Ein deutlicher Ruf nach der PPR 2.0: In einem Offenen Brief an Bundes-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Abgeordneten des Bundestages haben sich rund 86 Interessenvertretungen aus Kliniken in ganz Deutschland, die nach Angaben der Gewerkschaft Verdi insgesamt rund 340.000 Beschäftigte vertreten, für eine schnelle Einführung der Pflege-Personalrichtlinie gesprochen – und zugleich davor gewarnt, das Instrument zu verwässern.
Im Gegenteil fordern sie deutliche Nachbesserungen an der Richtlinie, die in einem Erstentwurf seit Anfang 2020 vorliegt. Insbesondere wehren sich die Arbeitnehmervertretungen – darunter Betriebsräte, Konzern-Betriebsräte, Personalräte, Gesamt-Personalräte und Mitarbeitervertretungen – gegen das Vorhaben, dem Finanzminister ein Mitbestimmungs- und Vetorecht bei den Personalstärken an die Hand zu geben.
PPR 2.0: Einspruchsmöglichkeit des Finanzministers „absolut inakzeptabel“
„Wir, die betrieblichen Interessenvertretungen von 339.123 Beschäftigten aus deutschen Krankenhäusern, erwarten von der Bundesregierung und den Bundestagsabgeordneten, die PPR 2.0 als bedarfsgerechte Personalbemessung jetzt ohne Wenn und Aber verbindlich auf den Weg zu bringen“, heißt es in dem von Verdi veröffentlichen Offenen Brief.
„Für uns ist es absolut inakzeptabel, die versorgungspolitisch zentrale Frage der Personalausstattung in der Krankenhauspflege, vom Bundesfinanzminister abhängig zu machen. Diesen Dammbruch, der die Versorgungsqualität dem Einspruch des Finanzministers überlässt, darf es nicht geben. Es ist überfällig, dass bei den Kolleg*innen in den Krankenhäusern endlich spürbare Entlastung ankommt.“
Die PPR 2.0 soll nach den bisherigen Plänen ab 2023 schrittweise, zunächst in Stadien der Erprobung, eingeführt werden. Spätestens ab 2025 drohten Kliniken Sanktionen, falls sie die festgelegten Personalstärken unterlaufen. Ein Kritikpunkt ist, dass die PPR 2.0 nach den aktuellen Planungen gerade die Stationen nicht umfasst, die in der Patientenversorgung als besonders sensibel gelten – wie die Pflege im OP-Dienst, in Dialyseeinheiten, in der Anästhesie, in der Endoskopie, in der Funktionsdiagnostik, in der Ambulanz und in den Notaufnahmen sowie in der Intensivversorgung.
Eine generellere, grundsätzlichere Kritik am Reformwerk ist, dass die aktualisierte PPR nur in der Krankenpflege Anwendung finden soll, nicht dagegen in der Altenpflege.
„Senden Sie jetzt das wichtige Signal: Politik hat die Not verstanden“
Die unterzeichnenden Beschäftigten-Gremien formulieren fünf zentrale Punkte: Neben der Streichung des Vetorechts für den Finanzminister, sind dies die verbindliche Einführung der PPR 2.0, und eine eindeutige Verankerung dieser im Gesetzestext. „Wo PPR 2.0 draufsteht, muss auch PPR 2.0 drin sein. Bisher wird das Instrument lediglich mittelbar u. a. in der Begründung genannt.
Es ist direkt im Gesetz eindeutig auf die PPR 2.0 zu verweisen. „Des Weiteren seien auch Intensivstationen bei der bedarfsgerechten Personalbemessung einzubeziehen. Zu guter Letzt ist gefordert, Regelung flächendeckend und bundeseinheitlich einzuführen. „Es gibt keinen Grund dafür, Kliniken mit Entlastungsvereinbarungen von gesetzlichen Vorgaben auszunehmen. Für die dort Beschäftigten müssen die jeweils besseren gesetzlichen oder tariflichen Regelungen zur Anwendung kommen.“ Insbesondere deshalb, da Arbeitgeber häufig mit „Pseudogewerkschaften“ Verträge aushandelten, die den eigentlichen Interessen der Beschäftigten zuwider liefen.
Im Offenen Brief beziehen sich die Unterzeichnenden auf die Versprechen vor der Bundestagswahl, gesetzlich für bessere Bedingungen in der Pflege zu sorgen, sowie auf die aktuelle Fachkräftesituation, die sich durch die schlechten Arbeitsbedingungen sowie die damit verbundenen Arbeitszeit-Reduzierungen und Kündigungen zunehmend verschärfe. Es brauche endlich Gewissheit, dass es besser wird. „Senden Sie jetzt das wichtige Signal an die Berufsgruppe: Die Politik hat die Not verstanden, schafft Entlastung und legt die Grundlage für eine gute und sichere Versorgung im Krankenhaus“, schließt der Aufruf.