Kann es rechtlich beanstandet werden, wenn Dritte entgegen der Wahrheit behaupten, dass die hygienischen Verhältnisse in einer Einrichtung oder einem Pflegeheim unzureichend, oder – harsch ausgedrückt – „katastrophal“ seien?
Derjenige, der eine Tatsachenbehauptung macht, ist grundsätzlich zur Prüfung ihres Wahrheitsgehalts verpflichtet. Diese Prüfungspflicht erstreckt sich daneben auch auf die Zuverlässigkeit der Informationsquelle. Bestehen Zweifel am Inhalt und der Integrität der Quelle, müssen Recherchen vorgenommen werden. Unterbleibt diese Verifizierung und wird der Geringschätzung eines Geschäftsbetriebes ungeprüft Ausdruck verliehen, kann hierdurch prinzipiell als sogenannte „Kreditgefährdung“ gemäß § 824 Absatz 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz und gemäß § 1004 BGB auf Unterlassung ausgelöst werden.
Von zentraler Bedeutung für die juristische Beurteilung eines Äußerungsangriffes gegen die „geschäftliche Ehre“ ist die Frage, ob es sich bei der Aussage um eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil handelt. Das ist deshalb relevant, weil der Hintergrund dieses begrifflichen Spannungsverhältnisses vom Grundrecht der Meinungsfreiheit (Artikel 5 GG) ausgekleidet wird, nach dem auch kritische Äußerungen unter dem Gesichtspunkt der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ durchaus gerechtfertigt sein können.[1]
Wahrheitsgehalt entscheidend
Nach gefestigter Rechtsprechung kommt es für den haftungsrechtlichen Durchschlag von verletzenden Tatsachenbehauptungen entscheidend auf deren Wahrheitsgehalt an. Eine unwahre Aussage kann bereits nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein und ist deshalb in aller Regel widerrechtlich.
Dem von der Aussage in seiner wirtschaftlichen Position betroffenen Unternehmensinhaber stehen in diesem Fall also grundsätzlich der Schutz des § 824 BGB und daneben der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB zur Seite, wenn weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind.
Eine wahre Tatsachenbehauptung ist demgegenüber nicht strafbar und muss von dem Betroffenen hingenommen werden. Auch Werturteile genießen in besonderem Maße den Schutz der Meinungsfreiheit, sodass in diesem Bereich die haftungsrechtliche Grenze erst bei einer sogenannten „Schmähkritik“ überschritten sein dürfte.
Materiell-rechtlich konzentriert sich die Haftungseinschätzung also auf die Tatsachenfrage, ob der Hygienevorwurf gerechtfertigt ist und dies für den Verletzer erkennbar war. Können beide Tatbestandsvoraussetzungen positiv beantwortet werden, spricht vieles dafür, dass auch die zusätzlich erforderliche Güter- und Interessenabwägung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes günstig für den Betroffenen ausfällt, denn: Das Interesse an der Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen muss schon von besonderem Gewicht sein, um als berechtigt anerkannt zu werden.
Fußnote:
- Siehe auch: § 824 Absatz 2 BGB und § 193 StGB.