Schwere Nebenwirkungen nach dritter Covid-19-Impfung
Eine im Jahr 1991 geborene Frau hatte sich 2021 gegen das SARS CoV2-Virus impfen lassen. Ihr wurden insgesamt drei Dosen des Impfstoffs Comirnaty von Biontech/Pfizer im Verlauf des Jahres verabreicht.
Nach der dritten COVID-19-Impfung sollen bei ihr schwere Symptome aufgetreten sein. Seitdem leide sie unter Kopfschmerzen, Migräne, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Schwellung des linken Auges, Atemnot, Gehbehinderung, Konzentrationsschwäche, Schlafstörung und Gleichgewichtsstörung.
Knapp einen Monat nach der Impfung sei bei ihr eine Sinusvenenthrombose festgestellt worden, welche ebenfalls auf die Impfung zurückzuführen sei. Infolgedessen bedarf sie dauerhafter Medikation. Durch die nachhaltigen Folgen, die ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, muss sie in Psychotherapie.
Sie ist Diabetikerin und hat eine Schilddrüsenerkrankung. Abgesehen davon sei sie vor der Impfung allerdings fit und gesund gewesen sein.
Ihre Beschwerden führt sie auf die dritte COVID-19-Impfung mit Comirnaty zurück. Aus diesem Grund fordert sie Schmerzensgeld in Höhe von 185.000 Euro vom Hersteller.
Klage auf 185.000 Euro Schmerzensgeld
Das Landgericht Detmold hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ergibt sich nicht aus § 84 Absatz 1 Arzneimittelgesetz.
Demnach ist der Hersteller eines Arzneimittels in folgenden zwei Fällen dazu verpflichtet einen entstandenen Schaden zu ersetzen:
AMG § 84 Gefährdungshaftung
Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
1. das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder
2. der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
Weder die eine noch die andere Bedingung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Das Gericht stellt fest, dass eine Haftung für Schäden durch das Arzneimittel nur dann besteht, wenn ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachgewiesen werden kann.
Gericht lehnt Klage ab
Arzneimittel sind Produkte, die zwangsläufig neben der therapeutischen Wirkung auch Risiken haben können. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis trägt diesem Umstand Rechnung.
Inwiefern ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht orientiert sich hierbei an generellen Gesichtspunkten. Der individuelle Einzelfall ist nicht entscheidend.
Ein Impfstoff zum Beispiel wird somit auch dann zugelassen, wenn im Einzelfall mit schweren Nebenwirkungen zu rechnen ist. Entscheidend ist, dass die Nutzen-Risiko-Bewertung als sozial-adäquat eingeordnet wird.
Eine Haftung ist damit nur in dem Fall begründet, wenn unbekannte Nebenwirkungen auftreten, die die Zulassung beeinträchtigt hätten.
Der Comirnaty Impfstoff hat ein reguläres, zentralisiertes arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren durchlaufen und zunächst eine bedingte Zulassung durch die Europäische Union und später eine Standardzulassung erhalten.
Damit die Klägerin ihren Fall gewinnen kann, hätte sie darlegen müssen, dass die Zulassung nicht dem maßgeblichen Stand der Wissenschaft entspricht und ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis vorliegt. Das konnte sie aber nicht.
Hersteller handelte nicht schuldhaft
Die von der Klägerin behaupteten schweren Nebenwirkungen von Comirnaty (unter anderem Post-Vac-Syndrom, Beinparese, Sinusvenenthrombose) waren nicht bekannt, als die Klägerin sich impfen ließ.
Entsprechend war über diese Nebenwirkungen nicht aufzuklären. Auch im aktuellen Aufklärungsbogen der Impfung sind diese Nebenwirkungen nicht enthalten. Für das Gericht ist deshalb nicht ersichtlich, warum die Nebenwirkungen auch schon 2021 im Aufklärungsbogen hätten enthalten sein müssen.
Die Behauptung der Klägerin, der Hersteller wusste über die Gefährlichkeit seines Impfstoffes Bescheid, erfolgt nach Ansicht des Gerichts ins Blaue hinein.
Dass eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB) vorliegt, kommt nicht in Betracht. Damit der Tatbestand erfüllt ist, müsste dem Hersteller Verwerflichkeit nachgewiesen werden.
Die Entwicklung des Impfstoffs ist jedoch mit einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis belegt. Von Verwerflichkeit kann also nicht die Rede sein. Außerdem ist nicht zu erkennen, dass der Hersteller die Klägerin vorsätzlich oder fahrlässig schädigen wollte.
FAQ
Wann besteht Haftung für Impfschäden von der COVID-19-Impfung?
Hersteller von COVID-19-Impfstoffen müssen dann für Impfschäden haften, wenn nicht bekannte Nebenwirkungen auftreten, die die Zulassung des Impfstoffs beeinträchtigt hätten.
Was ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Corona-Impfstoffen
Beim Nutzen-Risiko-Verhältnis geht es um die Abwägung von dem zu erwartendem Nutzen und den zu befürchtenden Risiken einer COVID-19-Impfung. Hierbei geht es um eine generelle Abwägung, bei der individuelle Fälle nicht ausschlaggebend sind, soweit die Nutzen-Risiko-Bewertung als sozial-adäquat eingeordnet werden kann.
Warum gibt es keinen Schadensersatz bei schweren Nebenwirkungen einer COVID-19-Impfung.
Es gibt keinen Schadensersatz bei schweren Nebenwirkungen nach einer COVID-19-Impfung, weil die Voraussetzungen der Gefährdungshaftung nach § 84 AMG nicht erfüllt sind. Der Comirnaty-Impfstoff hat ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis und wurde regulär zugelassen. Es konnte zudem kein schuldhaftes Handeln des Herstellers nachgewiesen werden.
Quelle: LG Detmold vom 13. Februar 2024 – 2 O 85/23