Rückenschmerzen sind Deutschlands Volkskrankheit Nummer 1. Fast jeder Dritte hat mindestens einmal im Jahr Rückenschmerzen. Dabei ist besonders die Lendenwirbelsäule betroffen: Schmerzen im unteren Rücken sind doppelt so häufig wie Beschwerden im oberen Rücken.
Besonders fatal ist, dass Rückenschmerzen häufig chronisch werden – das ist bei etwas 15 Prozent der Erkrankungen der Fall. Frauen leiden etwa zweimal so häufig unter Rückenschmerzen wie Männer.
Krankheitsbild und Symptome
Das Krankheitsbild ist vielseitig: Es gibt sehr unterschiedliche Ursachen für Rückenbeschwerden, dementsprechend weit gefächert ist die Symptomatik. Neben Schmerzen im unteren bzw. oberen Rücken können auch Nackenverspannungen und eine Verhärtung der Muskulatur auftreten. Oft sind die Muskeln druckempfindlich, die Bewegung eingeschränkt.
Rückenschmerzen strahlen oft in andere Körperregionen aus und können so auch für Kribbeln in Armen oder Beinen, Taubheitsgefühle oder sogar Lähmungen im Bein sorgen. Auch Schmerzen in Leistenregion und Unterbauch können von Rückenbeschwerden verursacht werden. Besonders Frauen sollten auf tiefsitzende Rückenschmerzen achten: Hier kann eine Endometriose zu Grunde liegen.
Ursachen für Rückenschmerzen
Die Ursachen für Rückenschmerzen sind so vielseitig wie die Art der Schmerzen selbst. Einer der wichtigsten Faktoren ist leider unsere moderne Lebensweise: Der größte Teil der deutschen Bevölkerung arbeitet nicht mehr körperlich. Wir sitzen den ganzen Arbeitstag am Schreibtisch und selbst wenn dieser Arbeitsplatz optimal eingerichtet ist – was gerade bei kleinen Unternehmen oft nicht der Fall ist – führt die gleichbleibende Haltung oft zu Überlastungen in einzelnen Körperregionen.
Der Rücken ist dabei besonders häufig betroffen: Nicht umsonst gehen die meisten Krankschreibungen auf Rückenproblem zurück. Oft entsteht so ein Teufelskreis: Der krankgeschriebene Arbeitnehmer bleibt einige Wochen zu Hause, fühlt sich dort besser, kehrt aber danach wieder in den Arbeitsplatz zurück, der die Beschwerden ausgelöst hat und wird früher oder später wieder krank.
Oft sind Rückenschmerzen die Folge von anderen Krankheiten. Dazu zählt beispielsweise die Adipositas. Ein sehr hohes Körpergewicht belastet Knochen und Gelenke, was zur Entstehung von Rückenschmerzen beitragen kann. Das hohe Gewicht führt außerdem oft dazu, dass wir unnötige Bewegung vermeiden, was wiederum Rückenschmerzen begünstigt. Arthrose ist ebenfalls oft ein Faktor bei der Entstehung von Rückenschmerzen.
Die durch die Arthrose verursachten Schmerzen zwingen uns, eine Schonhaltung einzunehmen, die wiederum für Rückenschmerzen sorgt. Auch Erkrankungen der Wirbelsäule wie die Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung), Morbus Scheuermann (Rundrückenbildung) oder die Spaltwirkbelbildung (Spondylolyse) verursachen Rückenschmerzen.
Klassiker: Bandscheibenvorfall
Der Klassiker unter den Ursachen für Rückenbeschwerden ist natürlich der Bandscheibenvorfall. Dieser kann auch schon im jüngeren Alter auftreten. Beim Bandscheibenvorfall löst sich der die Bandscheibe umgebende Gallertkern ganz oder teilweise und tritt so in den Rückenmarkskanal ein. Das verursacht starke Rückenschmerzen und je nach Auftrittsort des Bandscheibenvorfalls Lähmungen in Armen oder Beinen.
Verursacht wird der Bandscheibenvorfall durch einseitige Belastungen der Wirbelsäule; auch genetisch bedingte Schwächen spielen eine Rolle. Der Bandscheibenvorfall kann eine besonders heimtückische Ursache für Rückenschmerzen auslösen: den Hexenschuss. Dieser äußert sich durch plötzlich auftretende extrem starke Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Betroffene sind oft komplett umfähig, bestimmte Bewegungen auszuführen.
Diagnose von Rückenschmerzen
Zur Diagnose bei Rückenbeschwerden ist eine umfangreiche Anamnese erforderlich, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung. Nach der Patientenleitline sollten sogenannte bildgebende Untersuchungen wie Röntgen, MRT, Ultraschall oder CT nur nach Warnsignalen stattfinden.
Im Anamnesegespräch sollten folgende Dinge geklärt werden:
- Wo haben Sie Schmerzen? Strahlen diese aus?
- Wann sind Ihre Beschwerden erstmalig aufgetreten? Haben Sie in der Vergangenheit schon mal Kreuzschmerzen gehabt?
- Haben Sie eine Schwäche von Muskeln oder Gefühlsstörungen an den Beinen bemerkt?
- Haben Sie Schwierigkeiten beim Wasserlassen und beim Stuhlgang?
- Wann sind die Beschwerden stärker oder schwächer?
- Wie ist der zeitliche Verlauf der Schmerzen (tagsüber oder nachts)?
- Haben sich die Schmerzen in den letzten Tagen/Wochen/Monaten verändert?
- Wie stark sind die Schmerzen? Schränken sie Sie bei täglichen Verrichtungen ein?
- Wie sind Sie bisher behandelt worden?
- Leiden Sie an einer seelischen Erkrankung, etwa einer Depression?
- Haben Sie Stress, Ängste oder fühlen sich häufig angespannt/überarbeitet?
Bei der anschließenden körperlichen Untersuchung schaut der Arzt auf Form und Haltung der Wirbelsäule, tastet die Rückenmuskulatur nach Verspannungen und schmerzempfindlichen Stellen ab und prüft die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Die Anhebung des Beins in Rückenlage kann einen Hinweis darauf geben, dass ein Nervendehnungsschmerz vorliegt.
Halten die Schmerzen trotz Behandlung länger als vier bis sechs Wochen an, ist es sinnvoll, auch psychische Ursachen in Erwägung zu ziehen. So kann zum Beispiel die starke Angst vor Schmerzen und das Gefühl, ihnen ausgeliefert zu sein, eine Rolle spielen, genauso wie Stress im Beruf, Mobbing oder seelische Beschwerden und Begleiterkrankungen wie die Depression.
Therapie bei Rückenschmerzen
Grundsätzlich sollte man mit der Behandlung von Rückenbeschwerden nicht zu lange warten. Denn auch wenn viele Beschwerden nach ein paar Wochen von selbst verschwinden, besteht die Gefahr, dass Rückenschmerzen chronisch werden.
Die beste Therapie ist natürlich die Prävention. Hier kann schon Alltagsbewegung viel bewirken. Wer den Tag am Schreibtisch immer wieder kurz unterbricht, ist weniger anfällig. Eine trainierte Rücken- und Bauchmuskulatur schützt in der Regel vor Beschwerden. Viele Fitnessstudios bieten spezielle Rückenkurse an, die oft von der Krankenkasse übernommen werden. Auch ein Gespräch mit dem Arbeitgeber über eine rückenfreundliche Büroaustattung ist hilfreich (und kommt nicht zuletzt auch der Firma zugute).
Aber wenn die Schmerzen schon da sind? Auch dann sollte man sich bewegen. Der häufigste Irrtum in der Behandlung ist die Idee, dass man sich möglichst schonen und die Wirbelsäule den ganzen Tag gerade halten sollte. Sinnvoll ist es, unter Anleitung eines Physiotherapeuten die eigene Belastungsgrenze zu finden und langsam zu erweitern. Neben der Physiotherapie gehören auch Massagen oder eine Thermotherapie zu den klassischen Behandlungsmethoden.
Häufig kontraproduktiv sind dagegen Operationen. Nach einem operativen Eingriff kann es zur Bildung von Narbengewebe kommen, dass die Nervenstränge reizt. Deshalb sollte eine Operation nur dann ausgeführt werden, wenn eine spezifische Ursache ganz sicher identifiziert werden kann – dazu sind viele Beschwerden zu unspezifisch.
Quellen:
- „Volkskrankheit Rückenschmerzen“, Die Techniker
- „Prävalenz von Rücken- und Nackenschmerzen in Deutschland. Ergebnisse der Krankheitslast- Studie BURDEN 2020.“ Journal of Health Monitoring 2021 6(S3)
- „Rückenschmerzen: Übungen und Physiotherapie können helfen.“ NDR vom 25. November 2022
- „Volksleiden Rückenschmerzen: Ursachen, Therapien, Erforschung.“ SWR, Video vom 31. August 2020
- „Wo kommen Ischias-Schmerzen, Hexenschuss, Bandscheibenvorfall her? Was kann man tun?“ ARD alpha vom 15. März 2024
- Patientenleitlinie: Kreuzschmerz
- „Das Krankheitsbild Rückenschmerz.“ Orthinform vom 10. Mai 2019