Wenige Tage vor Inkrafttreten der Corona-Impfpflicht für das Pflegepersonal in Gesundheitseinrichtungen birgt eine Studie zu den Konsequenzen für die Versorgung viel Sprengstoff: Sollten Betretungsverbote für ungeimpfte Beschäftigte tatsächlich konsequent durchgezogen werden, würden die Kapazitäten dramatisch sinken. Laut der Ausarbeitung der Berliner Alice-Salomon-Hochschule (ASH) ist zu befürchten, dass die Einrichtungen wegen der dann zwangsweise ausscheidenden Beschäftigten im Bundesdurchschnitt 15,3 Prozent weniger Menschen pflegerisch versorgen können werden. Aufgrund der Ergebnissen der Umfrage empfehlen die Studien-Autoren um Prof. Dr. Johannes Gräske und Theresa A. Forbrig der Politik, stärker gezielte Aufklärung zu betreiben, sowie Notfallpläne zu entwickeln, falls die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann.
Besonders hoch ist der prognostizierte Rückgang in der ambulanten Pflege mit 19,9 Prozent. In der stationären Langzeitpflege ist der Rückgang der Betreuungs-Kapazitäten mit 5,9 Prozent dagegen vergleichsweise moderat. Die Krankenhäuser liegen mit einem Minus von 13,1 Prozent in der Mitte zwischen den beiden Zweigen der Pflege. Bezogen auf die einzelnen Versorgungsformen würde das laut der Studienautoren bedeuten, dass in der ambulanten Pflege rund 200.000, in der stationären rund 50.000 Plätze wegfielen. In den Krankenhäusern könnten demnach – aufgrund der erheblich höheren Patientenzahlen – sogar 2,5 Millionen Behandlungsfälle nicht mehr pflegerisch versorgt werden.
Studie: Neue Bundesländer besonders betroffen
Erwartungsgemäß zeigt sich außerdem – wie schon die Impfquoten der Bundesländer nahelegen – ein deutliches Ost-West- sowie Süd-Nord-Gefälle innerhalb Deutschlands. So fallen in Sachsen (31,3 Prozent), Brandenburg (21,9) und Thüringen (21,5) die Rückgänge besonders dramatisch aus, wenn Betretungsverbote für ungeimpfte Beschäftigte in Kraft treten. Auch Sachsen-Anhalt, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg liegen über dem Bundesschnitt.
Für die am 25. Februar veröffentlichte Studie befragte die Berliner Hochschule zwischen dem 23. Januar und 15. Februar bundesweit ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser. Insgesamt 1823 ausgefüllte Fragebögen flossen in die Erhebung ein, von Einrichtungen, die insgesamt 128.722 Pflegende beschäftigen. Die Einrichtungen wurden nach der aktuellen Impfquote zum Stichtag 15. Januar unter den Beschäftigten in ihren Häusern befragt.
Impfquote in Krankenpflege höher als im ambulanter und stationärer Pflege
Laut der Studie betrug die Impfquote über alle Versorgungsarten hinweg zum 15. Januar insgesamt 83,6 Prozent. Krankenhäuser liegen hier mit 88,2 Prozent vorne, gefolgt von stationären Langzeitpflege-Einrichtungen (85,9) und ambulanten Pflegediensten (82,4). Teils flossen von den Einrichtungen genau erhobene Daten zurück, andere Häuser schätzten die Impfquote unter ihren Beschäftigten lediglich. Interessant hierbei war, dass die rückgemeldeten Werte bei Einrichtungen, die genaue Daten über den Impfstatus ihrer Mitarbeiter hatten, höher lagen als bei jenen, die die Quote lediglich schätzten.
Aus den vorliegenden Werten traf das Studienteam eine Prognose, wo die Impfquote voraussichtlich zum 15. März liegen wird – mit Hinblick etwa auf die politische Debatte und den damit verbundenen „Impfdruck“ auf Beschäftigte, sowie des damals vor der Zulassung stehenden neuartigen Novavax-Impfstoffes, der einen Teil der bisher zögernden Personen doch noch zu einer Impfung motivieren könnte. Dabei kam das Team auf eine voraussichtliche Gesamt-Impfquote der Pflegekräfte von 87,2 Prozent – 82,0 Prozent in der ambulanten Pflege, 89,1 in der stationären sowie 81,1 beim Krankenpflege-Personal.