Die Produktion und der Verbrauch von Textilien sind in der Europäischen Union die viertgrößte Quelle negativer Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima. Jedes Jahr werden in Europa 5,8 Mio. Tonnen Textilien entsorgt. Insbesondere im Bereich von modeorientierten Textilien bestimmter Handelsketten hat sich nach einer repräsentativen Umfrage von Greenpeace aus dem Jahr 2022 gezeigt, dass 17% solcher Textilien nur maximal zweimal getragen werden. Danach folgt die Entsorgung.
Kreislaufwirtschaftssystem Textilservice
Im klaren Gegensatz dazu stehen die Kreislaufwirtschaftssysteme der textilen Vollversorger, die sich auf die Bedarfe der deutschen Gesundheitseinrichtungen spezialisiert haben. Zum Leistungsumfang dieser Textilservice-Anbieter zählen die sichere Abtötung von Keimen und Viren sowie die Verhinderung der Re-Kontaminiation von aufbereiteter durch schmutzige Wäsche, etwa durch technische, logistische und bauliche Vorkehrungen.
Die textile Vollversorgung weist heutzutage aber weitaus mehr auf als das reine Waschen: die Beschaffung geeigneter Textilien, die Bewirtschaftung von Bekleidungssystemen, die Reparatur, der Austausch und die vollständige Ver- und Entsorgungslogistik werden dem Leistungsspektrum ebenso zugerechnet wie die Zurverfügungsstellung von textilen Medizinprodukten oder Reinigungstextilien, die Anwendungsberatung und das Controlling sowie die Einrichtung technischer Ausgabesysteme für Textilien.
Der Textilservice erfüllt damit damit bereits seit vielen Jahren die Voraussetzungen, um wesentliche Kernziele der europäischen Strategie in einer nachhaltigen Versorgung im Gesundheitswesen umzusetzen.
Nachhaltige Textilien verkleinern den ökologischen Fußabdruck
Die gesamte Textilversorgung umfasst einen Großteil des Warenstroms eines Krankenhauses und hat folglich einen erheblichen Einfluss auf dessen ökologischen Fußabdruck.
Nachhaltige, langlebige und qualitativ hochwertige Produkte, so zeigen es alle maßgeblichen Untersuchungen, sind in jedem Fall die bessere Wahl. Dieser Grundsatz ist der Orientierungsrahmen für eine moderne Produktpolitik des Textilservice und bildet die Grundlage für den Krankenhauseinkauf der Zukunft. Der Einsatz von Textilien aus überprüfbarer, ökologisch und sozial einwandfreier Herstellung stellt somit einen wichtigen Bestandteil moderner Versorgungsstrukturen dar.
Innovative Produkte zeichnen sich im gewerblichen Textilbereich längst dadurch aus, dass sie die Belastung der Umwelt und die Wiedergewinnung von Ressourcen berücksichtigen. Mit dem Siegel „Grüner Knopf“ zertifiziert das Bundesministerium für witschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Produkte von Unternehmen, die Verantwortung in der Textillieferkette übernehmen. Neben den Anforderungen an die unternehmerischen Sorgfaltspflichten wird durch das Siegel zu einem erheblichen Grad auch die europäische Forderung nach rückverfolgbaren Lieferketten und Herstellungsorten nachgewiesen.
Das staatliche Siegel gibt zudem ein wichtiges Signal für die Vergabe von Aufträgen aus der öffentlichen Hand, weil hierdurch die Ausschreibungskriterien der EU-Kommission abgebildet werden.
Innovativer Vorreiter
Dass die Branche schon längst das Produktdesign einer veränderten Betrachtung unterzieht, lässt sich am Beispiel der innovativen Bekleidungssysteme verdeutlichen. Durch die Einführung von Pflegebekleidung aus Lyocell durch große Textilversorger im Gesundheitswesen im Jahr 2015 besteht heute ein nennenswerter Anteil der Berufsbekleidung im Gesundheitswesen aus regionalen, ressourcenschonend gewonnen Rohstoffen.
Der Grundstoff für das hochwertige Lyocel-Gewebe ist Holz aus nachhaltiger deutscher und österreichischer Forstwirtschaft sowie zunehmend auch Anteile aus Resten der Holzindustrie. Der nachhaltige Anbau und Verzicht auf Pestizide bilden die Grundlage für eine umweltschonende Rohstoffgewinnung. Der gesamte Rohstoffkreislauf samt Herstellungsverfahren ist innereuropäisch ausgerichtet, wodurch die Emissionsbelastung durch Transporte erheblich gemindert wird.
Grundsätzlich zeichnen sich durch den Textilservice verwendete Produkte qualitativ durch Ihre Robustheit und Langlebigkeit aus – sie sind für den dauerhaften zirkulären Einsatz konzipiert.
Mit dem Blick auf die Schließung der Rohstoffkreisläufe sind in den vergangenen Jahren mit Beteiligung von Textilserviceunternehmen vielversprechende Entwicklungen gemacht worden. Die Studiendesigns setzten stets das Lebensende der Produkte als Ausgangspunkt und griffen damit die Forderung der EU-Strategie auf.
Zu nennen ist die Entwicklung einsatzfähiger und zertifizierter Bekleidungssysteme, die auf dem umweltfreundlichen „Cradle-to-Cradle“-Ansatz beruhen und ohne Abfallrückstände auskommen. Abbaubare Stoffe in speziellen Biokompostoren bieten nicht nur eine Antwort auf die Frage der Entsorgung, sondern lassen sich auch als Lösung gegen das aufkommende Problem von Mikroplastik heranziehen.
Andere Initiativen aus der Branche setzen sich mit dem gezielten Recycling ausgedienter Textilien auseinander. Die Textil-Hersteller sollen beispielsweise zur Rücknahme der Textilabfälle verpflichtet werden, eine getrennte Sammlung von Alttextilien hat die EU-Kommission bereits für den 1. Januar 2025 als verpflichtend beschlossen.
Daneben wird die EU-Kommission verbindliche Ziele für kreislauforientierte Geschäftsmodelle erstellen. In Kooperationen aus Herstellern, Lieferanten, Textilserviceunternehmen und Recyclern befinden sich erste Sammel‑, Sortier- und Recyclingsysteme für Alttextilien im Aufbau.
Mit dem Aufbau dieser neuen Wertschöpfungsketten werden die recycelten Rohstoffe als Ausgangsstoffe für neue Textilien wieder in den Umlauf gebracht, womit die Reduzierung erheblicher Abfallmengen und das Einsparen von Wasser und CO2 verbunden ist.
Ausblick
Weil Mietmodelle bzw. Product-as-a-Service-Modelle (PaaS), wie der Textilservice in der EU-Strategie explizit als zirkuläre Geschäftsmodelle angesehen werden, lassen sie sich für die Gestaltung von nachhaltigen Versorgungsprozessen geradezu vorbildhaft darstellen. Für komplette Artikelgruppen bestehen vollständige, in sich geschlossene Kreislaufsysteme.
Diese bilden den ganzheitlichen Wirkungszusammenhang ab. In der Branche wurden elementare Weichen gestellt, um die Herausforderungen der neuen Nachhaltigkeitsszenarien zu erfüllen.
Mit dem Textilservice als Partner kann auf diese Weise die europäische Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien in den Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen gut umgesetzt werden.
Von Moritz Schäpsmeier