Der zweite Berufsgesundheitsindex der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) hat untersucht, welche Auswirkungen die Arbeitsbedingungen sowie die öffentliche Wahrnehmung auf die Gesundheit der Menschen in der Pflegebranche haben.
Berufsgesundheit in den Jahren 2013 bis 2021
Der Berufsgesundheitsindex untersuchte die Entwicklung der Berufsgesundheit in den Jahren 2013 bis 2021. Dabei betrachtete er vier Aspekte, die sich sowohl positiv als auch negativ auswirken können:
- Ressourcen (zum Beispiel Weiterbildung und Einkommenszufriedenheit)
- Belastungen (zum Beispiel Überstunden und wechselnde Arbeitszeiten)
- Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (zum Beispiel Krankheitstage, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Risiken der Erwerbsminderung)
- Berufsansehen/Medien-Meinungsklima (Anerkennung und Wertschätzung in der Öffentlichkeit)
Sowohl in der Alten- als auch in der Krankenpflege liegt der Index für das Jahr 2021 deutlich unter dem des Jahres 2013, das als Basisjahr für die Analyse dient: Im Vergleich zum Ausgangswert 100 im Jahr 2013 wurde für die Altenpflege ein Wert von 94 und in der Krankenpflege ein Wert von 88 erreicht. Damit erreicht der Index für 2021 den niedrigsten Wert seit seiner Messung.
Hohe Zahl von Berufskrankheiten
Innerhalb der vier untersuchten Dimensionen der Berufsgesundheit zeichnen sich dabei unterschiedliche Entwicklungen ab. Besonders groß ist die Verschlechterung in der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit: Dieser Wert fällt in der Altenpflege von 85 auf 48, in der Krankenpflege sogar von 69 auf 24.
Die Ursache sehen BGW und DRV Bund in einem drastischen Anstieg der Verdachtsmeldungen auf Berufskrankheiten, die durch die hohe Zahl von Coronainfektionen des Pflegepersonals begründet seien. Auch die Arbeitsunfälle nahmen zu: Pro 1.000 Vollzeitbeschäftigten wurden 22 Arbeitsunfälle in der Altenpflege und 14 in der Krankenpflege registriert.
Einkommenszufriedenheit verbessert sich
Etwas besser sieht es bei den Ressourcen aus: Nach einem deutlichen Einbruch im ersten Jahr der Coronapandemie ließ sich in der Analyse ein Anstieg der Zufriedenheit mit der Arbeit beobachten. Die Zufriedenheit mit dem Einkommen erhöhte sich ebenfalls, was BGW und DRV Bund auf den Einsatz von Politik und Branchenvertretungen in den letzten Jahren zurückführen.
In der Gesundheits- und Krankenpflege erreichte der Indexwert mit 115 einen langjährigen Höchststand. Auch in der Altenpflege lag er mit 114 deutlich im oberen Bereich. Verbesserungswürdig ist nach wie vor die Inanspruchnahme von Weiterbildungen, auf die wegen der angespannten Personalsituation besonders in der Altenpflege weitgehend verzichtet wurde.
Weniger befristete Verträge
Im Bereich Belastung zeigte sich der Einfluss des Fachkräftemangels deutlich, der zumindest in der Altenpflege für eine Zunahme der Überstunden sorgte, wogegen die Anzahl der Überstunden in der Krankenpflege abnahm. Paradoxerweise hat der Fachkräftemangel insgesamt jedoch positive Effekte: Pflegekräfte sind schwer zu ersetzen und hätten daher kaum Angst um ihren Arbeitsplatz. Auch der Anteil befristeter Arbeitsverträge in der Altenpflege sei gesunken. Das sieht man an einer Verbesserung der Werte im Bereich Belastung, die in der Altenpflege bei 126 und in der Krankenpflege bei 119 lagen.
Mediale Berichterstattung normalisiert sich
Das Medien- und Meinungsklima sagt viel über die gesellschaftliche Akzeptanz eines Berufsbildes aus, die beeinflusst, wie Pflegende ihre Arbeitssituation wahrnehmen. Grundsätzlich finden sich in den Medien seit Jahren tendenziell negative Darstellungen der Kranken- und Altenpflege. Die Indexwerte in diesem Bereich haben sich seit 2013 kaum verändert. Eine Ausnahme bildet das erste Jahr der Coronapandemie, in dem fast täglich positiv über die Leistungen der Pflegekräfte in den Krankenhäusern berichtet wurde.
In Berichten über Alten- und Pflegeheime dominierten dagegen eher Negativthemen wie Infektionsausbrüche. Im Jahr 2021 beobachteten BGW und DRV Bund eine Normalisierung des Medien- und Meinungsklimas: In der Krankenpflege fiel der Indexwert um 18 Punkte, in der Altenpflege stieg er um 11 Punkte.
Laut BGW und DRV Bund wird die Berufsgesundheit der Beschäftigten in der Pflege weiterhin eine entscheidende Rolle spielen. Nur mit gesunden, belastbaren und zufriedenen Pflegekräften ließe sich die demografische Entwicklung nachhaltig bewältigen.