Wenn die eigenen diagnostischen und therapeutischen Kapazitäten nicht ausreichen, überbrücken viele Kliniken ihre Personalengpässe mit der Verpflichtung von Honorarärzten. Die Gruppe der Honorarärzte sind freiberuflich in die prä- und poststationäre Versorgungskette eingebunden. Regelmäßig werden auf Honorarbasis operative Leistungen in größerem Umfang erbracht, die bisher vom klinikeigenen ärztlichen Fachpersonal durchgeführt wurden oder die das Leistungsspektrum der Klinik ergänzen.
Vertragliche Grundlage ist typischerweise ein Dienstvertrag. Durch diesen verpflichtet sich der Arzt zumindest zeitweise zur Erbringung von honorarärztlichen Tätigkeiten (§§ 611 ff. BGB). Aus Sicht des Krankenhauses handelt es sich bei der Einbindung dieser Tätigkeiten um Leistungen Dritter im Sinne von § 2 Absatz 2 KHEntgG: Also um allgemeine Krankenhausleistungen, die der Krankenhausträger auf dienstvertraglichem Wege für sich erbringen lässt.
1. Praxistipp: Vertragsgestaltung
Die Vertragsgestaltung darf aus arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen keinen Rückschluss auf ein Anstellungsverhältnis erlauben. Zum Beispiel ist die Eingliederung in arbeitsteilige Behandlungsgeschehnisse als Bestandteil der geschuldeten Leistung auszuweisen und die Dienstplanabstimmung im gegenseitigen Einvernehmen zu treffen.
Leistungsrechtlich steht deshalb auch die Liquidation des Krankenhausträgers gegenüber den Krankenversicherungen im Vordergrund, selbst wenn die Patienten sich zuvor bei dem Honorararzt in ambulanter Behandlung befunden haben und er deren Einweisung in das Krankenhaus veranlasst hat.
2. Praxistipp: Zuweisungsentgelt
Die Vereinbarung eines sog. Einweisungs- oder Zuweisungsentgeltes für die Vermittlung von Patienten aus der Praxis in die Klinik ist strafrechtlich relevant im Sinne der §§ 299a und 299b StGB und wird berufsrechtlich missbilligt (vgl. § 31 MBO).
Die Vergütung der honorarärztlichen Drittleistung richtet sich primär auf die Fallpauschale und erfolgt über die für die allgemeinen Krankenhausleistungen vorgesehenen Entgelte (§ 7 in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Satz 3 KHEntgG). Bei der Gestaltung der Vergütungsreglung im Innenverhältnis sind die Vertragsparteien demgegenüber nach gefestigter Rechtsprechung frei, das heißt neben zeitbezogenen Vergütungsmodellen können auch tätigkeitsbezogene Regelungen, gegenenfalls unter Einbezug der GOÄ zugrunde gelegt werden.
3. Praxistipp: Honorarärztliche Vergütung
Die Vergütung des Honorararztes darf in keinem wirtschaftlichen Bezug zur Einweisung des Patienten in das Krankenhaus stehen.
Strukturell folgt die Verteilung der zivilvertraglichen Beziehungen zwischen Krankenhaus und Honorararzt den Leistungsverhältnissen auf den Finanzierungsebenen. Hieraus ergibt sich, dass das Krankenhaus mit der stationären Aufnahme des Patienten – auch bezüglich der von ihm veranlassten Leistungen des Honorararztes – über den Behandlungsvertrag die volle Verantwortung für die Versorgung des Patienten übernimmt. Mit anderen Worten: Allein das Krankenhaus unterhält vertragliche Beziehungen zum Patienten.
4. Praxistipp: Vergütung vertragsärztlicher Leistungen
In Ermangelung einer eigenen behandlungsvertraglichen Beziehung zum Patienten verbietet es sich für den Honorararzt einen Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse geltend zu machen. Eine Abweichung vermag die strafrechtliche Bewertung wegen Abrechnungsbetruges im Sinne von § 263 StGB zu begründen.
Im Regelfall ist der Honorararzt als externer Leistungserbringer der Erfüllungsgehilfe des Krankenhausträgers, der dann für dessen Fehler über § 278 BGB vertraglich haftet. Soweit also die Behandlungsverträge – auch bei der Einbindung von Honorar- und Konsiliarärzten – in der Regel zwischen Patient und Krankenhausträger zustande kommen und Letzterer damit im Außenverhältnis auch für das Tun der hinzugezogenen Ärzte haftet, erlangt die Regelung der Haftung im Innenverhältnis zwischen Arzt und Krankenhausträger eine besondere Bedeutung.
Überwiegend sind die niedergelassenen Ärzte selbstständig in einer Einzelpraxis als Freiberufler tätig. Insoweit sind diese Ärzte bei der Ausgestaltung des honorarärztlichen Vertragswerks mit dem Krankenhaus frei und eigenverantwortlich.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn verschiedene Ärzte sich zu einer gemeinsamen Ausübung ihres Berufes zusammengeschlossen haben. Dabei ist die Berufsausübungsgemeinschaft die die engste Form ärztlicher Kooperation. Die in dieser Organisationsform tätigen Ärzte treten nämlich nicht nur gegenüber dem Patienten, sondern auch gegenüber anderen Dritten (Krankenhaus) als einheitliche Rechtsperson auf. Daher wirken etwaige haftungsrechtliche Verpflichtungen nicht nur gegenüber dem unmittelbar behandelnden Honorararzt, finanzielle Entschädigungen können auch von den übrigen – gesamtschuldnerisch haftenden – Mitgliedern der ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft gefordert werden.
5. Praxistipp: Haftung in der Berufsausübungsgemeinschaft
Unterhält nur ein Partner einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft eine honorarärztliche Kooperation sollte im Gesellschaftervertrag ein Risikoausschluss für die übrigen Ärzte vorgenommen werden. Es empfiehlt sich, derartige Risiken von der Haftpflichtversicherung prüfen zu lassen.
Die Ausgestaltung des honorarärztlichen Vertrages kann für die ärztliche Seite ein zusätzliches haftungsrechtliches Problem bergen, wenn die Haftung auf die Seite des hinzugezogenen Arztes verlagert wird, indem das Krankenhaus sich durch eine Vertragsklausel von der Haftung freistellt. Eine solche Vereinbarung kann zu Deckungslücken in der Berufshaftpflichtversicherung des Honorararztes führen. Abgesichert sind immer nur gesetzliche Haftpflichtansprüche des Patienten gegen den behandelnden Arzt. Die Übernahme von rein vertraglichen Haftungstatbeständen ist grundsätzlich nicht Gegenstand der ärztlichen Haftpflichtversicherungen.
Die Auswirkungen sind bedeutsam: Unterzeichnet der Honorararzt eine Klausel zur Haftungsfreistellung des Krankenhauses, übernimmt er die volle vertragliche Haftung und stellt das Krankenhaus und dessen Bedienstete von Schadensersatzansprüchen Dritter frei – und zwar sowohl für das eigene Verschulden als auch für das der Mitarbeiter des Krankenhauses.
6. Praxistipp: Haftung gegenüber dem Krankenhaus
Dem Honorararztvertrag sollte der Hinweis hinzugefügt werden, dass der Honorararzt ausschließlich für seine persönliche ärztliche Leistung gegenüber dem Krankenhaus nach den gesetzlichen Vorschriften haftet.
Vertraglich übernommene gesamtschuldnerische Haftung für alle Leistungen des Krankenhauses werden nicht über die ärztlichen Berufshaftpflichtversicherungsverträge abgesichert. Mit anderen Worten: Das Krankenhaus fordert durch den Honorar- bzw. Konsiliararztvertrag ein Risiko, das für die jeweiligen Ärzte nicht in vollem Umfang absicherbar ist.
7. Praxistipp: Verlagerung des Haftungsrisikos
Es sollte geprüft werden, ob das honorarärztliche Risiko durch die Betriebshaftpflichtversicherung des Krankenhauses mitversichert werden kann.
Auch an anderer Stelle können unerwünschte haftungsrechtliche Folgen befürchtet werden. Das arbeitsteilige Zusammenwirken der Honorarärzte mit dem Stammpersonal des Krankenhauses kann sich mit dem Blick auf die Erfüllung der Aufklärungsverpflichtung als problematisch erweisen. Das ordentliche Aufklärungsgespräch ist eine unumstössliche vertragliche und gesetzliche Pflicht im Medizinbetrieb, die einerseits zur Information des Patienten dient und die andererseits eine notwendige Voraussetzung für dessen meinungsfehlerfreie Einwilligung in den medizinischen Eingriff darstellt. Sollte der Honorararzt nicht selbst das Aufklärungsgespräch führen, hat er die Information des Patienten durch einen ärztlichen Kollegen so darzustellen zu lassen, dass eine vollumfängliche Aufklärung gewährleistet ist. Sofern die Aufklärung vom Honorararzt delegiert wird, sollten diesbezüglich klare Absprachen, Kompetenzverteilungen und Organisationsanweisungen getroffen werden. Aufklärungsversäumnisse werden dem Haftungskreis des Honorararztes zugerechnet.
8. Praxistipp: Aufklärung
Im Bezug auf die Aufklärungsversäumnisse sollte im Honorararztvertrag auch festgeschrieben werden, dass nur die gesetzliche Haftung übernommen wird. Außerdem sollte im Honorararztvertrag auf eine spezielle Aufklärungspflicht verzichtet werden.
Denkbar ist aber auch, dass dem Honorararzt selbst Fehler in der Aufklärung unterlaufen, etwa weil er nicht die gebotenen Aufklärungsbögen verwendet, zu denen sich das Krankenhaus gegenüber dem Haftpflichtversicherer verpflichtet hat. Einerseits soll durch die Verwendung derartiger qualitätsgesicherten Standardformulare die Gefahr von Aufklärungsversäumnissen minimiert werden und andererseits verspricht die Verwendung dem Versicherten einen Prämiennachlass. Die Kehrseite hiervon ist der Verlust des Deckungsschutzes bei Nichtverwendung.
Die guten Verdienstmöglichkeiten, die Konzentration auf die eigene medizinische Kompetenz und die flexible Einteilung der Arbeitszeiten machen die Tätigkeit als Honorararzt für viele Fachärzte attraktiv. Gleichwohl ist bei der vertraglichen Ausgestaltung der Kooperation zwischen dem Krankenhaus und dem Honorararzt auf eine faire Verteilung der Verantwortlichkeiten zu achten. Aufgrund der Vielfältigkeit der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten und der spezifischen Risiken aus den unterschiedlichen fachärztlichen Tätigkeiten ist eine generelle Beschreibung aller Optionen kaum möglich. Die Überprüfung der individuellen Vereinbarung sollte daher immer einer haftungs- und versicherungsrechtlichen Einzelfallprüfung vorbehalten sein.
Quelle: Jörg Brehmer, Inhaber, TQM-Assessor/Fachwirt (IHK), MedicoRisk GmbH, Heilbronn. Michael Schanz, Dipl.-Jurist und Chefredakteur, G&S Verlag GbR, Köln