn sie zu Hause angelegt und ohne beson­ders auffäl­lig zu sein auf dem Weg zur Arbeits­städte getra­gen werden kann. Dieser Ausnah­me­fall trifft für die Dienst­klei­dung der Kranken­pfle­ge­kraft nicht zu, weil das Tragen der Dienst­klei­dung bereits aus hygie­ni­schen Gründen auf dem Weg zur Arbeits­stelle unter­sagt ist.

Auswir­kun­gen der Entschei­dung für Pflege­kräfte

Das Urteil hat weitrei­chende Folgen für Arbeit­neh­mer im Gesund­heits­we­sen. Pflege­kräfte, die eine fest vorge­schrie­bene Dienst­klei­dung tragen müssen, können nun eine Vergü­tung für ihre Umklei­de­zei­ten fordern, sofern diese Kleidung nicht zu Hause angelegt werden kann. Arbeit­ge­ber müssen daher ihre Arbeits­zeit­re­ge­lun­gen überprü­fen und gegebe­nen­falls anpas­sen, um recht­li­che Konse­quen­zen und entspre­chende Nachzah­lun­gen zu vermei­den. Diese Entschei­dung stärkt mithin die Rechte der Arbeit­neh­mer und setzt ein klares Signal für die Anerken­nung der Umklei­de­zeit als Teil der Arbeits­zeit auch im Bereich des Gesund­heits­we­sens.

FAQ

Wann zählt die Umklei­de­zeit als Arbeits­zeit?

Die Umklei­de­zeit zählt als Arbeits­zeit, wenn das Tragen einer bestimm­ten Dienst­klei­dung verpflich­tend ist und diese nicht zu Hause angelegt werden kann. Beson­ders auffäl­lige Dienst­klei­dung, die den Arbeit­neh­mer eindeu­tig einem Unter­neh­men oder einer Branche zuord­net, macht das Umklei­den fremd­nüt­zig und somit vergü­tungs­pflich­tig. Ein Beispiel dafür sind Pflege­kräfte, die aus hygie­ni­schen Gründen ihre Dienst­klei­dung erst im Kranken­haus anlegen dürfen.

Welche Rechte haben Pflege­kräfte bezüg­lich der Vergü­tung von Umklei­de­zei­ten?

Pflege­kräfte haben das Recht auf Vergü­tung ihrer Umklei­de­zei­ten, wenn das Tragen der Dienst­klei­dung vorge­schrie­ben ist. Laut einem Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts (BAG vom 6. Septem­ber 2017 – 5 AZR 382/16) ) müssen Arbeit­ge­ber die Umklei­de­zeit als Arbeits­zeit anerken­nen, wenn das Tragen der Kleidung bereits auf dem Arbeits­weg unter­sagt ist. Betrof­fene Pflege­kräfte sollten prüfen, ob sie rückwir­kend eine Nachzah­lung der nicht gezahl­ten Umklei­de­zei­ten geltend machen können.