„Mehr Personal, noch vor der Wahl!“ schallt es über die Berliner Klosterstraße. Hier haben sich am Donnerstagmorgen mehrere Hundert Streikende aus den Vivantes- und Charitékliniken versammelt. Adressat ihrer Forderungen ist der Berliner Finanzsenator und Vivantes-Aufsichtsratschef Matthias Kollatz. Er entscheidet über die Finanzierung der Kliniken.
Laut Verdi kein akzeptables Angebot
Die Haltung der Demonstranten ist eindeutig: Das letzte Angebot von Vivantes-Personalchefin Dorothea Schmidt sehen Verdi-Mitglieder als indiskutabel. Ein Redner berichtet über Spekulationen der Klinikleitungen, dass die Streikenden aufgrund des wegen ihres niedrigen Lohnniveaus sehr geringen Streikgeldes „keine Woche“ durchhalten würden. Die Menge reagiert mit lauten Buhrufen. Viele fühlen sich von den Klinikleitungen brüskiert: Die Forderungen der Gewerkschaft liegen immerhin seit dem 12. Mai vor, allerdings ist das Entgegenkommen von Charité und Vivantes bisher laut Ver.di nicht ausreichend. Eine Rednerin erklärt, nicht streiken zu wollen, „aber das schlechte Angebot der Geschäftsleitung zwingt uns, hier zu stehen.“
Auch die Auszubildenden der Kliniken beteiligen sich an der Kundgebung. Eine Vertreterin berichtet von hohen Abbrecherquoten: „Im Kurs wollten von 18 Leuten bis vorgestern noch sieben in der Pflege bleiben, mittlerweile sind es nur noch sechs. Wir Azubis sind die Zukunft der Pflege, aber wenn sich jetzt nichts ändert, dann bleiben wir nicht in dem Beruf.“
Streik: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Eine zentraler Punkt der Verhandlung ist die Forderung nach gerechter Bezahlung. Dabei geht es sowohl um gleichen Lohn für gleiche Arbeit – denn Angestellte der Tochtergesellschaften verdienen deutlich weniger als Mitarbeiter, die direkt bei den Kliniken beschäftigt sind – als auch um leistungsbezogene Vergütung. Besonders die Abrechnung nach Fallpauschalen statt Patientenaufkommen empfinden die Pflegekräfte als ungerecht. Eine Rednerin erläutert das System: „Für einen Krankenschein bekommen wir fürs ganze Quartal eine Pauschale. Wenn der Patient dann zehnmal kommt, kriegen wir nicht einen Cent mehr. Und nach diesen Scheinen wird dann unser Personal berechnet – das ist einfach ungerecht.“
Auch die Anforderungen nach flexiblen Arbeitskräften sehen die Pflegekräfte kritisch. Sie haben dabei auch die Patientenperspektive auf dem Schirm. Ein Mitarbeiter der Intensivstation der Charité schildert seine Eindrücke: „Die Charité versucht einen großen Pool an Mitarbeitern zu finden, den sie dann möglichst flexibel einsetzen können. Ich erlebe täglich, dass auf den Stationen viele Patienten jeden Tag eine neue Arbeitskraft sehen und sich dadurch nie in der Station eingewöhnen können. Mit mehr Flexibilisierung würde sich das noch deutlich verschlechtern.“
„Wir sind verhandlungsbereit“
Laut Ivo Garbe, Verdi-Gewerkschaftssekretär und Verhandlungsführer für die Tochtergesellschaften, sei die Gewerkschaft verhandlungsbereit. Ausgang offen.