Wartebereich mit Sitzbankreihen in einem Krankenhaus. (Symbolbild)
Warte­be­reich mit Sitzbank­rei­hen in einem Kranken­haus. (Symbol­bild) Bild: Photo 104356413 © Jacek Sopot­ni­cki – Dreamstime.com

Das Landge­richt (LG) Köln traf erst kürzlich eine Entschei­dung in einem Fall, bei dem eine Kranken­haus-Besuche­rin auf unglück­li­che Art und Weise stürzte (Az.: 2 O 93/19). Als sie den Aufzug in der zweiten Etage des Kranken­hau­ses nehmen wollte, sah sie den Verbin­dungs­holm zwischen zwei in der Nähe stehen­den Sitzbän­ken nicht, da sie den Blick ausschließ­lich auf den Fahrstuhl richtete. Sie stolperte darüber und verletzte sich. Sie bemän­gelte, dass der Verbin­dungs­holm nicht zu erken­nen war, insbe­son­dere weil er dieselbe Farbe wie der Boden­be­lag hatte. Sie war der Ansicht, dass dieser Verbin­dungs­holm eine zu sichernde Gefah­ren­quelle gewesen sei und machte deshalb ein Schmer­zens­geld- und Schadens­er­satz­an­sprü­che gegen­über dem Kranken­haus­trä­ger geltend.

Stellt sich die Frage, ob der Kranken­haus-Betrei­ber (der Verkehrs­si­che­rungs­pflich­tige) sämtli­che Gefah­ren dieser Art ausräu­men muss? Tatsäch­lich muss der Verkehrs­si­che­rungs­pflich­tige Gefah­ren ausräu­men und ggf. vor diesen warnen – aber auch nur dieje­ni­gen, die für den Benut­zer nicht oder nicht recht­zei­tig erkenn­bar sind und auf die er sich nicht oder nicht recht­zei­tig einzu­rich­ten vermag (vgl. BGHVersR 1979, S. 1055). Grund­sätz­lich muss sich der Benut­zer auch den gegebe­nen Voraus­set­zun­gen anpas­sen und den Verkehrs­weg so hinneh­men, wie er sich ihm erkenn­bar darbie­tet. Eine vollkom­mene Verkehrs­si­cher­heit, die jeden Unfall ausschließt, lässt sich jeden­falls mit wirtschaft­lich zumut­ba­ren Maßnah­men nicht errei­chen.

Verlet­zung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht oder allge­mei­nes Lebens­ri­siko?

Das Landge­richt kam daher zu dem Schluss, dass es sich bei der Sitzbank nicht um eine Stolper­falle handelte, mit welcher der Kranken­haus-Betrei­ber die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt worden war. Eine gewisse Aufmerk­sam­keit für die eigene Sicher­heit und das Einstel­len auf die Kranken­haus typischen Risiken, die nie völlig von Betrei­bern ausge­räumt werden können, dürfen erwar­tet werden. Dazu zählen neben Kranken­bet­ten und medizi­ni­schen Geräten auch aufge­stellte Sitzgrup­pen für Besucher und Patien­ten. Da die Besuche­rin den Blick ausschließ­lich auf den Aufzug richtete, war diese nötige Aufmerk­sam­keit von ihr nicht gegeben. Eine Besei­ti­gung der Sitzholme oder eine Warnung vor diesen ist also nicht notwen­dig gewesen. In solch einem Fall reali­siert sich das allge­meine Lebens­ri­siko einer mögli­chen Verlet­zung, das jedoch nicht im Wege der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht auf Dritte abgewälzt werden darf.

Es besteht auf Seiten des Kranken­haus-Betrei­bers also keine Verpflich­tung, vor derart offen­sicht­li­chen Gefah­ren zu schüt­zen. Auch kann nicht erwar­tet werden, dass der Betrei­ber von Kranken­häu­sern seine Besucher vor sämtli­chen poten­zi­el­len Gefah­ren­quel­len schützt und diese entschärft. Eine so umfas­sende Verkehrs­si­che­rungs­pflicht würde sich als unver­hält­nis­mä­ßig und daher unzumut­bar darstel­len.

Quelle: LG Köln vom 23. Januar 2020 – 2 O 93/19 = RDG 2020, S. 196–198.