Die Hygienestandards für die Aufbereitung von Wäsche aus dem Gesundheitswesen werden seit dem Jahr 1986 durch das RAL-Hygienezeugnis nach RAL-GZ 992/2 definiert und dienen den Klinik-Verantwortlichen als Nachweis für die Erfüllung der Anforderungen des Robert Koch-Instituts bei der Vergabe von Wäsche an externe Wäschereien.
Diese Aspekte des Hygienemanagements und der Prozessvalidierung können Textilservicebetriebe zudem über die Zertifizierung gemäß der Europäischen Norm EN 14065 „RABC – Risikoanalyse Biokontamination“ darlegen. In den täglichen Leistungen des Textilservice geht es um mehr als nur um Beschaffung und Bewirtschaftung, oft wird auch ein großer Teil der klinikinternen Leistungsprozesse bis hin zur Bereitstellung am Bett oder an der OP-Tür vom Dienstleister übernommen.
Bedarfsgerechte Wäscheversorgung im Vordergrund
Die neue RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) hat das preissensible Geschäft des Textilservice revolutioniert. Die hierdurch geschaffene Transparenz des textilen Warenstroms ist ein Schlüsselfaktor für die kundenseitige Akzeptanz von neuen Logistik- und Rechnungsmodellen.
Durch die Lebensdauerkennzeichnung von textilen Artikeln mit RFID-Transpondern wird die Einzelteil-Identifikation von textilen Artikeln an allen Finish-Stationen des Wäschereibetriebs und den Liefer- und Verbrauchsstellen der Kunden ermöglicht.
Seither sind Anzahl und Art der gelieferten Textilien automatisch, berührungslos und exakt identifiziert und das zu jedem Zeitpunkt. Inventurergebnisse, variable Mietpreisgestaltungen, Schwund-Monitoring und Restwertberechnung können nunmehr in die Wirtschaftlichkeitsberechnung miteinbezogen werden. Das hat erheblichen Einfluss auf die Vertragsgestaltung von Dauerlieferverträgen, die nun ohne Sicherheitsklauseln auskommen können.
Mehrweg auf dem Vormarsch
COVID-19 hat gezeigt, wie verletzlich auch sicher geglaubte Versorgungsprozesse sind: Die rein wirtschaftliche Betrachtung der Auslagerung von Herstellungs- und Transportprozessen aus den angeblich lohnkostenintensiven Ländern greift im Krisenfall zu kurz. Die Einkaufsabteilungen der Krankenhäuser haben pandemiebedingt vermehrt auf die regionalen Anbieter von Mehrweg-OP-Textilien zurückgegriffen.
Man hat erkannt, dass Mehrweg-Textilien im Gesundheitsdienst hygienische Sicherheit auf nachhaltigem Wege gewährleisten und durch die Müllvermeidung regionale Kreislaufwirtschaft fördern.
Für die Bedarfsdeckung einer Einrichtung mit Mehrweg-OP-Textilien ist es dabei nicht unbedingt erforderlich, dass jeder Dienstleister das komplette Textilservice-Portfolio im eigenen Betrieb erbringt.
Um der erhöhten Nachfrage nach Mehrweg-OP-Textilien überall gerecht werden zu können, haben sich qualifizierte Partner zusammen getan, um die speziellen Infrastrukturen zur Aufbereitung von Medizinprodukten bestmöglich zu nutzen. Auf diesem Wege entstehen intelligente Kreislauf-Versorgungsmodelle.
Der Textilservice als qualifizierter Ansprechpartner
Textilserviceunternehmen wissen aufgrund ihrer Einbindung und Güte- und Qualitätsmanagementsysteme sehr viel über hygienische Aspekte und Prozesse auch im Kundenumfeld.
Die offensive Kommunikation dieser Expertise und das Kooperationsangebot z.B. mit der Krankenhaushygiene können zu einer engere Kundenbindung auf Augenhöhe führen und ein guter Anknüpfpunkt für Anbieter von qualifizierten Textilserviceleistungen sein.
Die wichtigsten Punkte der Diskussion:
- Hygienegesichertes Handling von Textilien bis zur Verbrauchsstelle
- Lagerdauer von Textilien auf den Verbrauchsstellen
- bedarfsweise Aktualisierung der Entsorgungspläne
- Analyse von statistisch verdichteten Realdaten zum Berufskleidungs-Wechselverhalten verschiedener Berufsgruppen in versorgten Einrichtungen zu Schulungsangeboten zur Textilhygiene für KH-interne Lehrgänge für „Hygienebeauftragte“
- Angebote für Betriebsbesichtigungen
Es gibt viele Möglichkeiten, die Qualifikationen in der Textilversorgung in der täglichen Versorgung sicht- und nutzbar werden zu lassen.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Die Textilservice-Betriebe nehmen ihre ökologische Verantwortung seit vielen Jahren sehr ernst und gelten unter Experten als nachhaltig, weil sie in Kreisläufen angelegt sind. Zum einen sorgen viele Abwasserbehandlungs- und Einleitungsvorgaben heute schon für ein technisch sehr hohes Schutzniveau, zum anderen werden in regionalen Wirtschaftskreisläufen moderne Gewebekonstruktionen aufbereitet, wie z.B. bei persönlicher Schutzausrüstung.
Durch den Fokus auf die Langlebigkeit der Textilien können die Aufbereitungsprozesse als Leuchtturmprojekte der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gelten. Einzig in der öffentlichen Darstellung muss dies noch selbstbewusster herausgestellt werden.
Gute Zukunftsaussichten
Die bundesweite Nachfrage nach stationären Behandlungs- und Pflegeleistungen wird in Krankenhäusern und Pflegeheimen in den kommenden Jahren weiter steigen. Ebenso dynamisch wachsen werden die ambulanten und häuslichen Bereiche. Der Textilservice wird in all diesen Sektoren eine zentrale Bedeutung einnehmen.
Während die stationären Bereiche zunehmend mit intelligenten Ergänzungen klassischer Dienstleistungselemente versorgt werden, bieten die notwendigen Leistungsanpassungen und logistischen Strukturen für die ambulanten und häuslichen Bereiche ein weites Betätigungsfeld für innovative Dienstleister und ihre Geschäftsmodelle. Der Branchenverband DTV bereitet zusammen mit der Hochschule Rhein-Waal die Studie „Health and Care textile 2035“ vor. Sie wird die hierfür marktbestimmenden Faktoren identifizieren.
Von Sven Schöppe