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Symbol­bild: Wegen Zahlungs­rück­stän­den soll eine ältere Frau ihr Zimmer im Pflege­heim räumen. Bild: © Katar­zyna Bialasie­wicz | Dreamstime.com

Bewoh­ne­rin kann Rechnun­gen nicht bezah­len und steht vor Räumungs­klage

Für das Zimmer in einem Pflege­heim soll eine Frau monat­lich 1.796,06 Euro bezah­len. Eine Rechnung, die die Bewoh­ne­rin offen­sicht­lich nicht beglei­chen kann.

Der Heimver­trag wurde am 19. März 2020 geschlos­sen. Schon ein Jahr nach Bezug der Wohnung kann sie die Leistungs­ent­gelte nicht in vollstän­di­ger Höhe zahlen.

Circa andert­halb Jahre nach Bezug der Wohnung am 14. Septem­ber 2021 flatterte die erste Mahnung des Pflege­zen­trums rein. Die Frau soll 6.467,86 Euro offener Kosten bezah­len. Außer­dem wurde ihr die Kündi­gung der Wohnung in Aussicht gestellt, sollte sie nicht bezah­len.

Knapp andert­halb weiter Jahre vergin­gen, ehe die nächste Zahlungs­auf­for­de­rung am 3. Februar 2023 bei der Frau einging. Das Pflege­heim forderte 10.019,83 Euro und kündigte den Heimver­trag wegen Zahlungs­ver­zu­ges.

Frau reagiert nicht auf Zahlungs­for­de­rung

Am 21. Juli 2023 folgt die nächste Mahnung: Jetzt müsse sie weitere 6.358,22 Euro zahlen. Auf die Mahnun­gen gab es keine Reaktion der Frau, weshalb das Pflege­heim am 18. August 2023 klagt und einen Anspruch auf Räumung des Zimmers geltend macht.

Vorsorg­lich wurde auch die frist­lose Kündi­gung des Heimver­trags erneut ausge­spro­chen. Die Klage zeigte Wirkung. Nach drei Monaten zahlte die Bewoh­ne­rin zunächst 4.000 Euro und einen Monat später weitere 900 Euro.

Mehr konnte sie aller­dings nicht aufbrin­gen. Am 21. Februar 2024 stellt die Frau Antrag auf Übernahme der Mietrück­stände bei der Stadt Lübeck.

Vor Gericht fordert das Pflege­zen­trum die Frau auf ihr Einzel­zim­mer mit 15,2 Quadrat­me­tern verbun­den mit WC, Wasch­be­cken und Dusch­bad zu räumen und an die Besit­ze­rin heraus­zu­ge­ben.

Räumungs­klage ist begrün­det

Nach Ansicht des Gerichts ist die Klage des Pflege­zen­trums begrün­det. Nach § 985 BGB besteht ein Anspruch auf Heraus­gabe des bewohn­ten Zimmers.

Auch die frist­lose Kündi­gung des Heimver­trags wegen Zahlungs­ver­zu­ges ist wirksam. Insge­samt muss die Bewoh­ne­rin 34.626,22 Euro zahlen. Weil der Heimver­trag wirksam gekün­digt wurde, hat die Frau kein Besitz­recht auf ihr bewohn­tes Zimmer und muss es an das Pflege­heim heraus­ge­ben.

Vor Gericht konnte sie keine Gründe nennen, die gegen eine Kündi­gung gespro­chen hätten. Die von ihr geleis­te­ten Zahlun­gen während des Rechts­streits von 4.000 sowie von 900 Euro würden nur einen gerin­gen Teil der Rückstände ausglei­chen. Dadurch würde aber nicht der Kündi­gungs­grund entfal­len.

Außer­dem sei nicht klar, wie die laufen­den Kosten für das Pflege­heim begli­chen werden sollen. Das Wohn- und Betreu­ungs­ver­trags­ge­setz sieht in § 12 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 den Zahlungs­ver­zug als mögli­chen Grund für die Kündi­gung des Heimver­trags an.

Ausgleich der Zahlun­gen ungenü­gend

Ein Ausgleich der Zahlungs­rück­stände würde zwar tatsäch­lich dazu führen, dass der Grund für die Kündi­gung obsolet ist. Für solch einen Fall sind die Zahlun­gen, die die Frau geleis­tet hatte, aller­dings nicht ausrei­chend.

Angesichts der hohen Zahlungs­rück­stände kann der Bewoh­ne­rin keine Räumungs­frist gemäß § 721 ZPO gewährt werden. Zwar wäre ein Umzug für die Frau wegen ihres hohen Lebens­al­ters überdurch­schnitt­lich schwie­rig, was für die Bewil­li­gung einer Räumungs­frist sprechen würde.

Aller­dings hat sie schon ein Jahr nach Bezug des Zimmers keine ausrei­chen­den Zahlun­gen mehr getätigt, was angesichts der erheb­li­chen Summe eine starke wirtschaft­li­che Belas­tung für das Pflege­zen­trum darstellt, wodurch auch andere Bewoh­ner betrof­fen sein könnten.

Darüber hinaus hat die Frau auf Mahnun­gen nicht reagiert und keine Bemühun­gen gezeigt, die offenen Leistun­gen zu beglei­chen. Auch im Hinblick auf die Beschaf­fung von Ersatz­wohn­raum zeigte sie keine Mühen.

Gesetz­li­cher Betreuer muss sich um neue Bleibe kümmern

Das Gericht hat hierbei anerkannt, dass die Frau wegen ihres hohen Lebens­al­ters vermut­lich nicht mehr in der Lage sein dürfte, diese Anstren­gun­gen aus eigener Kraft zu bewäl­ti­gen.

In solch einem Fall müsse aber der gesetz­li­che Betreuer einsprin­gen und sich um die Angele­gen­hei­ten kümmern. Er muss also die Zahlun­gen sicher­stel­len und eine Ersatz­un­ter­kunft organi­sie­ren.

Wie der gesetz­li­che Betreuer der Frau angab, litt er unter Long-COVID, weshalb es ihm nicht möglich war, sich um sie zu kümmern.

Unter diesen Umstän­den hätte er aller­dings die recht­li­che Betreu­ung abgeben und die Bestel­lung eines anderen Betreu­ers veran­las­sen müssen.

Auch nach der Klage hat sich der gesetz­li­che Betreuer der Frau nicht ausrei­chen darum bemüht, die laufen­den Zahlun­gen zu sichern.

Erst im Februar 2024 reichte er einen Antrag auf Übernahme von Mietrück­stän­den bei der Stadt Lübeck ein. Dabei waren die Rückstände schon drei Jahre zuvor bekannt und infol­ge­des­sen mehrmals abgemahnt worden.

Ganz davon abgese­hen, dass es im vorlie­gen­den Fall nicht um die Rückzah­lung von Mietkos­ten geht, sondern um nicht bezahlte Leistun­gen für ein Pflege­heim.

Das Urteil ist rechts­kräf­tig.

Quelle: LG Lübeck vom 25. April 2024 – 5 O 197/23 = RDG 2024, S. 214 ff.