Pflege und Fußball vereint doch deutlich mehr, als man zunächst annehmen mag. Und wer weiß: Vielleicht kann die Pflege sogar etwas vom Fußball lernen. Ein Kommentar:
Es geht nur im Team
Worin unterscheiden sich Spieler wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Neymar von Kevin Großkreutz, Erik Durm und Ron-Robert Zieler? Richtig, letztere haben zusammen mit dem DFB-Team 2014 die Weltmeisterschaft gewonnen, Sie haben jeder einen WM-Titel mehr in ihrer Vita als die drei erstgenannten Weltklassefußballer zusammen.
Gespielt haben sie zwar nicht, als Teil der berühmtberüchtigten und kinofilmwürdigen „Die Mannschaft“ trugen sie durch ihre Teamfähigkeit entscheidend zum Mannschaftszusammenhalt bei, welcher letztlich der Schlüssel zum Erfolg in entscheidenden Spielen wie dem Krimi gegen Algerien und dem Finalsieg gegen Messis Argentinier war.
Die Mannschaft war eine Einheit. Und genauso sollte es in der Pflege auch sein. Für eine optimale Versorgung von Patienten und Heimbewohnern ist die Arbeit im Team enorm wichtig. Ist das Verhältnis innerhalb der Pflegegruppe sowie mit den Patienten und deren Angehörigen freundschaftlich und ziehen alle am gleichen Strang kann man damit die Pflegeleistung deutlich anheben und verbessern.
Den Teamgeist stärken
Grundlage für jede Bundesligasaison oder jedes Turnier ist ein gemeinsames Trainingslager. Hierbei geht es darum, die Spielabläufe zu trainieren und dass die Spieler gegenseitig zu einem Team zusammenwachsen. Sowohl im spielerischen als auch im privaten Verhältnis.
Ähnliches kann durch gemeinsame Aktivitäten der Pflegekräfte außerhalb ihrer Pflegegruppe erreicht werden. Sich bei einem gemeinsamen Bier besser kennenlernen, sich konstruktiv über die Arbeit austauschen und Sympathien füreinander entwickeln – schon fällt einem die Arbeit im Team deutlich leichter.
Routinen entwickeln und Abläufe trainieren
Um die Abläufe auf dem Platz zu automatisieren, simulieren Fußballmannschaften Tag für Tag dieselben Spielzüge, Laufwege und Systeme im Training. Inidividuelle Einzelgespräche helfen zudem den einzelnen Akteuren, die Spielidee zu verinnerlichen und ihre individuellen Qualitäten besser in das Spiel einzubringen.
Ähnlich sieht es in der Pflege aus. Arbeitsroutinen helfen dabei, Abläufe zu organisieren und sich auf seine individuellen Aufgaben konzentrieren zu können. Durch Bildungsurlaub, Seminare oder Fortbildungen können sich Pflegekräfte zudem individuell weiterentwickeln und verbessern, um sich für die gefährlichen Standardsituationen des Pflegealltags zu wappnen.
Individuelle Aktionen
Wir schreiben den 13. Juli 2014. Ort des Geschehens: Das legendäre Maracana in Rio de Janeiro. Es läuft die 113. Spielminute. André Schürrle bekommt kurz hinter der Mittellinie den Ball, treibt ihn über 40 Meter auf der linken Seite nach vorne und flankt auf den einlaufenden Mario Götze. Dieser nimmt den Ball im Strafraum mit der Brust an und legt ihn im Fallen am herauseilenden argentinischen Keeper Sergio Romero vorbei zum 1:0. Es ist das goldene Tor zum WM-Titel. Auch wenn Fußball ein Mannschaftssport ist, so entscheiden doch häufig individuelle Aktionen über Sieg und Niederlage.
Situativ nicht hundertprozentig vergleichbar, aber nach einem ähnlichen Prinzip ist auch die Pflege abhängig von den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Patienten und Bewohner. Wichtig ist, sich darauf einzulassen, damit die Pflege auch bedarfsgerecht erfolgen kann.
Die Aufstellung
Was im Fußball 4–3‑3, 3–5‑2 oder 4–4‑2 heißt, heißt in der Pflege Dienstplangestaltung. Der Trainer, bzw. Arbeitgeber entscheidet, wann und wo er welchen Spieler, also welche Pflegekraft einsetzt und weist ihr damit eine Position, also eine Aufgabe, zu.
Auch wenn man die Entscheidungen von oben nicht immer nachvollziehen mag, so hat man diese zu akzeptieren und das beste daraus zu machen. Hinter der Aufstellung steckt zumeist ein Plan, eine Strategie, die für eine erfolgreiche Partie, bzw. Arbeitswoche sorgen soll. Und geht diese Strategie einmal nicht auf, so wird sie zum nächsten Spiel, also bei der nächsten Dienstplangestaltung modifiziert und verbessert.
Leidenschaft und Herzblut
Bastian Schweinsteiger wurde im WM-Finale 2014 unzählige Male gefoult, spielte am Ende sogar mit einem Cut unter dem Auge und ließ sich von etlichen Attacken der Argentinier nicht unterkriegen. Diese Leistung, das Herz auf dem Platz zu lassen egal wie weh es auch tut, weil man ein großes Ziel vor Augen hat, imponierte über ganz Fußballdeutschland hinaus Millionen Menschen.
Natürlich sollen sich Pflegekräfte nicht ähnlich bis zum Kollaps verausgaben. Jedoch sollte stets die Leidenschaft und das Ziel im Vordergrund stehen. Die Leidenschaft, sich um Menschen zu sorgen mit dem Ziel, ihnen kurz- oder langfristig zu helfen. Wer mit Herzblut arbeitet, arbeitet besser!
Die Fans mit ins Boot holen
Fußball ohne Fans: Was vor ein paar Jahren noch unvorstellbar erschien, wurde mit der Coronapandemie Realität. Nicht zuletzt wurde jedoch deutlich: Fußball ist FÜR die Fans.
„Fans“ als solche gibt es in der Pflege zwar nicht, jedoch arbeitet die Pflege ebefalls für Andere und nicht für sich. Dies ist der Sinn des Pflegeberufs. Und wer weiß, vielleicht erzeugt man durch gute Arbeit auch eine gute Mundpropaganda für sich und sein Team.
Fit bleiben
Fitness ist in Pflege und Fußball das A und O. Wer nicht fit ist, hält auf dem Platz keine 90 Minuten durch, wird deswegen frühzeitig ausgewechselt oder setzt sich gar dem Risiko einer Verletzung aus.
Ähnlich ist es in der Pflege. Die hohe körperliche Belastung (schweres Heben, häufiges Bücken, viel Stehen, wenig Pausen) gepaart mit dem psychischen Stress, dem sich Pflegekräfte Tag für Tag aussetzen müssen, führt häufig noch ein paar Stufen weiter: Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen oder Depressionen sind nicht selten gerade bei Personen aus dem Pflegeberuf vorzufinden. Daher sind Ausgleichstätigkeiten in der Freizeit immens wichtig.
Gezielter Sport zur Gegensteuerung, gesunde Ernährung und viel Schlaf sorgen dafür, dass sich der Körper zum einen besser auf die harten Schichten vorbereiten kann, zum anderen aber auch dafür, dass er sich von diesen auch erholt. Daher der Rat an alle Pflegeden: Achten Sie auf Ihre Gesundheit!
Erfolge bejubeln
Die Freude nach einem Tor, die Erleichterung nach einem Sieg, die Ausgelassenheit bei einem Titelgewinn – was gibt es schöneres für einen Fußballfan? Auf der anderen Seite stehen Niederlagen, Abstiege und bittere Gegentore, die einen als Fans oft trauern lassen.
Gewinner und Verlierer gibt es in dieser Form in der Pflege nicht. Der Gewinn in der Pflege ist der Zusammenhalt im Team, die erfolgreiche Versorgung der Patienten und die Wertschätzung in Krisenzeiten. Wieso nicht diese Dinge auch mal bejubeln? Schließlich ist jubeln doch viel schöner, als der Frust, wenn etwas mal nicht so läuft wie geplant.
Nach Niederlagen wieder aufstehen
Getrau dem Motto der Kölschen Fußball-Ikone Lukas Podolski „So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere“ gibt es auch in der Pflege Niederlagen: Ein Heimbewohner stirbt oder erkrankt. Ein anderer, dementer Heimbewohner terrorisiert die Pflegekräfte, schlägt sie oder führt ihnen psychisches Leid zu.
Sicherlich ist das Ignorieren solcher Geschehnisse keine Lösung, dennoch ist es die Aufgabe der Pflegekräfte, mit solchen Rückschlägen umzugehen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Oder wie es Lothar Matthäus sagen würde: „I look not back, I look in front“.
Aus Niederlagen wird man stärker und nach Rückschlägen steht man wieder auf. Freud und Leid vereint. Auch das haben sie gemeinsam, Pflege und Fußball.
Nervenkitzel
Das Schöne am Fußball ist doch: Man weiß vorher nie, wie das Spiel endet. Die Spannung vor dem Anpfiff, die Emotionen während des Spiels und die Erleichterung nach dem Abpfiff machen einen Besuch im Stadion erst richtig aus.
Es sind oft überraschende, unvorhersehbare Aktionen, die ein Fußballspiel entweder entscheiden oder so richtig spannend machen können. Genauso in der Pflege. Es sind oft die kleinen, plötzlichen Wendungen und Geschehnisse, die den Pflegeberuf erst zu der Herausforderung machen, die er ist. Meistert man diese jedoch, ist die Freude hinterher umso größer – und genau das macht doch einen lebhaften Beruf aus, oder?
Und was sie unterscheidet: Geld
Gerade wenn man den Vereinsfußball beäugt, wird jedoch der größte aller Unterschiede zwischen der Pflege und dem Fußball deutlich: Das Geld.
Ein Verein wie der französische Serienmeister Paris Saint Germain überwies vor ein paar Jahren rund 200 Millionen Euro an den FC Barcelona, um sich die Dienste eines Brasilianers zu sichern, der bei großen Turnieren mehr durch seine Theatralik auffällt, als durch seine Brillianz am Ball. Mittlerweile steckt der FC Barcelona jedoch noch tiefer in der Schuldenkrise als zuvor schon. Wohin geht das Geld? Es wird häufig einfach zum Fenster rausgeworfen.
Das Geld, das die Fußballclubs durch TV-Einnahmen, Investoren oder Öl-Scheiche aus Fernost erhalten, hätte die Pflege auch gerne. In die Schere zwischen einem durchschnittlichen Fußballerlohn und den aktuellen Pflegegehältern quetschen sich ein paar Nullen zu viel, sollte man meinen.
Dennoch: Fasst man das Ganze zusammen, dann verbindet Pflege und Fußball vor allem eines: Sie bringen Menschen zusammen.
Auf eine schöne WM!