Wie bereits im Koalitionsvertrag formuliert, will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn niedergelassene Ärzte zu mehr Sprechstunden für Kassenpatienten verpflichten. Die Eckpunkte für das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz wurden kürzlich vorgestellt. Angedacht ist eine Erhöhung der Mindestsprechstundenzahl von 20 auf 25 Stunden. Ziel ist, dass Kassenpatienten auf diese Weise schneller Termine bei niedergelassenen Ärzten erhalten. Für das Leistungsangebot sollen Ärzte extrabudgetär vergütet werden.
Das Vorhaben Spahns gerät nun in erhebliche Kritik. Kassen bewerten den Ansatz und den gut gemeinten Willen dahinter zwar positiv, prophezeien jedoch ein erhöhtes Chaos bei der Terminvergabe und den Wartezeiten für Patienten.
So begrüßt etwa der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Johann-Magnus v. Stackelberg die Pläne Spahns, sieht die Sicherstellung der medizinischen Versorgung aber grundsätzlich als Aufgabe der niedergelassenen Ärzte an. Für diese Leistung würde die Beitragszahler bereits zahlen. Probleme bei der Terminvergabe und –vermittlung seien eine innerärztliche Angelegenheit, die beispielsweise durch eine bessere Verteilung des Honorars gelöst werden könnten. Zusätzliche Gelder von den Kassenpatienten zu verlangen, damit „die niedergelassenen Ärzte in ihrer Gesamtheit die Aufgaben im Bereich der Sprechzeiten und der Terminvergabe nicht länger vernachlässigen“, lehnt der GKV-Spitzenverband daher ab.
Chaos, längere Wartezeiten und „fatale“ Folgen sagt auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) voraus. „Der Vorschlag ist gut gemeint, aber wird kein Problem lösen, dafür neue schaffen“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen. Das System durch die Terminvergabe habe sich bewährt, erklärt auch KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephen Hofmeister. Letztlich würden die zusätzlichen offenen Sprechstunden ohnehin nicht von den wirklich Kranken genutzt werden, so Hofmeister weiter.
Diesem Konsens schließen sich ebenso der Verband der Ersatzkassen (vdek) sowie der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) an. Zwar betonte die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner, dass es positiv sei, dass der Gesundheitsminister die Probleme bezüglich der Terminvergabe niedergelassener Ärzte angehen will. Allerdings räumt Elsner ein, dass es zu Fehlanreizen kommen könne, wenn offene Sprechstunden höher vergütet werden als Terminsprechstunden. Unter Umständen müssen die Versicherten dann stundenlang in der Arztpraxis auf eine Untersuchung warten.
Zusätzliche Honorare zu Lasten der Versicherten hält auch die BKK für inakzeptabel. Bei Umsetzung von Spahns Vorhaben müsste in jedem Fall Transparenz geboten werden, ob die zusätzlichen Sprechstunden auch effektiv bei der Versichertengemeinschaft ankommt.
Quelle: GKV, KBV, BKK, vdek