Kann man sich gegen ein Übermaß an Überstanden zur Wehr setzen?
Kann man sich gegen ein Übermaß an Überstan­den zur Wehr setzen? Bild: © Sudok1 | Dreamst

Dass in vielen Pflege­ein­rich­tun­gen Perso­nal­man­gel vorherrscht, ist seit langem kein Geheim­nis mehr. Die Arbeit wird deswe­gen jedoch nicht weniger – und bleibt zumeist an denen hängen, die gerade im Dienst sind. In der Folge türmen sich Berge von Mehrar­beit und Überstun­den vor den Augen der Mitar­bei­ter auf. Besteht hier eine Möglich­keit, sich gegen ein Übermaß an Überstun­den zur Wehr zu setzen?

Pflicht zur Mehrar­beit nur durch Arbeits­ver­trag

Grund­sätz­lich gilt: Ohne geson­derte Verein­ba­rung sind Arbeit­neh­mer grundsätzlich nicht zur Leistung von Überstunden verpflich­tet. Der Arbeit­neh­mer hat ledig­lich im Rahmen der gesetz­li­chen, tarif­li­chen, vertrag­li­chen oder betrieb­li­chen Arbeits­zeit dem Arbeit­ge­ber seine Arbeits­kraft zur Verfügung zu stellen. Dieser ist nicht allein aufgrund seines Weisungs­rechts (§ 106 GewO) berech­tigt, Überstunden anzuord­nen. Regelmäßig ergibt sich für die Angehörigen der Gesund­heits­be­rufe die Pflicht zur Ableis­tung von Überstunden jedoch aus den üblichen arbeits­recht­li­chen Grund­la­gen (Arbeits­ver­trag, Betriebs­ver­ein­ba­rung).

Arbeit­ge­ber muss Versor­gung durch Dienst­plan sicher­stel­len

Besteht eine solche juris­ti­sche Grund­lage zur überobligatorischen Leistungs­er­brin­gung, recht­fer­tigt dies per se nicht die Annahme einer generel­len Überstundenanordnung, mit der struk­tu­relle Perso­nal­de­fi­zite ausge­gli­chen werden sollen. Vielmehr muss der Arbeit­ge­ber durch seine Dienst­plan­ge­stal­tung die Versor­gungs­si­tua­tion in seiner Einrich­tung prinzi­pi­ell gewährleisten. Gelingt dies nicht in der regelmäßigen Arbeits­zeit und erfor­dert es das Wohl der Pflegebedürftigen, ist ausnahms­weise anerkannt, dass die Beschäftigten in den Gesund­heits­be­ru­fen auch über ihre reguläre Dienst­zeit hinaus verpflich­tet sein können, die Versor­gung der Patien­ten bezie­hungs­weise Pflegebedürftigen sicher­zu­stel­len.

In den Arbeits­be­rei­chen Medizin und Pflege fallen mitun­ter unauf­schieb­bare Tätigkeiten an, die im Sinne des Gesund­heits­schut­zes ohne Rücksicht auf die festge­setzte reguläre Dienst­zeit erledigt werden müssen. Werden im Rahmen einer dringen­den medizi­ni­schen Behand­lungs­si­tua­tion bestimmte pflege­ri­sche Leistun­gen fällig, dürfen diese nicht verwei­gert werden.

Der absolute Grenz­wert wird durch das Arbeits­zeit­ge­setz festge­legt: Gemäß § 3 Satz 2 ArbZG ist die Höchstgrenze auf maximal 10 Arbeits­stun­den festge­setzt. Anord­nun­gen von Überstunden, die hierüber hinaus­ge­hen, versto­ßen gegen ein gesetz­li­ches Verbot und können somit sankti­ons­los verwei­gert werden. Daneben gilt: Wird das betrieb­li­che Arbeits­zeit­vo­lu­men nachhal­tig und beleg­bar durch Überstundenkontingente erfüllt, vermag dies einen prozes­sua­len Unter­las­sungs­an­spruch der betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer zu begründen.

Hinweis: Arbeits­zeit­recht­li­che Abwei­chun­gen hiervon können durch Notfälle und andere außer­ge­wöhn­li­che Fälle gerecht­fer­tigt sein (siehe: Überstun­den und Urlaub während der epide­mi­schen Sonder­si­tua­tion). So wurden im Zuge der Corona­pan­de­mie arbeits­zeit­recht­li­che Locke­run­gen für system­re­le­vante Berufe per Verord­nung in Kraft gesetzt, sodass unter anderem eine Verlän­ge­rung der tägli­chen Arbeits­zeit auf 12 Stunden ermög­licht wurde.

Redak­ti­ons­tipp: Grund­sätz­lich sind auch Teilzeit­kräfte nur durch vertrag­li­che Verein­ba­rung zur Leistung von Überstun­den angehal­ten. Hier ergeben sich jedoch ander­wei­tige Beson­der­hei­ten, die man als Arbeits­kraft auf Teilzeit kennen sollte. Mehr dazu finden Sie hier.