Der unter einer Polyneuropathie leidende, im Elektrorollstuhl sitzende Kläger nahm nach einem vorangegangenen Arbeitsunfall an einer stationären medizinischen Rehabilitation teil.
Der Sturzablauf war reichlich kurios: Als er im Speisesaal der Krankenhaus-Kantine in der Schlange an der Essensausgabe stand, erhielt er plötzlich einen Stoß von hinten. Er berührte vor lauter Schreck den Steuerungsknauf seines Elektrorollstuhls; das Gefährt setzte sich in Bewegung. Daraufhin setzte er instinktiv den Fuß auf den Boden, um die Beschleunigung abzubremsen – und fiel dabei aus seinem Rollstuhl. Beim Sturz zog er sich eine Fraktur des Sprunggelenks zu.
„Sturz in der Kantine ist kein Arbeitsunfall“
Die Berufsgenossenschaft, welche die Reha-Maßnahme an sich finanzierte, wies die Klinik an, ihr weder Behandlung noch Anschluss-Rehabilitation in Rechnung zu stellen – da das Ereignis nicht als Arbeitsunfall zu werten sei: Wie auch auf der Arbeit, sei zwar der Hin- und Rückweg zur Kantine versichert, nicht jedoch Kantinen-Aufenthalt und das Essen an sich. Somit sei der Sturz dem „unversicherten Lebensbereich“ zuzurechnen.
Dagegen reichte der Patient Klage ein: In der Klinik sei es der Normalfall, dass Patienten die Kantine nutzen. Außerdem gehöre es – wie er sich durch den Chefarzt schriftlich bestätigen ließ – gerade zum Therapiekonzept, dass die Patienten gemeinsam in der Kantine essen, um sie zur Teilnahme am gemeinschaftlichen Leben innerhalb des Hauses zu motivieren.
„Kein innerer Zusammenhang“
Das Sozialgericht schloss sich jedoch der Ansicht der Berufsgenossenschaft an: Denn für die Wertung als Arbeitsunfall fehle der „innere Zusammenhang“. So seien analog auch in einer Firmenkantine Essen und Trinken nicht der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen; ein nur zeitlicher und örtlicher Zusammenhang – der Aufenthalt in der Firma beziehungsweise hier der Reha-Klinik – reiche gerade nicht aus. Anders könne es allenfalls aussehen, wenn die Einnahme der Mahlzeiten in der Krankenhaus-Kantine ärztlich zwingend vorgeschrieben oder aus medizinischen Gründen erforderlich sei.
An der Fall-Bewertung ändere auch die eingeschränkte Mobilität des Klägers nichts, ebenso wenig wie die angeführte therapeutische Komponente des Kantinen-Aufenthalts: Zwar können die Patienten von der Teilnahme am sozialen Leben innerhalb der Klinik profitieren; dass das gemeinsame Essen behandlungstechnisch geboten sei, davon könne jedoch keine Rede sein.
Das Urteil zum Sturz in der Kantine ist noch nicht rechtskräftig; eine Berufung zum Landesozialgericht NRW möglich.