Therapien mit Tieren sind längst etabliert. Die Bilder von Delfinen, die zusammen mit kranken Kindern und Menschen mit Behinderungen schwimmen, hat sicherlich jeder schon einmal gesehen. Mensch und Tier bilden dabei eine Einheit. Das Konzept der tiergestützten Therapie will genau das erzielen. Die fröhlichen und lebhaften Verhaltensweisen des Tieres sollen sich positiv auf das Wohl der Patientinnen und Patienten auswirken und die Probleme des Alltags kurzzeitig vergessen machen.
Auch in der Pflege hat die Tierwelt bereits Einzug gefunden. Die Tiere dort sind nicht ganz so exotisch – und zudem meist kleiner – zaubern den Heimbewohnern und ‑bewohnerinnen jedoch stets ein Lächeln ins Gesicht.
Tiere in der Pflege – was ist zu beachten?
In der Pflege werden hier und dort unterschiedliche Tiere zur Aufheiterung der Patientinnen und Patienten eingesetzt. Gerade in der stationären oder ambulanten Altenversorgung oder bei der Behandlung von Menschen mit Demenz hat sich der Einsatz der flauschigen Vierbeiner bewährt.
Am häufigsten werden in Pflege- und Therapieeinrichtungen dabei Hunde eingesetzt. Auch Katzen, Fische, Vögel, wie zum Beispiel Wellensittiche, und Kleintiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen sind in manchen Einrichtungen zu finden. In Niederösterreich gab es zuletzt sogar einen organisierten Besuch zweier Pferde, die im Garten der Pflegeeinrichtung gestreichelt und bewundert werden durften.
Die Wirkung, bzw. der Nutzen der Tiere, hängt natürlich auch vom körperlichen Zustand der Bewohnerinnen und Bewohner ab. Grundsätzlich entscheidet natürlich die Heimleitung über die Art und die Einsatzbereiche des Tieres. Es sollte darauf geachtet werden, keine Jungtiere einzusetzen, die erst noch erzogen werden müssen, sondern lieber auf erwachsene, bereits an Menschen gewöhnte Tiere zurückzugreifen.
Die Einsatzmöglichkeiten der Tiere sind dabei verschieden. Die Vierbeiner können dauerhaft in der Einrichtung leben, entweder im Wohnbereich (z.B. Katzen oder Kaninchen) oder im Außenbereich (z.B. Hühner, Enten oder Ziegen). Sie können aber auch zu Gruppensitzungen oder Spaziergängen als „Gast“ dazu geholt werden. In manchen Einrichtungen ist es auch erlaubt, seine eigenen Haustiere mitzubringen oder sich in seinem Zimmer für ein paar Stunden um die Heimtiere zu kümmern.
Ist letzteres der Fall, eignen sich Käfigtiere wie Kaninchen, Hamster oder Vögel besser für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder kognitiven Mängeln. Auch Katzen bedürfen relativ wenig Pflege und Hingabe, sollten aber dennoch von Menschen beaufsichtigt werden, die nicht gerade bettlägerig sind. Hunde benötigen viel Aufmerksamkeit und Zuneigung, weswegen sie auch häufig in Gruppensitzungen zum Einsatz kommen.
Selbiges Prinzip gilt natürlich auch in der Heimpflege. Sind die Pflegebedürftigen nicht mobil genug, um sich um das Tier zu kümmern, fällt beispielsweise das Gassigehen schwer oder erweist sich gar als unmöglich, sollte man von Tieren absehen, die genau so viel Pflege benötigen, wie die zu pflegende Person selbst.
Generell gilt daher: Tiergestützte Therapien und Pflege sollten nicht unbeaufsichtigt und von geschultem Personal durchgeführt werden, um den optimalen Nutzen zu erzielen.
Warum gerade alte Menschen Tiere brauchen
2017 lebten in Deutschland über 34 Millionen Hunde, Katzen, Ziervögel und Kleinsäuger an der Seite der Menschen. Fast jeder In jedem vierten Haustier-Haushalt weisen die Besitzer dabei ein Alter von über 60 Jahre auf.
Dass sich Menschen gerne der Gesellschaft von Tieren erfreuen ist seit Ewigkeiten bekannt. Jedoch haben Tiere vor allem auf ältere Menschen noch einmal eine speziellere Wirkung.
„Haustiere vermögen einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung, mindestens aber zur Milderung und Verminderung der Risikofaktoren des Alterns und damit zur Steigerung von Lebensqualität und Wohlbefinden zu leisten.“
Prof. Dr. Reinhold Bergler
Tiere wirken „ganzheitlich“, also sowohl auf körperlicher, geistiger, seelischer und sozialer Ebene. Konkret helfen Tiere älteren Menschen in folgenden Punkten:
- Loyalität: Tiere sind treu und bleiben stets an der Seite ihres Menschen. Dadurch sinkt das Risiko des Gefühls der Vereinsamung.
- Lebensfreude: Tiere besitzen einen hohen Aufforderungscharakter. Sie verkörpern Spaß und Lebensfreude, animieren zum Spielen und lenken so vom stressigen Alltag ab.
- Kontakt: Nicht nur der Kontakt zwischen Mensch und Tier tut beiden Individuen gut. Tiere verbinden auch Menschen miteinander, bringen Sympathiepunkte und ziehen die Aufmerksamkeit auch auf ihre Herrchen oder Frauchen. Sei es beim Gassigehen oder bei einer gemeinsamen Therapiesitzung.
- Akzeptanz: Tiere urteilen nicht nach äußeren oder innerlichen Merkmalen, die sich im Alter ergeben. Tiere brauchen nicht nur Zuneigung, sie verteilen diese auch nicht zu knapp an ihre Mitmenschen.
- Fit in Geist, Körper…: Tiere halten ihre Menschen auf Trab. Ihr Dasein sorgt für eine strukturierte Tagesplanung. Hundebesitzerinnen und ‑besitzer müssen mit ihrem vierbeinigen freund zudem stets nach draußen. Das alles hält mobil – und geistig fit.
- …und Seele: Zudem geben Tiere den Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden und geben dem Leben älterer Menschen häufig ihren „Sinn“ und eine Aufgabe zurück. Dies sorgt auch für eine deutlich verbesserte Selbstwahrnehmung der Seniorinnen und Senioren und für mehr Zufriedenheit.
Übrigens profitieren auch die Pflegekräfte in den Einrichtungen vom Einsatz der Vierbeiner. Die Stressbefreitheit und Lebensfreude, die die Tiere bei den Bewohnerinnen und Bewohnern auslösen überträgt sich nachweislich auch auf das Personal. Die Tiere nehmen einen Teil der Arbeitsbelastung auf sich, „kümmern“ sich quasi selbst um die Menschen und treten mit diesen in Kontakt.
Hunde als Psychiater und Gesprächspartner
Der Hund gilt gemeinhin als der beste Freund des Menschen. Und auch seinen therapeutischen Wert konnte der Hund bereits nachweisen.
In einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Fulda kommen seit kurzem drei Therapie-Hunde in der Therapie zum Einsatz. Gerade Patientinnen und Patienten in psychiatrischen Einrichtungen mit Antriebsschwäche, Sprachbarrieren, Depressionen, Ängsten oder kognitiven Einschränkungen würden von einer tiergestützten Therapie mit Hunden enorm profitieren, heißt es. Durch den Kontakt zwischen Mensch und Tier wird beim Menschen das „Bindungshormon“ Oxytocin ausgeschüttet, welches für Wohlbefinden, Entspannung und Stressbefreiung sorgt. Die tiergestützte Therapie ist ein Weg für die Erkrankten, über ihre Probleme zu reden und zu verarbeiten.
In der Klinik wurden bereits in früheren Jahren tiergestützte Therapien durchgeführt. So habe man festgestellt, dass sich auch Pferde hervorragend als „Co-Therapeuten“ eignen. Sie gelten als äußerst sensibel und aufgeweckt und nehmen Signale aus ihrer Umwelt besonders gut wahr. Der Nachteil: Eine Therapie mit Pferden ist nur für mobile Patientinnen und Patienten geeignet, weshalb die Behandlung nun mit den drei Hunden erfolgt. Diese sind speziell für die Therapie ausgebildet und kommen in verschiedenen Bereichen zum Einsatz:
- Hündin Ronja betreut Menschen mit Störungen im sensomotorischen Bereich, die sich nach Körperkontakt sehnen
- Rüde Joel wurde für Patientinnen und Patienten mit verlangsamter Motorik und Antriebsschwäche ausgebildet
- Rüde Brutus therapiert die bettlägerigen, beziehungsweise im Rollstuhl sitzenden Menschen
In der Pflege hat sich der Einsatz von Hunden besonders bei Menschen mit Demenz bezahlt gemacht. Die Tiere regen die geistigen und motorischen Fähigkeiten der Demenzerkrankten an und verbreiten Freude. Viele Patientinnen und Patienten erinnern sich möglicherweise an frühere Haustiere oder knüpfen durch den Hund Kontakte zu anderen Heimbewohnerinnen und ‑bewohnern. Zudem erleichtern sie durch ihre Anwesenheit die Kommunikation zwischen Pflegekraft und der zu pflegenden Person.
Lachende Lamas zum Anfassen
Lamas sind vielleicht die „Trendtiere“ der letzten paar Jahre. Kein Wunder, schließlich sehen sie ja auch durchaus witzig aus – als würden sie pausenlos grinsen. Auch Lamas werden mittlerweile vermehrt für Therapien im psychosomatischen Bereich eingesetzt.
Lamas gelten als ruhig und gelassen. Sie eignen sich daher gut zur ersten Kontaktherstellung mit Menschen, die sich vor Tieren fürchten, oder sonstige Ängste haben. Bei einer gemeinsamen Lama-Wanderung lernen Patientinnen und Patienten mit geistigen Einschränkungen oder psychischen Krankheiten, durch den Bezug zum Tier über ihre Situation zu sprechen. Über die positive Beziehung zwischen Mensch und Lama sollen zudem soziale Kompetenzen gefördert werden.
Und egal, wie düster es in den Köpfen der Patienten auch aussehen mag. Das Lama lacht am Ende immer.