Am letzten Donnerstag hatte die Ministerpräsidentenkonferenz eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für die Pflege beschlossen. Inzwischen hat das Bundesministerium einen Vorschlag zur Umsetzung der Pflege-Impfpflicht vorgelegt (Rechtsdepesche berichtete). Die Regelung soll ab 1. Januar in Kraft treten und bietet allen, die in Pflegeeinrichtung tätig sind, bis zum 31. März die Möglichkeit, ihre Impfung nachzuholen. Ab diesem Datum bestünde dann eine Nachweispflicht für die Corona-Impfung.
Bundesärztekammer: Impfpflicht zum Jahreswechsel nicht ausreichend
Der Vorschlag ist noch nicht final, da gibt es schon die erste Kritik. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, sprach sich gegenüber dem Handelsblatt für eine schnellere Umsetzung aus. Seiner Vorstellung nach sollte die Impfpflicht ab Anfang Dezember gelten. Auch die Übergangszeit von drei Monaten ist in seinen Augen zu lang. Hier seien zwei Monate ausreichend.
Unabhängig von der praktischen Umsetzung hat die Pflege-Impfpflicht inzwischen viele Fürsprecher. Denn nur so können vulnerable Gruppen geschützt werden. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu COVID-19-Ausbrüchen in Pflegeheimen. Nach einem Ausbruch in einem Altenheim am Werbellinsee starben 16 Menschen (Stand 9.11.). Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder ermittelt laut einer Meldung von rbb24 gegen den Heimbetreiber wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung.
In anderen Berufen ist die Impfpflicht schon da: Für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hat Noch-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) eine sogenannte Duldungspflicht für die Impfung gegen COVID-19 beschlossen.
Widerspruch aus den Bundesländern
Unabhängig von der Pflege-Impfpflicht hatte die Ampel in der vergangenen Woche eine tägliche Testpflicht in Heimen beschlossen. Diese soll für alle Beschäftigten und Besucher gelten, unabhängig vom Impfstatus. Die Regelung hat bereits zu Widerspruch aus den Ländern geführt: Die Gesundheitsministerkonferenz verlangt eine Korrektur aufgrund „unzumutbaren Belastungen der durch die Pandemie ohnehin schon belasteten Bereiche.“ Das tägliche Testen vollständig Immunisierter sei unnötig und würde bis zur Korrektur der Regelung für vollständig Geimpfte nicht angewendet, heißt es in ihrem Beschluss.
Diese Einstellung wird von der Deutschen Stiftung für Patientenschutz scharf kritisiert. Vorstand Eugen Brysch bezeichnete die Aussetzung der Testpflicht durch die Länder im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als Rechtsbruch. „Dabei ist genau hier die Hälfte der COVID-19-Verstorbenen zu beklagen“, sagte Brysch. „Wann endlich begreifen die Gesundheitsminister, dass Impfen vornehmlich einen selbst schützt und Testen vornehmlich andere?“
Kliniken und Ärzte laufen Sturm gegen Testpflicht
Kliniken und Ärzte fordern die mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossene erweiterte Testpflicht wieder auszusetzen. „Die vorgesehene tägliche Testung aller geimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus ist praktisch nicht umsetzbar und führt zu einer untragbaren Belastung“, kritisiert DKG-Vorstandschef Gerald Gaß. Die tägliche Testung für ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei selbstverständlich und werde von den Kliniken umgesetzt. Für geimpfte und genesene Beschäftigte seien zwei Tests pro Woche eine völlig ausreichende präventive Vorgehensweise, die so in den meisten Kliniken bereits umgesetzt wird, so Gaß.
Auch die gesetzliche Neuregelung, wonach Krankenhäuser verpflichtet sind, Besuchern Tests anzubieten, lehnt die DKG ab. Diese Regelung werde praktisch zu Besuchsverboten führen. „Die Besucher müssen ihre Tests selbstständig organisieren und mitbringen. Wir empfehlen den Kliniken deshalb ab sofort, alle Besucher abzuweisen, die keinen negativen Test vorweisen können“, so Gaß.
Auch die Bundesärztekammer fordert Korrekturen am geänderten Infektionsschutzgesetz. „Es ist völlig unverständlich und medizinisch nicht nachvollziehbar, warum dreifach geimpfte Teams einer Praxis täglich getestet werden sollen“, heißt es in einem Schreiben der an den geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, an die Parteivorsitzenden der Ampelkoalition sowie an die Generalsekretäre und die Mitglieder des Hauptausschusses des Deutschen Bundestages.