Pflegekammer
Überzeugte mit einem Vortrag über den Sinn einer Kammer: Sandra Postel Bild: Alexan­der Meyer-Köring

Die Pflege­kam­mer und ihre Sinnhaf­tig­keit im Fokus: „Lassen Sie uns strei­ten und debat­tie­ren – das haben wir in der Pflege anschei­nend nicht gelernt“, erklärt Sandra Postel gleich zu Beginn und skizziert das Haupt­pro­blem der Szene aus ihrer Sicht. Denn die Pflege werde von der Politik nicht ernst genug genom­men.

Warum – das wird sie im weite­ren Verlauf ihres Vortra­ges erläu­tern. Auch, wie sie mit der Kammer dagegen halten will. Entschlos­sen­heit strahlt Postel von der ersten Sekunde an aus. Eine Überzeu­gungs­tä­te­rin mit Argumen­ten.

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In der Katho­li­schen Hochschule Köln Bild: Alexan­der Meyer-Köring

„Alles was wir in der Pflege­kam­mer tun muss in die Verän­de­rung der Prozesse einflies­sen“, konsta­tiert sie – Raunen im Saal unter den Studen­tin­nen und Studen­ten. Eine neue Debat­ten­kul­tur müsse her. Die Wichtig­keit einer Kammer unter­mau­ert sie mit der These, dass „eine Pflege­kam­mer darauf achten muss, dass Entschei­dun­gen getrof­fen werden.

Sie sieht die Kammer als wesent­li­chen Faktor im Spiel der Kräfte des deutschen Gesund­heits­we­sens. Denn die Pflege müsse sich behaup­ten neben den Gewerk­schaf­ten und Berufs­ver­bän­den.

Pflege­kam­mer redet mit in der Politik

„Das deutsche Gesund­heits­sys­tem muss umgekrem­pelt werden“, sagt Postel – Zusti­mung im Saal, Köpfe nicken. „Die Pflege braucht den Stand, den sie verdient. Ich bin Realo: das wird nicht so kommen“, so Postel weiter. Aber: eine Kammer rede zumin­dest mit im Spiel der politi­schen Kräfte, wenn es um die Vertei­lung von Ressour­cen geht.

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Auf Einla­dung von Prof. Dr. Volker Großkopf in Köln: Sandra Postel Bild: Alexan­der Meyer-Köring

Konkret wirke eine Pflege­kam­mer in diesen Feldern mit:

  • Erhal­tung eines hochste­hen­den Berufs­stan­des
  • Beraten von Staats- und Gemein­we­sen
  • Agieren als Selbst­ver­wal­tung
  • Benen­nen von Sachver­stän­di­gen

Sofort kommt Kritik aus den dicht besetz­ten Reihen: „Die Politik will ja gar nicht, dass die Pflege besser wird“, ereifert sich ein Student. Postel entgeg­net: „Wann spüre ich, dass eine Kammer wirkt?“ Sie nennt ein Beispiel aus Rhein­land-Pfalz. Dort entschei­den nun keine Betriebs­wirte mehr, wo welche Pflege­kraft einge­setzt werden, sondern die Kammer.

Zum Beispiel beim OP-Manage­ment. Das überzeugt. Eine Studen­tin gesteht: „Es war mir gar nicht klar, dass eine Kammer auch dafür zustän­dig ist – es fehlt echt an Aufklä­rung!“

Das hat Sanra Postel als Haupt­pro­blem ausge­macht. Die wenigs­ten wüssten um die Kernkom­pe­ten­zen der Kammern und was sie tatsäch­lich bewir­ken könnten. „Wir machen deutlich, was eine Kammer alles kann. Das Bild der Pflege in Deutsch­land ist etwa vergleich­bar mit dem Frauen­bild in diesem Land in den 1960er Jahren“, sagt Postel. Überzeu­gungs­ar­beit mit markan­ten Thesen.

Reaktio­nen

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Marcel Knorr (31) und Lisa-Marie Lauer (32) Bild: Alexan­der Meyer-Köring

Lisa-Marie Lauer (32), Fachkran­ken­schwes­ter für Anästhe­sie, hat verstan­den, was die Kammer tun kann für sie und ihren Stand: „Frau Postel ist sehr sympha­tisch und hat unsere Fragen gut beant­wor­tet. Für mich ist klar: ich bleibe nicht nur Mitglied in einer Gewerk­schaft, ich will auch ein aktives Kammer­mit­glied sein. Es ist nicht so, dass wir nichts tun. Unser Beruf kann weiter gebracht werden.“

Marcel Knorr (31), Gesund­heits- und Kranken­pfle­ger für die Notfall­pflege, ist begeis­tert von der Möglich­keit, Postel näher kennen­ge­lernt zu haben: „Das war eine konstruk­tive Diskus­sion. Beson­ders gut war, dass wir tief in die Materie einge­stie­gen sind, inter­es­sante Einbli­cke gewin­nen konnten. Wir werden die Pflege­kam­mer hier in NRW defini­tiv brauchen können!“

Zur Person: Sandra Postel ist gelernte Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­rin, Pflege­päd­ago­gin sowie Pflege­wis­sen­schaft­le­rin. Sie ist Vorsit­zende des Errich­tungs­aus­schus­ses der Pflege­kam­mer Nordrhein-Westfa­len. Die konsti­tu­ie­rende Sitzung der Kammer­ver­samm­lung ist für den 16. und 17. Dezem­ber 2022 termi­niert. Die Wahl des Vorstan­des wird im Januar 2023 erfol­gen.