Pause im Nachtdienst
Kann der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer die Pause im Nacht­dienst abkau­fen? Bild: Volker Großkopf

Die recht­li­chen Regelun­gen zur Vergü­tung von Nacht­schich­ten sind vieler­orts immer noch unklar. Beson­ders die Entloh­nung der nächt­li­chen Pausen­zei­ten sorgt oft für Unklar­hei­ten, die nicht selten in einem Rechts­streit enden. So auch im Falle einer Alten­pfle­ge­rin, die auf eine nachträg­li­che Vergü­tung ihrer angeb­li­chen nächt­li­chen Pausen geklagt hatte.

Muss eine Pause vergü­tet werden?

Zunächst ist festzu­stel­len, dass eine Pause eine Arbeits­un­ter­bre­chung ist und nicht zur Arbeits­zeit zählt. Siehe hierzu auch § 2 Absatz 1 ArbZG. Mithin muss eine Pause auch nicht vergü­tet werden. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass die als Pause gekenn­zeich­nete Auszeit keine Pause im arbeits­zeit­recht­li­chen Sinne gemäß § 4 ArbZG ist. Ein wesent­li­ches Kennzei­chen einer solchen Pause besteht darin, dass es sich um eine Arbeits­zeit­un­ter­bre­chung handelt und der Arbeit­neh­mer dem Arbeit­ge­ber in diesem Zeitfens­ter nicht zur Verfü­gung stehen und sich nicht zur Arbeit bereit­hal­ten muss.

Die Fallschil­de­rung

Eine Alten­pfle­ge­rin arbei­tete in einer Senio­ren­wohn­an­lage und sollte während ihrer Nacht­schich­ten, welche von 21:30 Uhr bis 7:00 Uhr morgens dauer­ten, zwischen 0:00 und 2:00 Uhr ihre Pausen­zei­ten nehmen. Auch während ihrer sogenann­ten „Pausen“ musste sie am Arbeits­platz bleiben und für Notfälle verfüg­bar sein. Ihr Arbeit­ge­ber zahlte ihr jedoch für diese Zeiten keine Vergü­tung. Das führte dazu, dass die Pflege­kraft recht­li­che Schritte einlei­tete, um eine Nachver­gü­tung für die Jahre 2011 bis 2014 zu fordern.

Die Gerichts­ent­schei­dung: Bereit­hal­ten zur Arbeit ist Arbeits­zeit

Das Arbeits­ge­richt Köln gab der Klage der Alten­pfle­ge­rin statt und verur­teilte den Arbeit­ge­ber zur Lohnnach­zah­lung. Die Berufung des Arbeit­ge­bers wurde vom Landes­ar­beits­ge­richt Köln abgewie­sen. Die Richter begrün­de­ten ihre Entschei­dung damit, dass die als Pausen dekla­rier­ten Zeiten, in denen die Pflege­rin in Bereit­schaft war, arbeits­zeit­recht­lich als Arbeits­zeit anzuse­hen sind und daher vergü­tet werden müssen. Die Entschei­dung des Landes­ar­beits­ge­rich­tes Köln bestä­tigt insoweit nochmals den Grund­satz, dass auch untäti­ges Bereit­ste­hen am Arbeits­platz vergü­tet werden muss, wenn der Arbeit­neh­mer nicht frei über seine Zeit verfü­gen kann.

Auswir­kun­gen des Urteils auf die Pflege­bran­che

Dieses Urteil ist deswe­gen beson­ders relevant für die Pflege­bran­che, da es die Rechte von Nacht­ar­bei­tern stärkt, weil es eine klare Abgren­zung von Pausen- und Bereit­schafts­zei­ten setzt. Es stellt sicher, dass Arbeit­ge­ber nicht willkür­lich entschei­den können, welche Zeiten als unbezahlte Pausen gelten, und schützt damit die Pflege­fach­per­so­nen vor Ausnut­zung.

Eine angemes­sene Entloh­nung ist auch deswe­gen von großer Bedeu­tung, als dass die Arbeit in der Pflege nicht nur physisch, sondern auch emotio­nal belas­tend sein kann und eine adäquate Vergü­tung ein Teil der Anerken­nung dieser für die gesamte Gesell­schaft so wichti­gen Tätig­keit ist.

Vergü­tung von Bereit­schafts­dienst­zei­ten

Es steht den Arbeits­ver­trags­par­teien frei, für diese Sonder­for­men der Arbeit – Arbeits­be­reit­schaft oder Bereit­schafts­dienst – eine geson­derte Bezah­lungs­re­ge­lung festzu­le­gen. Diese kann durch­aus niedri­ger ausfal­len, als das Entgelt für Vollar­beit, darf aber nach höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung die Mindest­ent­gelt­grenze gemäß § 2 des 6. Pflege­ArbbV nicht unter­schrei­ten (vgl. BAG vom 19. Novem­ber 2014 – 5 AZR 1101/12). Danach gelten ab 1. Mai 2024 folgende Mindest­löhne: Ausge­bil­dete Pflege­fach­kräfte erhal­ten 19,50 Euro pro Stunde. Für Pflege­hilfs­kräfte mit einer mindes­tens einjäh­ri­gen Ausbil­dung und einer entspre­chen­den Tätig­keit beträgt das Mindest­ent­gelt 16,50 Euro pro Stunde und für Pflege­hilfs­kräfte 15,50 Euro pro Stunde.

Pausen müssen gewährt werden

Die Entloh­nung von „angeb­li­chen Pausen“ die keine Pausen sind, ist eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Aller­dings ist darauf hinzu­wei­sen, dass der Arbeit­ge­ber den Nacht­ar­bei­tern die Pause nicht abkau­fen kann. Denn das Arbeits­zeit­ge­setz fordert , dass spätes­tens nach 6 Stunden Arbeits­zeit eine PAUSE gemacht werden muss. Es steht dem Arbeit­ge­ber frei, eine Pause im arbeits­zeit­recht­li­chen Sinne zu entloh­nen, aber Fakt ist, dass eine Pause genom­men werden muss. § 4 ArbZG führt hierzu aus:

Die Arbeit ist durch im Voraus festste­hende Ruhepau­sen von mindes­tens 30 Minuten bei einer Arbeits­zeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeits­zeit von mehr als neun Stunden insge­samt zu unter­bre­chen. Die Ruhepau­sen nach Satz 1 können in Zeitab­schnitte von jeweils mindes­tens 15 Minuten aufge­teilt werden. Länger als sechs Stunden hinter­ein­an­der dürfen Arbeit­neh­mer nicht ohne Ruhepause beschäf­tigt werden.

Abschlie­ßend ist darauf hinzu­wei­sen, dass es Aufgabe des Arbeit­ge­bers ist, sicher­zu­stel­len, dass die Pausen­zei­ten gemäß § 4 ArbZG vom Arbeit­neh­mer auch genom­men werden. Der Arbeit­neh­mer kann mithin auf die Pause nicht verzich­ten. Insoweit kann mit Fug und Recht behaup­ten werden, dass das Arbeits­zeit­ge­setz der sozia­lis­ti­sche Tropfen in einem kapita­lis­ti­schen System ist.

FAQ

Ist Arbeits­be­reit­schaft oder Bereit­schafts­dienst eine Pause?

Das Urteil bestä­tigt, dass Bereit­schafts­zei­ten und Arbeits­be­reit­schaf­ten, in denen der Arbeit­neh­mer am Arbeits­platz bleiben muss und für Arbeits­auf­ga­ben verfüg­bar ist, arbeits­zeit­recht­lich als Arbeits­zeit zu werten sind und entspre­chend vergü­tet werden müssen.

Muss der Arbeit­ge­ber die Pause bezah­len?

Eine Pause ist keine Arbeits­zeit und muss daher vom Arbeit­ge­ber nicht bezahlt werden. Aller­dings haben Arbeit­neh­mer das Recht auf Vergü­tung ihrer gesam­ten Arbeits­zeit, sofern sie nicht frei über das Zeitfens­ter, welches als Pause dekla­riert wurde, frei verfü­gen können.

Regelt das Arbeits­zeit­ge­setz die Vergü­tung von Bereit­schafts­zei­ten?

Das Arbeits­zeit­ge­setz regelt grund­sätz­lich keine Vergü­tun­gen für Arbeits­leis­tun­gen. Die Höhe der Vergü­tung wird entwe­der zwischen den Arbeits­ver­trags­par­teien oder von den Tarif­part­nern verein­bart.

Welche Bedeu­tung hat das Urteil des Landes­ar­beits­ge­richts Köln für die Arbeits­be­din­gun­gen in der Pflege?

Das Urteil stärkt die Position von Pflege­kräf­ten, indem es die Abgren­zung zwischen Pausen und Bereit­schafts­zei­ten aufzeigt.

Wann liegt eine Pause im arbeits­zeit­recht­li­chen Sinne vor?

Eine Pause ist eine Arbeits­zeit­un­ter­bre­chung in welcher der Arbeit­neh­mer dem Arbeit­ge­ber nicht zur Verfü­gung stehen muss.

Muss eine Pause im Nacht­dienst gewährt werden?

Die Arbeit ist durch im voraus festste­hende Ruhepau­sen von mindes­tens 30 Minuten bei einer Arbeits­zeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeits­zeit von mehr als neun Stunden insge­samt zu unter­bre­chen. Spätes­tens nach 6 Stunden Arbeits­zeit muss auch im Nacht­dienst eine Pause im arbeits­zeit­recht­li­chen Sinne gewährt werden.

Kann das Urteil des Landes­ar­beits­ge­richts Köln auch auf andere Branchen angewen­det werden?

Ja, das Urteil kann Präze­denz­fälle für andere Branchen setzen, in denen Nacht­ar­beit geleis­tet werden muss. Das Urteil betont die Notwen­dig­keit, dass alle Arbeits­zeit­for­men fair und gemäß den gesetz­li­chen Bestim­mun­gen zu vergü­ten sind.