In Ergänzung zu der Darstellung der Entscheidung des AG Frankfurt folgt nun eine Beschreibung der juristischen Einsatzvoraussetzungen von sogenannten freiheitsentziehenden Maßnahmen im stationären Pflegebereich:
Aus haftungsrechtlicher Sicht ist es zunächst von enormer Bedeutung, dass das potenzielle Sturzrisiko bei dem jeweilig betroffenen Heimbewohner so präzise wie möglich ermittelt wird. Hierbei muss neben dem abstrakten vor allen Dingen das situativ-konkrete Sturzrisiko herausgearbeitet werden. Dieses (schriftlich erfasste) konkrete Sturzrisiko ist die Grundvoraussetzung, damit eine geeignete sturzprophylaktische Intervention überhaupt zum Einsatz gebracht werden darf.
Richtig ist an dieser Stelle die Einschätzung von Sabine Hagedorn auf Facebook, dass bei der Abwägung des Für und Wider von sturzpräventiven Maßnahmen der Personalschlüssel keine Bedeutung haben darf.
Auch wenn der Einsatz von Bettgittern in manchen Einrichtungen gängige Praxis sein mag, ändert dies nichts an den Wertungen von Gesetzgebung und Rechtsprechung, nach der diese Form der Sicherungsvorkehrung das Recht der Betroffenen auf Fortbewegungsfreiheit beschneidet. Deshalb ist die Zulässigkeit des Einsatzes immer von einer Rechtfertigung durch die Abgabe einer wirksamen Einwilligung abhängig. Diese ist – wie von Birgit Ellersiek auf Facebook richtig bemerkt – von dem Betroffenen persönlich oder von dessen bevollmächtigten (Vorsorgebeauftragter) oder gesetzlichen (Betreuer) Vertreter abzugeben.
Jeder hat das Recht auf einen Sturz
Wird das Hochziehen des Bettgitters (Bettseitenteilen) verweigert, muss dieser Entscheidung – nach einer Belehrung über die hieraus resultierenden Gefahren – Folge geleistet werden. Wird hingegen die Einwilligung von dem Betroffenen oder dessen Vertreter erteilt, spricht nichts gegen die Einrichtung der Sicherungsmaßnahme.
Die Einschaltung des Betreuungsgerichtes wird immer dann erforderlich, wenn die Einwilligung durch einen Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter erfolgt und die Sicherungsmaßnahme länger als 24 Stunden oder regelmäßig (mehr als dreimal) vorgenommen werden soll.
Zusammenfassung
- Freiheitsentziehende Maßnahmen immer nur bei einer konkreten Gefahrenlage.
- Freiheitsentziehende Maßnahmen bedürfen der Einwilligung des Betroffenen oder der Einwilligung des Vertreters (Betreuer/Vorsorgebevollmächtigter).
- Freiheitsentziehende Maßnahmen, die durch einen Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigt legitemiert wurden, müssen vom Betreuungsgericht genehmigt werden, wenn die Sicherung länger als 24 Stunden oder öfter als dreimal in Folge vorgenommen wird.
Und weil es auch angesprochen wurde: Die vorgenannten Prinzipien gelten natürlich auch für den Krankenhausbereich.