Herbert Wartensleben, Britta Specht, Martin Theilmann, Maximilian Broglie und Karl-Friedrich Sewing (v.l.)
Herbert Warten­sle­ben, Britta Specht, Martin Theil­mann, Maximi­lian Broglie und Karl-Fried­rich Sewing (v.l.) Bild: Stiftung Gesund­heit

Prof. Dr. Peter Oberen­der hinter­fragte die Auswir­kun­gen der Gesund­heits­re­form. „Das System leidet an finan­zi­el­ler Atemnot bei Über- und Unter­ver­sor­gung.“ Das Ende des Solidar­sys­tems sei nur noch mit risiko­ab­hän­gi­gen Beiträ­gen zur Kranken­ver­si­che­rung abzuwen­den. Nach seinem FDP-nahen Konzept soll die Höhe der Kranken­ver­si­che­rungs­bei­träge in Zukunft ledig­lich vom Gesund­heits­zu­stand des Versi­cher­ten abhän­gen. Der finan­zi­ell bedürf­tige Patient erhalte ein „Versi­che­rungs­geld“ vom Staat. „Dann“, so Oberen­der, „bleibt das Solidar­prin­zip erhal­ten.“

Nach Betrach­tung der Patien­ten­rechte am Ende des Lebens durch den rhein­land-pfälzi­schen Justiz­mi­nis­ter Herbert Mertin und Rechts­an­walt Wolfgang Putz schloss der erste Tag mit kontro­ver­sen Diskus­sio­nen zum Thema „Sterbe­hilfe“.

Prof. Dr. Karl-Fried­rich Sewing zeigte am folgen­den Tag auf, dass die recht­li­chen Rahmen­be­din­gun­gen im Umgang mit embryo­na­len Stamm­zel­len inter­na­tio­nal sehr hetero­gen sind. Das Embryo­nen­schutz­ge­setz und das Stamm­zel­len­ge­setz hinder­ten die Entwick­lung der Medizin. „Wer auf gesicherte Erkennt­nis wartet, kann sich allen­falls noch mit anderen Zaude­rern um die Krümel strei­ten“, so sein Plädoyer für mehr Wissen­schafts­frei­heit.

Der Vortrag des Medizin­recht­lers Maximi­lian Broglie bezog sich auf die Leistungs­ein­schrän­kun­gen in der gesetz­li­chen Kranken­ver­si­che­rung. Durch den Ausschluss des Sterbe- und Entbin­dungs­gel­des sowie der Kosten­er­stat­tung für Steri­li­sa­tion und Sehhil­fen aus dem GKV-Leistungs­ka­ta­log bleibe „der Patient auf der Strecke“. Spreng­stoff verberge sich zudem in den unter­schied­li­chen Werte­maß­stä­ben von Sozial- und Zivil­recht. Die ausrei­chende, zweck­mä­ßige und notwen­dige Versor­gung entspre­che nun einmal nicht dem zivil­recht­li­chen Haftungs­maß­stab der optima­len Versor­gungs­struk­tu­ren.

Die Rechts­lage der Koope­ra­tio­nen zwischen Medizin und Indus­trie beleuch­tete Rechts­an­walt Martin Theil­mann. „Sponso­ring oder Bestechung“ lautete das Thema seines Vortrags. Für Theil­mann steht es außer Frage, dass die Medizin auf die Finanz­kraft der Indus­trie angewie­sen ist. „Weder die öffent­li­chen Haushalte noch die Einrich­tun­gen verfü­gen über ausrei­chende Mittel, um die Konti­nui­tät der medizi­ni­schen Entwick­lun­gen zu gewähr­leis­ten.“

Gemäß § 25 Hochschul­rah­men­ge­setz entspre­che die dritt­mit­tel­fi­nan­zierte Forschung sogar dem gesetz­ge­be­ri­schen Willen, aller­dings dürfe die Schwelle zur Straf­bar­keit nicht überschrit­ten werden. Risiko­freie Lösungs­an­sätze böten der gemein­same Stand­punkt der Geräte­indus­trie und der pharma­zeu­ti­sche Verhal­tens­ko­dex. In jedem Fall müssten Zuwen­dun­gen unabhän­gig vom Umsatz­ge­schäft erfol­gen, gegen­über der Verwal­tung offen gelegt und dokumen­tiert werden sowie in einem angemes­se­nen Verhält­nis zur Gegen­leis­tung stehen.

Rechts­an­walt Herbert Warten­sle­ben bekräf­tigte die positive Funktion der Indus­trie im Gesund­heits­we­sen: „95% der Verdachts­mel­dun­gen schäd­li­cher medika­men­tö­ser Neben­wir­kun­gen stammen von der Pharma­in­dus­trie.“ Der erfah­rene Arznei­mit­tel­recht­ler hinter­fragte das hohe Haftungs­ri­siko des pharma­zeu­ti­schen Indus­trie­zwei­ges und erteilte dem überhöh­ten Sicher­heits­be­dürf­nis der Deutschen eine klare Absage.