Rufbereitschaft als verpflichtende Tätigkeit
Die Rufbereitschaft ist grundsätzlich eine verpflichtende Tätigkeit, bei der sich der Arbeitnehmer für einen eventuellen Einsatz auf Abruf bereithält.
Der Arbeitnehmer befindet sich dabei nicht in seinem Betrieb, sondern bei sich Zuhause oder an einem frei gewählten Ort, von welchem aus er sich auf Anordnung zum jeweiligen Arbeitsort begeben kann.
Die Vergütung für die zusätzliche Arbeitszeit erfolgt meistens pauschal, weitere Einzelheiten sind in der Regel tarifvertraglich vereinbart (zum Beispiel § 15 Absatz 6b BAT).
Folgende Situation stellt sich dar: Eine Pflegekraft hält sich während ihrer Rufbereitschaft in ihrer Wohnung auf. Sehr spät am Abend klingelt ihr Handy. Ihr Arbeitgeber ist am Apparat und sie erhält die Anweisung, sich umgehend zu einem Patienten in das Pflegeheim zu begeben. Doch einen PKW besitzt die Pflegekraft nicht.
Auch die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nur noch in viel zu großen Intervallen – so würde sie die Arbeitsstätte nie zeitig erreichen. Also bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich ein Taxi zu rufen. Weil die Strecke zum Betrieb aber nicht gerade kurz ist, stellt sich nun die Frage, ob sie für die anfallenden Fahrtkosten selbst aufkommen muss?
Fahrtzeit zwischen Wohnort und Betrieb gilt als nicht vergütete Arbeitszeit
Grundsätzlich gilt die tägliche Fahrtzeit zwischen dem Wohnort und dem Betrieb des Arbeitnehmers als nicht vergütete Arbeitszeit (siehe Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 23. November 2000 – 4 Sa 81/00).
Genauso werden auch die Fahrtkosten bei anfallender Arbeit während der Rufbereitschaft nicht vom Arbeitgeber erstattet.
Nach einem Urteil des Bundesarbeitgerichts vom 16. Februar 1989 (6 AZR 289/87) gelten diese Fahrten nicht als „Fahrten aus besonderem dienstlichen Anlass“ gemäß des Reisekostenrechts. Als besondere dienstliche Anlässe werden Arbeitsaufträge bezeichnet, die aus dem regelmäßigen Aufgabenbereich des Arbeitnehmers herausfallen.
Die Rufbereitschaft gehört normalerweise nicht dazu.
Abweichend davon kann jedoch im Arbeitsvertrag eine entsprechende Kostenübernahmeregelung mit dem Arbeitgeber vereinbart worden sein, die den Arbeitnehmer bei einer Rufbereitschaft finanziell entlasten soll.
Fällt aber das Arbeitsverhältnis beispielsweise in den Geltungsbereich des TVöD, so werden die anfallenden Wegzeiten bei einer Rufbereitschaft pauschal mitvergütet (§ 8 Absatz 3 Nummer 4 TVöD).
Fazit
Der Arbeitnehmer hat sicherzustellen, dass er bei einem Abruf seine Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnimmt, die den Einsatz nicht gefährdet.
Ihm wird im Regelfall eine Wegezeit vom Aufenthaltsort bis zur Arbeitsstätte von 30 Minuten zugebilligt (BAG vom 31. Januar 2020 – 6 AZR 214/00). Auch wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit „kurzfristig“ aufnehmen muss, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die Zeitvorgabe verbindlich festzulegen.
Vielmehr muss dem Arbeitnehmer die freie Gestaltung seiner Zeit während der Rufbereitschaft gewährt werden.