Die Barmer Krankenkasse hat ihren jährlichen Pflegereport veröffentlicht. Das Fazit ist ernüchternd: Die seit längerem bestehenden Engpässe in der Pflege werden sich weiter verschärfen.
Mehr als 180.000 Pflegekräfte fehlen
Denn bis zum Jahr 2030 werden laut Berechnungen der Barmer mehr als 180.000 Pflegekräfte benötigt. Laut dem Pflegereport der Barmer werden dann eine Million Menschen vollstationär sowie 1,17 Millionen durch ambulante Pflegedienste versorgt werden. Im Vergleich zu heute bedeutet das einen Zuwachs an pflegebedürftigen Personen von 26 Prozent in Pflegeheimen sowie ein Plus von 16 Prozent ambulant.
„Die Politik muss zügig gegensteuern, andernfalls bleibt die Pflege eine Großbaustelle auf schwachem Fundament. Im Koalitionsvertrag stehen dazu einige richtungsweisende Vorhaben. Das begrüßen wir ausdrücklich! Nun muss rasch die Umsetzung angegangen werden“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER.
Pflegenotstand: Versorgung durch Angehörige
Die Ursache für den rasant steigenden Personalbedarf liegt im demographischen Wandel. Dadurch, dass die Deutschen immer älter werden, wird die Anzahl pflegebedürftiger Menschen bis 2030 voraussichtlich auf sechs Millionen steigen. Von diesen sechs Millionen, so die Hochrechnung der Barmer, werden 3 Millionen von Angehörigen versorgt.
Die Versorgung zu Hause ist für viele Pflegebedürftige wünschenswert. Allerdings führt das oft zu einer hohen Belastung der Angehörigen, die laut Barmer-Pflegereport oft kurz davor sind, die persönliche Betreuung aufzugeben. Straube hält deshalb eine Lohn-Ersatzleistung für pflegende Angehörige für sinnvoll. „Wir können es uns nicht leisten, dass deren Hilfsbereitschaft an der Last der Pflege zerbricht und an der Tatsache, dass sie Pflege zum Nulltarif leisten müssen“, so Straub.
„Angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger und der bereits heute großen Zahl an fehlenden Pflegekräften ist Deutschland auf dem besten Wege, in einen dramatischen Pflegenotstand zu geraten. Um diesen Pflegenotstand abzuwenden, muss die künftige Bundesregierung vor allem die Ausbildung attraktiver machen. Es muss mehr Nachwuchs für die Pflege gewonnen werden“, sagt Straub.
Koalition plant Verbesserungen
Der Weg kann also nur darin liegen, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, zum Beispiel durch angemessene Gehälter, familienfreundliche Arbeitszeiten und die Abschaffung geteilter Dienste. Nur so kann sichergestellt werden, dass junge Menschen nicht nur in den Pflegeberuf einsteigen, sondern auch dabeibleiben.
Freilich sind diese Überlegungen alle nicht neu. Denn schon die Konzertierte Aktion Pflege war ein Versuch, die Lage von Pflegenden in Deutschland zu verbessern, bisher mit mäßigem Erfolg. Die neue Regierung plant mehr Kompetenzen für Pflegende, weniger Bürokratie und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch bessere Dienstzeiten. Man darf gespannt sein.