
Rufbereitschaft: Was ist erlaubt?
Definition
Rufbereitschaft bedeutet, dass der Arbeitnehmer sich außerhalb des Betriebs (zum Beispiel zu Hause) aufhält, aber auf Abruf verfügbar sein muss. Ein Einsatz erfolgt nur in Ausnahmefällen und ist oft unvorhersehbar.
Sollte sich ein Problem während der Rufbereitschaft nicht telefonisch lösen lassen und ist der Arbeitnehmer deshalb gezwungen persönlich zum Arbeitsort zu kommen, empfiehlt es sich, dass das vom Arbeitgeber verlangte Zeitfenster, innerhalb dessen sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz einzufinden hat, mindestens 30 Minuten beträgt. Ein kürzeres Zeitfenster könnte nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 9. März 2021 (Az.: C‑580/19) dazu führen, dass die gesamte Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst gewertet wird.
Rechtliche Grundlagen
- Keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes: Nach § 5 ArbZG zählt die Rufbereitschaft grundsätzlich zur Ruhezeit und nicht zur regulären Arbeitszeit. Nur die im Rahmen dieser Arbeitsform tatsächlich geleistete Arbeit zählt zur Arbeitszeit gemäß des Arbeitszeitgesetzes.
- Ruhezeitregelung: Gemäß § 5 ArbZG sind mindestens 11 Stunden Ruhezeit vorgeschrieben. Diese kann in Gesundheitsberufen auf 10 Stunden verkürzt werden (§ 5 Absatz 2 ArbZG). Wird die Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft unterbrochen, kann diese zu anderen Zeiten ausgeglichen werden, wenn die Unterbrechung nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit beträgt (5 Absatz 3 ArbZG).
- Vergütung: Rufbereitschaft wird häufig pauschal vergütet. Einsätze während der Rufbereitschaft zählen jedoch als Arbeitszeit und müssen entsprechend dokumentiert und entlohnt werden.
Voraussetzungen zur Anordnung
- Arbeit fällt nur in Ausnahmefällen an.
- Der Arbeitgeber muss die Rufbereitschaft im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag regeln. Ohne eine solche Vereinbarung ist sie freiwillig.
Bereitschaftsdienst: Wann muss er geleistet werden?
Definition
Beim Bereitschaftsdienst hält sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort auf. Es ist bekannt, dass in der Dienstzeit Arbeit anfällt, allerdings überwiegt meist die Zeit ohne aktive Tätigkeit.
Rechtliche Grundlagen
- Arbeitszeit: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Bereitschaftsdienst arbeitszeitrechtlich als volle Arbeitszeit gilt, auch wenn der Arbeitnehmer währenddessen schlafen sollte.
- Vergütung: Die genaue Bezahlung wird durch Tarifverträge oder Individualvertrag geregelt.
Voraussetzungen zur Anordnung
- Arbeit ist vorhersehbar, aber nicht durchgehend erforderlich.
- Der Arbeitnehmer muss erreichbar und in Bereitschaft sein, um schnell reagieren zu können.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Die nachfolgende Übersicht fasst noch einmal die wesentlichen Merkmale der Rufbereitschaft beziehungsweise des Bereitschaftsdienstes zusammen:
Merkmal | Rufbereitschaft | Bereitschaftsdienst |
---|---|---|
Aufenthaltsort | Zuhause oder selbst gewählter Ort | Arbeitsplatz oder vorgegebener Ort |
Arbeitszeitstatus | Gehört zur Ruhezeit | Gilt vollständig als Arbeitszeit |
Einsatzhäufigkeit | Nur in Ausnahmefällen | Vorhersehbare, gelegentliche Einsätze |
Vergütung | Pauschal, Einsätze separat vergütet | Nach Arbeitszeit und Tarifvertrag geregelt |
Erreichbarkeit | Erforderlich | Erforderlich |
Wichtige Hinweise für Arbeitnehmer
- Ruhezeit: Nach jedem Einsatz im Rahmen der Rufbereitschaft beginnt die Ruhezeit neu. Dies ist besonders bei Schichtarbeit wichtig.
- Vertragsregelungen: Sowohl Rufbereitschaft als auch Bereitschaftsdienst sollten klar im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt sein.
- Grenzen der Belastung: Arbeitnehmer können nicht beliebig oft in Ruf- oder Bereitschaftsdienst eingeteilt werden. Es gelten die einschlägigen arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften. Insbesondere beim Bereitschaftsdienst ist darauf zu achten, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten beziehungsweise 24 Wochen nicht überschritten wird.Da Bereitschaftsdienst arbeitszeitrechtlich als volle Arbeitszeit gilt, kann es insbesondere bei 24-stündigen Diensten – wie sie im Gesundheitswesen üblich sind – schnell zu einer Überschreitung der zulässigen Höchstarbeitszeit kommen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, sollte der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergreifen. Eine Möglichkeit ist beispielsweise die Anwendung der Opt-out-Klausel gemäß § 7 Absatz 2a ArbZG, die es dem Arbeitnehmer erlaubt, per Einzelvertrag auf die Ausgleichsregelung zu verzichten. Dieser Verzicht hat selbstverständlich keine Auswirkungen auf die Vergütung, welche tariflich oder individualvertraglich festgelegt ist.
Die Unterschiede zwischen den beiden Arbeitsformen sind entscheidend für Vergütung, Arbeitszeitregelungen und die Rechte der Beschäftigten. Die Arbeitnehmer aber auch die Arbeitgeber sollten die einschlägigen Rechte und Pflichten kennen, um Überlastung und unklare Arbeitsverhältnisse sowie Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu vermeiden.
FAQ
Was tun, wenn die Ruhezeit während der Rufbereitschaft unterbrochen wird?
Wird die Ruhezeit während der Rufbereitschaft durch einen Einsatz unterbrochen, beginnt die Ruhezeit nach Beendigung des Einsatzes neu. Falls die Unterbrechung weniger als die Hälfte der Ruhezeit beträgt, kann diese zu einem späteren Zeitpunkt ausgeglichen werden (§ 5 Absatz 3 ArbZG).
Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer bei der Anordnung von Rufbereitschaft?
Eine solche Anordnung ist nur dann zulässig, wenn diese Arbeitsform zuvor in einem Arbeits- oder Tarifvertrag ausdrücklich geregelt worden ist. Andernfalls kann der Arbeitnehmer auch nicht zu einem solchen Dienst verpflichtet werden. Des Weiteren darf eine Anordnung nur dann angeordnet werden, wenn Arbeit nur in Ausnahmefällen anfällt. Einsätze während der Rufbereitschaft zählen als Arbeitszeit.
Zählt Bereitschaftsdienst arbeitszeitrechtlich zur Arbeitszeit?
Ja, der Bereitschaftsdienst zählt arbeitszeitrechtlich vollständig als Arbeitszeit, und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes aktive Arbeit leistet oder nicht (zum Beispiel ruht oder schläft). Dies ist gerade im Gesundheits- und Rettungswesen von Bedeutung, da durch Bereitschaftsdienste die maximal zulässige Wochenarbeitszeit schnell erreicht werden kann.