Resilienz
Wider­stands­kraft aufbauen – stark auch gegen den Strom Bild: Pixabay

Schon seit Beginn der Corona­pan­de­mie befürch­ten Psycho­lo­gen eine Krise der menta­len Gesund­heit. Ein Ansatz, die eigene psychi­sche Gesund­heit zu erhal­ten, ist die sogenannte Resili­enz. Aber was ist das überhaupt?

Was ist Resili­enz?

Der Begriff kommt von dem engli­schen Wort „resili­ence“, das bedeu­tet so viel wie Wider­stands­fä­hig­keit, Belast­bar­keit oder Spann­kraft. Bezogen auf die psychi­sche Gesund­heit beschreibt das Wort die Fähig­keit, mit belas­ten­den Ereig­nis­sen umzuge­hen.

Lange Zeit galt Resili­enz als angebo­ren. Inzwi­schen sind Psycho­lo­gen aber zu der Überzeu­gung gekom­men, dass sich diese Fähig­keit in der Inter­ak­tion zwischen einem Menschen und seiner Umwelt entwi­ckelt. Je mehr Kinder darin bestärkt werden, sich selbst als handlungs­fä­hig wahrzu­neh­men, desto eher entwi­ckelt sich ihre Resili­enz.

Das bedeu­tet, sie lernen, Rückschläge genauso wie Erfolge als natür­li­chen Teil des Lebens zu sehen. Voraus­set­zung für die Entwick­lung von Resili­enz ist aber, dass die Kinder dabei auch in ihrem Umgang mit Misserfol­gen liebe­voll unter­stützt werden. Die Resili­enz eines Menschen kann sich durch persön­li­che Erfah­run­gen, belas­tende Ereig­nisse und Schick­sals­schläge verän­dern. Sie ist keine feste Größe.

Also kann man Resili­enz lernen?

Es gibt auf jeden Fall Fakto­ren, die helfen, mehr Resili­enz zu entwi­ckeln. Das soziale Netz spielt dabei eine wichtige Rolle – dazu gehört nicht nur die Familie, sondern auch Kolle­gen, Nachbarn und Freunde. Im Ideal­fall hat man in allen Berei­chen Bezugs­per­so­nen, die in schwie­ri­gen Situa­tio­nen helfen können. Das heißt nicht notwen­di­ger­weise, dass man einen möglichst großen Bekann­ten­kreis haben sollte. Wichtig ist vielmehr, dass man sich auf die Person verlas­sen kann und den Kontakt als wertschät­zend und unter­stüt­zend erlebt. Also lieber weniger und dafür wertvol­lere Freunde als viele oberfläch­li­che Bekannte.

Wichtig für eine hohe Wider­stands­fä­hig­keit ist auch, wie man die eigene Lage bewer­tet. Die Forscher­gruppe Veer et. al. hat die psycho-sozia­len Fakto­ren unter­sucht, die mit Resili­enz im Zusam­men­hang stehen. Dabei fanden sie heraus, dass Menschen, die es schaf­fen, positive Aspekte an einer missli­chen Lage zu entde­cken, die Situa­tion als weniger belas­tend erleben. Wer sich zum Beispiel darüber freut, durch den Homeof­fice-Zwang während des coronabe­ding­ten Lockdowns nicht mehr täglich im Stau zu stehen, kann sich besser mit seiner Lage arran­gie­ren als jemand, der Angst davor hat, dass Lebens­mit­tel nicht mehr verfüg­bar sein könnten.

Die sogenannte Selbst­wirk­sam­keit spielt ebenfalls eine Rolle: Menschen sind resili­en­ter, wenn sie daran glauben, ihr Schick­sal beein­flus­sen zu können. Natür­lich ist das in Pande­mie­zei­ten oder angesichts des Krieges in der Ukraine nicht leicht. Aber wer sich einge­steht, in einer psychisch belas­ten­den Zeit zu leben und versucht, bewusst (zum Beispiel durch Sport und Medita­tion) für die eigene psychi­sche Gesund­heit zu sorgen, erlebt sich selbst als aktiv Handeln­der. So wird der Umgang mit einer belas­ten­den Situa­tion leich­ter.

Kritik: Nur Symptom­be­kämp­fung?

Tatsäch­lich ist das Konzept der Resili­enz nicht unumstrit­ten. Der Sozio­loge Ulrich Bröck­ling kriti­siert, dass entspre­chende Programme nicht die Belas­tun­gen abbauen, sondern die Belast­bar­keit erhöhen sollen. So dienen Resili­en­z­trai­nings in vielen Unter­neh­men oder Einrich­tun­gen letzt­end­lich nur dazu, die konstante Überlas­tung der Mitar­bei­ter zu kompen­sie­ren, obwohl es oft nachhal­ti­ger wäre, die Arbeits­be­din­gun­gen zu verbes­sern. Die Verant­wor­tung für das seeli­sche Wohlbe­fin­den wird so den Einrich­tun­gen abgenom­men und auf den Einzel­nen übertra­gen.

Obwohl diese Kritik berech­tigt ist: Als Übergangs­lö­sung kann Resili­enz uns aber tatsäch­lich helfen, denn syste­mi­sche Verbes­se­run­gen sind oft nicht kurzfris­tig machbar. Mithilfe der Resili­enz können wir uns unsere Handlungs­fä­hig­keit in belas­ten­den Situa­tio­nen zumin­dest ein wenig länger erhal­ten.