---
Alkohol­ge­nuss kann auch im Alters­heim für Konflikte sorgen Bild: Kolotype/Dreamstime.com

Der Konsum von Alkohol ist durch­aus auch Thema bei hochbe­tag­te­ren Menschen, die Gründe für den Alkohol­kon­sum können dabei verschie­dens­ter Art sein: Der reine Genuss und die Erhal­tung von Lebens­qua­li­tät, das Betäu­ben von Schmer­zen oder aber eine tatsäch­li­che Sucht, um nur einige wenige zu nennen. Das Konsu­mie­ren von Alkohol ist dementspre­chend auch bei Bewoh­nern in Pflege­hei­men keine Selten­heit. Zu wissen, wie mit dem Alkohol­kon­sum der Bewoh­ner umgegan­gen werden sollte, ist daher durch­aus von Bedeu­tung für jede Pflege­fach­kraft.

Zunächst hilft daher grund­sätz­lich erstmal unter­schei­den zu können, ab wann ein risiko­ar­mer und ab wann ein riskan­ter Alkohol­kon­sum vorliegt. Dabei kann man sich an die Richt­werte halten, die von der Bundes­zen­trale für gesund­heit­li­che Aufklä­rung (BZgA) abgege­ben werden. Demnach liegt die Grenze des reinen Alkohols für Menschen ab einem Alter von 65 Jahren, der pro Tag maximal zu sich genom­men werden sollte, bei Frauen bei 12 Gramm und bei Männern bei 24 g. Dabei entspre­chen 10 bis 12 g etwa einem norma­len Glas Bier.

Ein geson­der­ter Fall liegt vor, wenn der Bewoh­ner zusätz­lich Medika­mente einnimmt. Hier sollte man unbedingt einen ärztli­chen Rat einho­len und sich infor­mie­ren, ob sich der Alkohol­kon­sum mit dem jewei­li­gen Medika­ment verträgt. Schließ­lich gibt es durch­aus Medika­mente, die ihre Wirkung in Verbin­dung mit Alkohol verlie­ren können. Es sollte auch bedacht werden, dass Alkohol bei Menschen im höheren Alter schnel­ler eine Wirkung zeigt und auch schlech­ter abgebaut werden kann, da sich der Flüssig­keits­haus­halt des Körpers verän­dert. Bei einer ungewoll­ten starken Wirkung des Alkohols sollte also Vorsicht geboten sein, gefähr­li­che Stürze und andere Unfälle sind denkbar.

Was ist aber zu tun, wenn es nicht nur bei einem Glas Bier oder Wein am Tag bleibt und ein Pflege­heim­be­woh­ner die Menge des risiko­ar­men Konsums deutlich überschrei­tet? Handelt es sich dann bereits um eine Sucht, muss oder darf man als Pflege­fach­kraft handelnd eingrei­fen und wie sollte man am besten mit dem Bewoh­ner über das Thema sprechen?

Ein Recht auf Lebens­qua­li­tät?

In recht­li­cher Hinsicht bewegt sich das Thema Alkohol­kon­sum bei Pflege­heim­be­woh­nern in einem juris­ti­schen Spannungs­feld zwischen dem Recht auf Selbst­be­stim­mung sowie dem Recht auf Sicher­heit des Bewoh­ners und Dritter. Wenn keine beson­dere Gefahr durch den Alkohol­kon­sum des Bewoh­ners ausgeht, so ist gegen den mäßigen Alkohol­ge­nuss grund­sätz­lich nichts auszu­set­zen. Im Gegen­teil: Er kann mögli­cher­weise sogar aktivie­rend auf die Bewoh­ner wirken und ihnen ein Stück Lebens­qua­li­tät zurück­ge­ben, deren Erhal­tung auch immer Ziel pflege­ri­schen Handelns sein sollte. Das Trinken bzw. Aufbe­wah­ren von Alkohol in den Bewoh­ner­zim­mern kann zudem nicht einfach so verbo­ten werden, es sei denn der Ausschluss von Alkohol wurde noch vor dem Einzug des Bewoh­ners fest im Vertrag verein­bart – hierzu­lande eher selten, da Alkohol­kon­sum nicht verbo­ten und zudem gesell­schaft­lich akzep­tiert wird. Wie der BIVA-Pflege­schutz­bund in einem Beispiel­fall erklärt, kann streng genom­men sogar ein Straf­tat­be­stand vorlie­gen, wenn Alkohol­fla­schen gegen den Willen und ohne Wissen des Bewoh­ners aus seinem Zimmer entfernt werden.

Erst wenn also eine tatsäch­li­che Gefahr auch für Dritte von dem Alkohol­kon­sum des Bewoh­ners ausgeht oder das Perso­nal dadurch behin­dert wird, kann ein Alkohol­ver­bot ausge­spro­chen werden. Bei tatsäch­lich Suchter­krank­ten muss auch ärztli­che Hilfe hinzu­ge­zo­gen werden, ein kalter Entzug kann durch­aus gefähr­dend für den Betrof­fe­nen sein. Alter­na­tiv könnte beispiels­weise die Einfüh­rung eines betreu­ten Trinkens im Pflege­heim dazu verhel­fen, den Alkohol­kon­sum der Bewoh­ner zu reduzie­ren und besser kontrol­lie­ren zu können, ohne dass sie sich dabei in ihrer Lebens­qua­li­tät einge­schränkt fühlen – so ein Vorschlag des BIVA-Pflege­schutz­bun­des.

Unabhän­gig von den recht­li­chen Grund­la­gen, stellt sich die Frage, wie mit einem Bewoh­ner umzuge­hen ist, der mögli­cher­weise ein Alkohol­pro­blem hat. Die BZgA gibt für diesen Fall im Rahmen der Kampa­gne „Alkohol? Kenn dein Limit“ Handlungs- und Formu­lie­rungs­emp­feh­lun­gen für Pflegende. Demnach sollte zunächst einmal im eigenen Team darüber gespro­chen werden, wenn der Alkohol­kon­sum eines bestimm­ten Bewoh­ners beson­ders auffäl­lig erscheint. Gegebe­nen­falls kann es erstmal helfen, über einen gewis­sen Zeitraum ein Proto­koll über den Alkohol­kon­sum des Bewoh­ners zu führen. Gemein­sam im Team kann dann überlegt werden, wie in dem jewei­li­gen Fall damit umzuge­hen ist. Ein hilfrei­cher Tipp: Es empfiehlt sich außer­dem die Zusam­men­ar­beit mit einer nahelie­gen­den Sucht­hilfe oder anderen Beratungs­stel­len, um sich gegebe­nen­falls einen Exper­ten­rat einho­len zu können. Wenn das Gespräch dann mit dem Bewoh­ner erfolgt, sollten vorwurfs­volle Formu­lie­run­gen unbedingt vermie­den werden. Vielmehr sollte man das Thema vorsich­tig anspre­chen und seine Unter­stüt­zung anbie­ten, ganz unabhän­gig von der jewei­li­gen Reaktion des Bewoh­ners.

Weitere Tipps für Pflegende, wie sie an die Bewoh­ner heran­tre­ten können, um über ein mögli­ches Alkohol­pro­blem zu sprechen, finden Sie auf der Seite der BZgA. Darüber hinaus stellt die Deutsche Haupt­stelle für Sucht­fra­gen umfas­sen­des Infoma­te­rial zu diesem Thema zur Verfü­gung. Den Umgang mit Bedürf­nis­sen älterer Menschen thema­ti­siert zudem der spannende Video­bei­trag „Sex, Drugs & Rolla­to­ren“, der im Rahmen der Winter­aka­de­mie 2016 entstan­den ist.

Quelle: BZgA, DHS, BIVA