Schon seit Beginn der Coronapandemie befürchten Psychologen eine Krise der mentalen Gesundheit. Ein Ansatz, die eigene psychische Gesundheit zu erhalten, ist die sogenannte Resilienz. Aber was ist das überhaupt?
Was ist Resilienz?
Der Begriff kommt von dem englischen Wort „resilience“, das bedeutet so viel wie Widerstandsfähigkeit, Belastbarkeit oder Spannkraft. Bezogen auf die psychische Gesundheit beschreibt das Wort die Fähigkeit, mit belastenden Ereignissen umzugehen.
Lange Zeit galt Resilienz als angeboren. Inzwischen sind Psychologen aber zu der Überzeugung gekommen, dass sich diese Fähigkeit in der Interaktion zwischen einem Menschen und seiner Umwelt entwickelt. Je mehr Kinder darin bestärkt werden, sich selbst als handlungsfähig wahrzunehmen, desto eher entwickelt sich ihre Resilienz.
Das bedeutet, sie lernen, Rückschläge genauso wie Erfolge als natürlichen Teil des Lebens zu sehen. Voraussetzung für die Entwicklung von Resilienz ist aber, dass die Kinder dabei auch in ihrem Umgang mit Misserfolgen liebevoll unterstützt werden. Die Resilienz eines Menschen kann sich durch persönliche Erfahrungen, belastende Ereignisse und Schicksalsschläge verändern. Sie ist keine feste Größe.
Also kann man Resilienz lernen?
Es gibt auf jeden Fall Faktoren, die helfen, mehr Resilienz zu entwickeln. Das soziale Netz spielt dabei eine wichtige Rolle – dazu gehört nicht nur die Familie, sondern auch Kollegen, Nachbarn und Freunde. Im Idealfall hat man in allen Bereichen Bezugspersonen, die in schwierigen Situationen helfen können. Das heißt nicht notwendigerweise, dass man einen möglichst großen Bekanntenkreis haben sollte. Wichtig ist vielmehr, dass man sich auf die Person verlassen kann und den Kontakt als wertschätzend und unterstützend erlebt. Also lieber weniger und dafür wertvollere Freunde als viele oberflächliche Bekannte.
Wichtig für eine hohe Widerstandsfähigkeit ist auch, wie man die eigene Lage bewertet. Die Forschergruppe Veer et. al. hat die psycho-sozialen Faktoren untersucht, die mit Resilienz im Zusammenhang stehen. Dabei fanden sie heraus, dass Menschen, die es schaffen, positive Aspekte an einer misslichen Lage zu entdecken, die Situation als weniger belastend erleben. Wer sich zum Beispiel darüber freut, durch den Homeoffice-Zwang während des coronabedingten Lockdowns nicht mehr täglich im Stau zu stehen, kann sich besser mit seiner Lage arrangieren als jemand, der Angst davor hat, dass Lebensmittel nicht mehr verfügbar sein könnten.
Die sogenannte Selbstwirksamkeit spielt ebenfalls eine Rolle: Menschen sind resilienter, wenn sie daran glauben, ihr Schicksal beeinflussen zu können. Natürlich ist das in Pandemiezeiten oder angesichts des Krieges in der Ukraine nicht leicht. Aber wer sich eingesteht, in einer psychisch belastenden Zeit zu leben und versucht, bewusst (zum Beispiel durch Sport und Meditation) für die eigene psychische Gesundheit zu sorgen, erlebt sich selbst als aktiv Handelnder. So wird der Umgang mit einer belastenden Situation leichter.
Kritik: Nur Symptombekämpfung?
Tatsächlich ist das Konzept der Resilienz nicht unumstritten. Der Soziologe Ulrich Bröckling kritisiert, dass entsprechende Programme nicht die Belastungen abbauen, sondern die Belastbarkeit erhöhen sollen. So dienen Resilienztrainings in vielen Unternehmen oder Einrichtungen letztendlich nur dazu, die konstante Überlastung der Mitarbeiter zu kompensieren, obwohl es oft nachhaltiger wäre, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die Verantwortung für das seelische Wohlbefinden wird so den Einrichtungen abgenommen und auf den Einzelnen übertragen.
Obwohl diese Kritik berechtigt ist: Als Übergangslösung kann Resilienz uns aber tatsächlich helfen, denn systemische Verbesserungen sind oft nicht kurzfristig machbar. Mithilfe der Resilienz können wir uns unsere Handlungsfähigkeit in belastenden Situationen zumindest ein wenig länger erhalten.
1 Kommentar
Ich hatte als PH bis zum 15.März einen gesamten WB alleine zu führen im Altenheim , mit telefonischem Hintergrunddienst. Grundpflege auch bettlägrige. Den Speisesaal zu versorgen , Frühstück zu machen und mittags von der Küche den Essenswagen zu holen und abermals den Speisesaal zu versorgen. Dann gab es eine Industriewaschmaschine und Trockner auf dem WB wo schnell grossverschmutztes gewaschen werden konnte. Zum Frühstück hatte ich fast eine Stunde Karenzzeit. Ich alleine konnte mir meinen Ablauf einteilen. Und hatte genügend Zeit mit den Bewohnern Gespräche zu führen. Verglichen habe ich meine Arbeit mit einem Bühnenauftritt, die Bewohner meine Zuschauer welche ich beglückte. Nie hatte ich den Eindruck der Überforderung, besser hätte es nicht sein können.