Sage und schreibe zwei Tage wurden die TV-Promis auf ihr „Pflege-Praktikum“ vorbereitet. Was dann folgt, kann einen als Pflegekraft einfach nur fassungslos, kopfschüttelnd und wütend zurücklassen. Es wird wieder einmal das große Klavier gespielt: Gefühle, Emotionen und Aufgaben. Fast wie bei den Promis im Dschungelcamp, nur eben im Krankenhaus – „Ich bin eine Pflegekraft, holt mich hier raus!“
Promis als Gefahrenquelle
Ein Promi mit zweitägiger Ausbildung zieht einen Drainageschlauch. In diesem Moment stockte mir der Atem! In der Ausbildung durfte ich sowas erst in der Mitte des zweiten Jahres und dabei hatte ich meinen Mentor mit strengem Blick hinter mir. Vorab musste ich etliche Male alles dazu aufzählen und wiederholen, ich musste Grundlagen erlernen und mich vorbereiten. Kurz darauf feiert es der Sender bereits mit einem eigenen Tweet bei Twitter.
In einer anderen Situation sticht sich ein anderer Promi an einer Nadel. Immerhin noch steril – welch ein Glück für alle Beteiligten. Aber was wäre gewesen, wenn eben dieser Promi vorher einen Patient damit gestochen hätte? Ein unglaubliches Gefahrenpotential für alle Beteiligten. So viel kann in solchen Momenten so schnell schief gehen.
Und wieder einmal spielt man damit die berühmte „Pflegen-kann-jeder“-Karte aus. Man sollte meinen, Politik und Gesellschaft schaffen es, diesen riesengroßen Fehler endlich einmal zu vermeiden und die Professionalität dieser Berufsgruppe anzuerkennen.
Promis die nicht helfen, sondern stören
Ich muss mir vorstellen, wie es wohl gerade ist für alle Beteiligten. Auf der einen Seite die Pflegekräfte, in Unterbesetzung und normalem Alltag mit einem zusätzlichen „Praktikanten“ inklusive Kamerateam am Bein. Und auf der anderen Seite die Patienten mit ihren Krankheiten, Nöten und Ängsten, die sie wahrscheinlich vor der Kamera verbergen oder unterdrücken. Welcher Mensch hat schon in solch einer „Ausnahmesituation Krankenhaus“ dann auch noch gern die Kamera im Gesicht und dazu einen grinsenden oder entsetzten Promi?
Als die Sendung vorbei ist, bin ich fassungslos. Ich sitze einige Minuten da und kann mein pures Entsetzen und meinen Zorn kaum in Worte fassen. Wie vielen Pflegekräften wird es in diesem Moment ähnlich da draußen gehen?
Glückwunsch an den Sender, diese Sendung ist das Allerletzte!
Nach einigen Minuten kann ich mich wieder besinnen und die Wut lenken. Ich denke nach und werde traurig und nachdenklich und kann dann nur eines schreiben an alle Pflegekräfte da draußen:
„Liebe Pflegekräfte, die Ihr da draußen seit unzähligen Jahren für viel zu wenig Lohn und unter miserablen Arbeitsbedingungen arbeitet und den Beruf ‚von der Pike auf gelernt habt‘. Genau Ihr seid für mich die Menschen, welche den Job täglich mit Herzblut machen – keine Möchtegern-Promis für Einschaltquote, Aufmerksamkeit und Bekanntheit.“
Zur Person: Stefan Heyde ist langjähriger Gesundheits- und Krankenpfleger. Um Missstände aufzudecken hat er die Aktion Pflegekräfte in Not ins Leben gerufen.
Weitere Infos: pflegekraefte-in-not.weebly.com