Barbara Schie­deke fragt: Wird bei einem Patient im Laufe seines Klinik­auf­ent­hal­tes ein Multi­re­sis­ten­ter Erreger (MRE) ermit­telt, wird heutzu­tage auch eine (Abstrich-)Untersuchung des Zimmer­nach­barn angera­ten. Mit welcher Begrün­dung kann ich den Kontakt­pa­ti­ent über die Maßnahme aufklä­ren ohne einen Schwei­ge­pflichtsbruch hinsicht­lich des MRE-Status des Keimträ­gers zu begehen?

Antwort der Redak­tion: Augen­schein­lich stehen sich hier zwei Rechts­po­si­tio­nen gegen­über: Das Recht auf infor­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung aufsei­ten des Index­pa­ti­en­ten und das Recht auf körper­li­che Unver­sehrt­heit aufsei­ten des Kontakt­pa­ti­en­ten. Das medizi­ni­sche Perso­nal wiederum hat eine Garan­ten­pflicht gegen­über beiden Patien­ten zu erfül­len.

Klar ist, dass der Kontakt­pa­ti­ent über die an ihm vorzu­neh­mende Unter­su­chungs­me­thode aufzu­klä­ren ist. Nur so kann sicher­ge­stellt werden, dass auch wirksam in die Unter­su­chung einge­wil­ligt wurde. Eine Vornahme unter Vorspie­ge­lung eines anderen Verwen­dungs­zwe­ckes verbie­tet sich und würde der Wirksam­keit der Einwil­li­gung entge­gen­ste­hen.

Ist die Unter­su­chungs­me­thode dringend geboten, um eine konkrete und gegen­wär­tige Gefahr vom Kontakt­pa­ti­en­ten abzuweh­ren, so kann auf das Rechts­in­sti­tut des sogenann­ten „Recht­fer­ti­gen­den Notstan­des“ (§ 34 StGB) zurück­ge­grif­fen werden; bei der Abwägung der wider­strei­ten­den Inter­es­sen muss das geschützte Rechts­gut das beein­träch­tigte Rechts­gut wesent­lich überwie­gen.

Dies kann in der Regel zuguns­ten der körper­li­chen Unver­sehrt­heit des Kontakt­pa­ti­en­ten angenom­men werden. Daneben kann aber auch noch eine mutmaß­li­che Einwil­li­gung des Index­pa­ti­en­ten zur Weiter­gabe der Infor­ma­tion über seinen Infek­ti­ons­sta­tus unter­stellt werden. Denn es ist sicher­lich in seinem ureigens­ten Inter­esse, dass von seinem Zimmer­nach­barn keine Gefahr der Re-Infek­tion ausgeht.