Einfach nicht mehr essen und trinken – manche Menschen mit einer schweren, tödlichen Krankheit oder auch Hochbetagte wünschen sich, so aus dem Leben zu scheiden. Es ist ein Entschluss, der ärztliche Unterstützung nötig machen kann, etwa um Schmerzen des Patienten zu lindern. Einer aktuellen Studie zufolge ist jedoch die weit verbreitete Annahme, wonach das Sterbefasten als natürlicher Tod betrachtet wird, eine Fehleinschätzung. „Auch der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit ist eine Form des Suizids. Die medizinische Unterstützung des Sterbefastens entspricht in vielen Fällen der Suizidhilfe“, sagt Ralf Jox, Privatdozent am Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU).
Die Einschätzung des LMU-Medizinethikers ist aktuell als ethische Analyse in der Fachzeitschrift BMC Medicine veröffentlicht. Zu den Mitautoren zählen Palliativmediziner von der Technischen Universität München und dem Universitätsklinikum Lausanne in der Schweiz sowie ein Medizinrechtler der Universität York in Großbritannien. Am Beispiel mehrerer Szenarien weisen die Autoren nach, dass viele Patienten ihren Wunsch zu fasten, bis der Tod eintritt, ohne ärztliche Hilfe nicht realisieren könnten.
Sterbehilfe in Deutschland ist rechtlich eingeschränkt
Die Autoren empfehlen daher, die ärztliche Unterstützung beim Sterbefasten und die ärztliche Suizidhilfe durch das Bereitstellen einer todbringenden Substanz rechtlich gemeinsam zu betrachten und zu regeln. In Deutschland ist die Möglichkeit der Sterbehilfe rechtlich eingeschränkt. So ist seit Dezember 2015 die sogenannte geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verboten. Auch die Bundesärztekammer hat sich bereits mehrfach gegen die ärztliche Beihilfe zum Suizid ausgesprochen. „Das Sterbefasten wird hingegen von Ärzteorganisationen wie der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin bevorzugt“, sagt Jox.
Suizidbeihilfe ist Thema beim Bundesverfassungsgreicht
Momentan ist das Thema der Suizidbeihilfe Gegenstand eines höchstrichterlichen Verfahrens: „Gegenwärtig prüft das Bundesverfassungsgericht, ob das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung dem Grundgesetz widerspricht. Der Ausgang des Verfahrens dürfte auch Folgen für die Praxis des Sterbefastens haben“, sagt Jox, der mit seiner Analyse zu Klarheit bei der ethischen Bewertung des Sterbefastens beitragen möchte.
Die palliative Sedierung im Spannungsfeld zwischen Strafrecht und Selbstbestimmung des Patienten ist auch Schwerpunktthema der Ausgabe der Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen vom November/Dezember 2016.
Quelle: idw