Statt „Hefte raus: Klassenarbeit!“ schallt es „Kasak an: Blutdruckmessung!“ durch das Klassenzimmer.
Ganz neue Töne in der Gesamtschule Scharnhorst in Dortmund. Pflege statt Mathe – so steht es jetzt im Stundenplan! Und die Kinder sind begeistert von der neuartigen Initiative ihrer Schule. In einer ersten Theoriestunde wurde intensiv das Thema „Händehygiene“ bearbeitet und mit Praxisübung begleitet. Schülerin Fatima (13) sagt: „Ich habe nicht geglaubt wie wichtig das ist – aber auch wie viel Freude diese Tätigkeiten in der Pflege bereiten können!“
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Schule geht komplett neue Wege
Die Dortmunder Schule geht bei der Stundenplan-Gestaltung neue Wege. Das Langzeitprojekt „How to nurse“ (zu Deutsch: „wie man pflegt“) in Kooperation mit dem Klinikum Dortmund soll Schülerinnen und Schüler an den Pflegeberuf heranführen.
Wie bekommt man geeigneten Nachwuchs in die Pflege? An dieser Fragestellung beißt sich die Politik bereits seit Jahren die Zähne aus. Spätestens mit dem Beginn der Coronapandemie wurde klar: auch das deutsche Gesundheitssystem kränkelt. Es mangelt unter anderem an Fachkräften.
Wie man dem entgegenwirken kann, machen jetzt die Gesamtschule Scharnhorst sowie das Klinikum Dortmund vor. Aktuell haben 21 Schülerinnen und Schüler als „Nachwuchs-Pflegekräfte“ begonnen.
Was genau hat es damit auf sich? Mit dem Projekt „How to nurse“ soll es nicht nur dem „eklatanten Fachkräftemangel“ an den Kragen gehen. Es soll zudem „jungen Menschen eine erfüllende und zukunftsträchtige Berufsperspektive eröffnen“, so das Klinikum.
Interessierte Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Scharnhorst können ab der 9. Klasse mit dem Pflegeprojekt starten, welches insgesamt drei Schulhalbjahre andauert. „Ab sofort steht für die 21 Heranwachsenden jeweils dienstags für zwei Stunden Pflege auf dem Stundenplan“, erklärt das Klinikum Dortmund.
Auf zugeteilten Stationen können sie dann erfahrenen Pflegekräften über die Schulter schauen und mehr über deren Arbeitsumfeld lernen.
„So wird durch das Projekt einerseits das jahrzehntelange Engagement der Generation Babyboomer wertgeschätzt und ermöglicht einen Wissenstransfer“, erklärt Pflegewissenschaftlerin Marina Hoffstädte, die das Projekt gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Besendorfer sowie Tina Erdtmann vom Pflegedienst und Dr. Nina Günther, leitende Oberärztin der Geriatrischen Klinik, betreut.
„Andererseits werden personelle Ressourcen genutzt, um das Interesse junger Menschen an pflegerischen Ausbildungsberufen zu wecken, Grundwissen zu vermitteln und eine Vertrauensbasis in das Unternehmen Klinikum Dortmund zu schaffen“, so die Expertin.
Die Praktikumszeit wird zudem mit nützlichen Theorie-Inhalten wie Körperfunktionen, Vitalzeichen oder Verbandwechseln bereichert. Diese finden einmal im Monat statt.
Perspektivisch soll die Zusammenarbeit auch weiteren Schulen angeboten werden.
Tina Erdtmann freut sich über den innovativen Weg der Personalgewinnung: „So hoffen wir, die Zahl der Auszubildenden zu erhöhen und schließlich mehr qualifiziertes Personal zu gewinnen, um die hochqualitative Pflege der Patientinnen und Patienten zu sichern.“
Darüber dürften sich dann nicht nur Schülerinnen, Schüler und Kliniken, sondern vielleicht auch die Politik freuen.