Zum Personalnotstand in der Pflege trägt nicht nur der Mangel an Pflegekräften auf dem Arbeitsmarkt bei, sondern auch der hohe Krankenstand der Beschäftigten. Das ist die Haupterkenntnis aus dem Pflegereport 2020 der Barmer-Ersatzkasse. Demnach waren Pflegekräfte viel häufiger krankgeschrieben als Angehörige anderer Berufsgruppen. Zudem dauert es bei ihnen im Schnitt länger, bis sie wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren. Diese Ergebnisse treffen insbesondere auf die Altenpflege zu. Wie die Barmer bei der Vorstellung des Berichts unterstrich, gäbe es rechnerisch rund 26.000 Pflegekräfte mehr, läge der Krankenstand auf dem durchschnittlichen Niveau sonstiger Berufe. Davon könnten geschätzt 50.000 Menschen in den Kliniken oder Pflegeheimen profitieren.
„Die Pflegeberufe müssen dringend deutlich arbeitnehmerfreundlicher werden. Mit substanziell und nachhaltig besseren Arbeitsbedingungen könnten Bund, Länder und Arbeitgeber den Pflegeberuf zeitnah attraktiver gestalten. Mit dem Potenzial an 26.000 Pflegekräften könnten zusätzlich 50.000 Menschen versorgt werden“, so die Schlussfolgerung von Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der gesetzlichen Kasse.
Rückenschmerzen und Depressionen besonders stark verbreitet
Während unter allen Barmer-Versicherten der Krankenstand 5,0 Prozent beträgt, liegt er bei Fachkräften und Hilfskräften in der Altenpflege bei 7,2 beziehungsweise 8,9 Prozent. Bei Krankenpflegefachkräften beziehungsweise ‑hilfskräften sind es immer noch 6,5 und 7,9 %. Besonders anfällig sind Pflegekräfte für depressive Episoden und Rückenschmerzen. Während auf den Durchschnitts-Versicherten 1,25 Arbeitstage wegen Depression wegfallen, sind es bei Fach- und Hilfskräften der Altenpflege 2,23 beziehungsweise 2,39. Bei den Pendants in der Krankenpflege sind die Fallzahlen mit 1,58 und 1,98 ebenfalls deutlich erhöht gegenüber der Gesamtbevölkerung.
Noch gravierender ist die Lage bei Rückenschmerzen. 0,87 Krankheitstage pro Jahr im Durchschnitt der Versicherten stehen 1,71 Krankheitstagen bei den Altenpflegefachkräften und 2,45 Krankheitstagen bei den Altenpflegehilfskräften gegenüber. In der Krankenpflege stehen 1,31 Krankheitstage bei den Fachkräften und 1,94 bei den Hilfskräften zu Buche. Aufgrund der Belastung etwa durch Lagerungsarbeiten und Körperpflege der Bewohner ist dies wenig verwunderlich. Auch für Bluthochdruck und Adipositas, also starkes Übergewicht, ist die Pflege deutlich anfälliger als andere Berufsgruppen. Ebenso wenig erstaunen kann vor dem Hintergrund, dass es deutlich mehr Fälle von Frühverrentung in den Pflegeberufen gibt. Gegenüber 2,1 (Frauen) und 3,2 (Männer) Eintritten in die Erwerbs-Minderungsrente unter 1.000 Beschäftigten sämtlicher Branchen liegen sie etwa bei den Altenpflegehilfskräften bei 5,0 (Frauen) und 6,2 (Männer).
Quelle: Barmer Pflegereport 2020