Das Landgericht (LG) Köln traf erst kürzlich eine Entscheidung in einem Fall, bei dem eine Krankenhaus-Besucherin auf unglückliche Art und Weise stürzte (Az.: 2 O 93/19). Als sie den Aufzug in der zweiten Etage des Krankenhauses nehmen wollte, sah sie den Verbindungsholm zwischen zwei in der Nähe stehenden Sitzbänken nicht, da sie den Blick ausschließlich auf den Fahrstuhl richtete. Sie stolperte darüber und verletzte sich. Sie bemängelte, dass der Verbindungsholm nicht zu erkennen war, insbesondere weil er dieselbe Farbe wie der Bodenbelag hatte. Sie war der Ansicht, dass dieser Verbindungsholm eine zu sichernde Gefahrenquelle gewesen sei und machte deshalb ein Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche gegenüber dem Krankenhausträger geltend.
Stellt sich die Frage, ob der Krankenhaus-Betreiber (der Verkehrssicherungspflichtige) sämtliche Gefahren dieser Art ausräumen muss? Tatsächlich muss der Verkehrssicherungspflichtige Gefahren ausräumen und ggf. vor diesen warnen – aber auch nur diejenigen, die für den Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. BGHVersR 1979, S. 1055). Grundsätzlich muss sich der Benutzer auch den gegebenen Voraussetzungen anpassen und den Verkehrsweg so hinnehmen, wie er sich ihm erkennbar darbietet. Eine vollkommene Verkehrssicherheit, die jeden Unfall ausschließt, lässt sich jedenfalls mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen nicht erreichen.
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht oder allgemeines Lebensrisiko?
Das Landgericht kam daher zu dem Schluss, dass es sich bei der Sitzbank nicht um eine Stolperfalle handelte, mit welcher der Krankenhaus-Betreiber die Verkehrssicherungspflicht verletzt worden war. Eine gewisse Aufmerksamkeit für die eigene Sicherheit und das Einstellen auf die Krankenhaus typischen Risiken, die nie völlig von Betreibern ausgeräumt werden können, dürfen erwartet werden. Dazu zählen neben Krankenbetten und medizinischen Geräten auch aufgestellte Sitzgruppen für Besucher und Patienten. Da die Besucherin den Blick ausschließlich auf den Aufzug richtete, war diese nötige Aufmerksamkeit von ihr nicht gegeben. Eine Beseitigung der Sitzholme oder eine Warnung vor diesen ist also nicht notwendig gewesen. In solch einem Fall realisiert sich das allgemeine Lebensrisiko einer möglichen Verletzung, das jedoch nicht im Wege der Verkehrssicherungspflicht auf Dritte abgewälzt werden darf.
Es besteht auf Seiten des Krankenhaus-Betreibers also keine Verpflichtung, vor derart offensichtlichen Gefahren zu schützen. Auch kann nicht erwartet werden, dass der Betreiber von Krankenhäusern seine Besucher vor sämtlichen potenziellen Gefahrenquellen schützt und diese entschärft. Eine so umfassende Verkehrssicherungspflicht würde sich als unverhältnismäßig und daher unzumutbar darstellen.
Quelle: LG Köln vom 23. Januar 2020 – 2 O 93/19 = RDG 2020, S. 196–198.