Betrei­ber­pflich­ten außer­halb der Praxis­räume

Grund­sätz­lich ist derje­nige zum Schutz vor Gefah­ren durch Gebäude und Gelände verpflich­tet, dem die Immobi­lie gehört. Aber auch die angemie­te­ten Praxis­räum­lich­kei­ten können – sofern in der Mietsa­che ein entspre­chen­der Außen­be­reich enthal­ten ist – eigene Verkehrs­si­che­rungs­pflich­ten des Praxis­be­trei­bers begrün­den. Es ist üblich, mit der Vermie­tung von Wohn- oder Gewer­be­miet­räu­men auch bestimmte damit einher­ge­hende Verkehrs­si­che­rungs­pflich­ten (zum Beispiel Winter­dienst) auf den Mieter zu übertra­gen.

Gefah­ren durch Laubfall

Verfügt die Praxis etwa über einen Parkplatz für Patienten/Kunden, muss dieser bei herbst­li­chem Laubfall regel­mä­ßig kontrol­liert und bei Bedarf gerei­nigt werden. Dies gilt auch für die Zuwege zum Parkplatz. Wie inten­siv geprüft und geräumt werden muss, richtet sich danach, wie stark der Lauban­fall ist und ob in erhöh­tem Umfang mit der Nutzung durch kranke, ältere oder gebrech­li­che Menschen gerech­net werden muss.

Laub
Durch starke Lauban­samm­lun­gen können Gefah­ren auf Parkplätze von Kunden oder Patien­ten, nicht wahrge­nom­men werden. Eine mangel­hafte Beleuch­tung fördert die Wahrschein­lich­keit eines Unfalls Bild: Ampack/Dreamstime.com

Das Schles­wig-Holstei­ni­sche Oberlan­des­ge­richt stellt hierzu beispiel­haft für den Parkplatz eines Kranken­hau­ses folgende Maßgabe auf: „Entspre­chend kann erwar­tet werden, dass die Zuwegun­gen täglich, notfalls ein zweites Mal am Tage, aber jeden­falls so regel­mä­ßig kontrol­liert und von Laub befreit werden, dass zumin­dest ein so breiter Weges­strei­fen annähernd laubfrei ist, dass zwei Passan­ten anein­an­der vorbei­ge­hen können, ohne gezwun­gen zu sein, auf eine geschlos­sene und mögli­cher­weise glitschige Laubschicht treten zu müssen.“

Da es im Winter erst spät hell und früh wieder dunkel wird, ist zudem auf ausrei­chende Beleuch­tung des Parkplat­zes und der Zuwege zu achten.

Gefah­ren durch Schnee

Winter­li­cher Schnee­fall kann leicht zu gefähr­li­chen Situa­tio­nen führen: Schnee­glätte bedeu­tet ein stark erhöh­tes Sturz­ri­siko und abgehende Schnee­bret­ter können nicht nur Menschen, sondern auch zum Beispiel Fahrzeuge erheb­lich schädi­gen. Wie verhalte ich mich richtig? Diese Frage ist nicht leicht zu beant­wor­ten, was sich an den unter­schied­li­chen hierzu ergan­ge­nen Entschei­dun­gen der befass­ten Gerichte ablesen lässt.

Gleich­wohl gibt es Grund­sätze, die jeder Verkehrs­si­che­rungs­pflich­tige beach­ten sollte: Befin­det sich die Praxis in einer Region mit üblicher­weise starkem Schnee­fall (zum Beispiel Süddeutsch­land), so ist es ratsam, auf dem Dach Schnee­fang­git­ter anzubrin­gen. Auch sollte vor der Gefahr von Schnee­bret­tern oder Dachla­wi­nen nach länge­rem Schnee­fall gewarnt werden (Hinweis­schild). In anderen Regio­nen (zum Beispiel im Ruhrge­biet) muss nicht mit so starkem Schnee­fall gerech­net werden, dass derar­tige Maßnah­men vorsorg­lich erfor­der­lich sind. So stellt das Oberlan­des­ge­richt Hamm fest, dass keine grund­sätz­li­che Pflicht des Grund­stücks­ei­gen­tü­mers besteht, Dritte vor Dachla­wi­nen durch bestimmte Maßnah­men zu schüt­zen. Liegt jedoch Schnee auf dem Dach in einer Menge, die gefähr­lich werden könnte, kann im Einzel­fall eine kontrol­lierte zeitnahe Besei­ti­gung erfor­der­lich sein. Ein Parkplatz wie auch der Weg zur Praxis sollten so von Schnee geräumt und begeh­bar sein, dass Passan­ten anein­an­der vorbei­ge­hen können.

Gefah­ren durch Eisglätte

Beson­ders hohe Gefahr geht von Eisglätte aus, da diese oft nur schwer erkenn­bar ist oder plötz­lich einsetzt bei Minus­gra­den. Doch Eisglätte darf nicht mit allen Mitteln bekämpft werden: Streu­salz etwa ist abhän­gig von der Regelung in der Gemeinde oftmals nicht erlaubt. Eine Ausnahme kann eine Hanglage des betrof­fe­nen Grund­stücks sein oder eine extreme Wetter­lage mit Blitz­eis. Üblich ist der Einsatz abstump­fen­der Mittel wie Granu­lat oder Split. Ab wann muss gestreut werden? Die Recht­spre­chung setzt eine sogenannte „allge­meine Glätte­bil­dung“ voraus und nicht nur das Vorhan­den­sein einzel­ner Glätte­stel­len. Dies trägt dem Grund­satz Rechnung, dass im Winter verein­zelt mit Glätte gerech­net werden muss und sich hierauf jeder einstel­len muss.

Das Oberlan­des­ge­richt Dresden stellt hierzu fest: „Die Streu­pflicht beinhal­tet nicht, dass die Wege bei Winter­glätte derart zu bestreuen sind, dass ein Verkehrs­teil­neh­mer überhaupt nicht ausglei­ten kann; vielmehr müssen die Wege nur derart bestreut werden, dass sie von den Verkehrs­teil­neh­mern, die ihrer­seits die erfor­der­li­che Sorgfalt aufwen­den, ohne Gefahr benutzt werden können.“

Kommt es also großflä­chig zu Glätte­bil­dung, muss etwas unter­nom­men werden – besser aber schon vorher.

Keinen Sinn macht das Streuen, wenn es durch dauer­haf­ten Regen auf gefro­re­nem Boden zu immer neuer Eisglätte kommt. In diesem Fall entfällt eine entspre­chende Verkehrs­si­che­rungs­pflicht, weil ihr nicht zumut­bar nachge­kom­men werden kann.

Fazit

Es wird deutlich: Nicht jeder Schaden aufgrund widri­ger Witte­rungs­be­din­gun­gen indiziert eine Pflicht­ver­let­zung! Eine Einzel­fall­prü­fung ist unerläss­lich und führt dazu, dass wir als Haftpflicht­ver­si­che­rer entwe­der einen berech­tig­ten Anspruch im begrün­de­ten Umfang für Sie regulie­ren oder einen unbegrün­de­ten Anspruch für Sie abweh­ren. Diese Prüfung unter­neh­men wir gern für Sie.

Quelle: Rechts­an­walt Sascha Hebben, HDI Versi­che­rung AG, Köln