„Deal: Politik handelt konsequent und Pflegende fangen an, gut über die Pflege zu reden. Dann kommen viele wieder in die Pflege zurück und es beginnen #gutezeitenfürdiepflege.“ Als der CDU-Politiker diesen Tweet postete, hatte er womöglich nicht mit einer derartigen Kommentarflut gerechnet, wie sie sich innerhalb kürzester Zeit ausbreitete.
#Deal: Politik handelt konsequent und #Pflegende fangen an, gut über die #Pflege zu reden. Dann kommen viele wieder in die Pflege zurück und es beginnen #gutezeitenfürgutepflege
Erwin Rüddel (@Erwin_Rueddel) February 3, 2018
Ja, es wird „gejammert“
Ein Blick auf die Kommentare der Pflegekräfte lässt schnell erkennen, wo der wunde Punkt liegt. Akuter Personalmangel bei einer gleichzeitig immer größer werdenden Patientenzahl, enormer Zeitdruck, schlechte Arbeitsbedingungen, die Zeit für das Menschliche bleibt immer mehr auf der Strecke und zuletzt bleiben auch Anerkennung und Wertschätzung aus – sowohl finanziell als auch gesellschaftlich. So der Konsens, der sich aus der seit Jahren anklingenden Kritik aus den Pflegereihen und aus den Tweets abzeichnet. Das heißt aber auch, dass man dem CDU-Politiker Rüddel in einem Punkt recht geben muss: ja, es wird sich beklagt und dass der Pflegeberuf dadurch attraktiver wird, darf durchaus angezweifelt werden.
Die Feststellung, dass Pflegende in einem hohen Maß ihre Situation beklagen, macht auch Prof. Dr. Angelika Zegelin in ihrem Kommentar „Raus aus dem Jammertal!“. In ihrer Position als gelernte Krankenpflegerin und Wegbereiterin der Pflegewissenschaften in Deutschland darf man sich diese Beobachtung aber auch erlauben. In ihren Vorträgen und Seminaren hat sie extra immer Zeit für das gemeinsame Klagen eingeplant. Sie weiß, dass die Arbeitsbedingungen für Pflegende tatsächlich unzumutbar sind, das Einstellen von Zufriedenheit erscheint unter diesen Voraussetzungen illusorisch.
Auf Worte müssen Taten folgen
Sie weiß aber auch, dass „Jammern“ nicht die Lösung des Problems ist. Für einen Moment tröstet und entlastet es den Einzelnen, auf lange Sicht schleichen sich jedoch nur zusätzlich Wut und Hilflosigkeit ein. „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun“, sagte einst Molière. Auf das Klagen müssten also auch Aktionen folgen, sowohl intern in den Einrichtungen als auch strukturell auf politischer Ebene. Pflegende in Deutschland seien noch nicht gut genug organisiert, das sei in anderen Ländern besser, sagt Zegelin. Der Beitritt in Berufsverbände wäre zum Beispiel eine wichtige Maßnahme.
Der Appell zum Handeln gilt aber nicht nur für Pflegende, sondern auch – bzw. insbesondere – für diejenigen, die am längeren Hebel sitzen, die in der Handlungsposition sind: Gesundheitspolitiker. Und damit kommen wir zurück zu Erwin Rüddel. Abhilfe würde tatsächlich eine konsequente Gesundheitspolitik schaffen, die sich den Problemen im Pflegesystem annimmt und den Klagenden den Nährboden entzieht. Wie „konsequent“ in der Gesundheitspolitik die Belange der Pflegenden abgehandelt werden, demonstrierte Erwin Rüddel unlängst in der von ihm maßgeblich mitbestimmten Debatte um das neue Pflegeberufegesetz: Das Gesetzeswerk, das auch zu einer Attraktivitätssteigerung in der professionellen Pflege führen soll, wird nun in abgeschwächter Form und deutlich später in Kraft treten.
Rüddel hat geantwortet
Mittlerweile hat der CDU-Politiker auf die Twitter-Welle reagiert und sich erklärt. Mit seinem Kommentar wollte er keine Anschuldigungen machen, sondern vielmehr zum gemeinsamen Handeln aufrufen, heißt es in seinem Tweet. Entscheidend wäre nun, dass der Diplom-Betriebswirt, ehemaliger Geschäftsführer einer Senioreneinrichtung und nun auch Vorsitzender des Gesundheitsausschusses sich an seinen Teil des Deals hält, um für #gutezeitenfürdiepflege zu sorgen.
Quelle: twitter, RDG, Die Schwester der Pfleger, 2017 S. 40–41