Die rechtlichen Regelungen zur Vergütung von Nachtschichten sind vielerorts immer noch unklar. Besonders die Entlohnung der nächtlichen Pausenzeiten sorgt oft für Unklarheiten, die nicht selten in einem Rechtsstreit enden. So auch im Falle einer Altenpflegerin, die auf eine nachträgliche Vergütung ihrer angeblichen nächtlichen Pausen geklagt hatte.
Muss eine Pause vergütet werden?
Zunächst ist festzustellen, dass eine Pause eine Arbeitsunterbrechung ist und nicht zur Arbeitszeit zählt. Siehe hierzu auch § 2 Absatz 1 ArbZG. Mithin muss eine Pause auch nicht vergütet werden. In der Praxis ist es jedoch häufig so, dass die als Pause gekennzeichnete Auszeit keine Pause im arbeitszeitrechtlichen Sinne gemäß § 4 ArbZG ist. Ein wesentliches Kennzeichen einer solchen Pause besteht darin, dass es sich um eine Arbeitszeitunterbrechung handelt und der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in diesem Zeitfenster nicht zur Verfügung stehen und sich nicht zur Arbeit bereithalten muss.
Die Fallschilderung
Eine Altenpflegerin arbeitete in einer Seniorenwohnanlage und sollte während ihrer Nachtschichten, welche von 21:30 Uhr bis 7:00 Uhr morgens dauerten, zwischen 0:00 und 2:00 Uhr ihre Pausenzeiten nehmen. Auch während ihrer sogenannten „Pausen“ musste sie am Arbeitsplatz bleiben und für Notfälle verfügbar sein. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr jedoch für diese Zeiten keine Vergütung. Das führte dazu, dass die Pflegekraft rechtliche Schritte einleitete, um eine Nachvergütung für die Jahre 2011 bis 2014 zu fordern.
Die Gerichtsentscheidung: Bereithalten zur Arbeit ist Arbeitszeit
Das Arbeitsgericht Köln gab der Klage der Altenpflegerin statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Lohnnachzahlung. Die Berufung des Arbeitgebers wurde vom Landesarbeitsgericht Köln abgewiesen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die als Pausen deklarierten Zeiten, in denen die Pflegerin in Bereitschaft war, arbeitszeitrechtlich als Arbeitszeit anzusehen sind und daher vergütet werden müssen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln bestätigt insoweit nochmals den Grundsatz, dass auch untätiges Bereitstehen am Arbeitsplatz vergütet werden muss, wenn der Arbeitnehmer nicht frei über seine Zeit verfügen kann.
Auswirkungen des Urteils auf die Pflegebranche
Dieses Urteil ist deswegen besonders relevant für die Pflegebranche, da es die Rechte von Nachtarbeitern stärkt, weil es eine klare Abgrenzung von Pausen- und Bereitschaftszeiten setzt. Es stellt sicher, dass Arbeitgeber nicht willkürlich entscheiden können, welche Zeiten als unbezahlte Pausen gelten, und schützt damit die Pflegefachpersonen vor Ausnutzung.
Eine angemessene Entlohnung ist auch deswegen von großer Bedeutung, als dass die Arbeit in der Pflege nicht nur physisch, sondern auch emotional belastend sein kann und eine adäquate Vergütung ein Teil der Anerkennung dieser für die gesamte Gesellschaft so wichtigen Tätigkeit ist.
Vergütung von Bereitschaftsdienstzeiten
Es steht den Arbeitsvertragsparteien frei, für diese Sonderformen der Arbeit – Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst – eine gesonderte Bezahlungsregelung festzulegen. Diese kann durchaus niedriger ausfallen, als das Entgelt für Vollarbeit, darf aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Mindestentgeltgrenze gemäß § 2 des 6. PflegeArbbV nicht unterschreiten (vgl. BAG vom 19. November 2014 – 5 AZR 1101/12). Danach gelten ab 1. Mai 2024 folgende Mindestlöhne: Ausgebildete Pflegefachkräfte erhalten 19,50 Euro pro Stunde. Für Pflegehilfskräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit beträgt das Mindestentgelt 16,50 Euro pro Stunde und für Pflegehilfskräfte 15,50 Euro pro Stunde.
Pausen müssen gewährt werden
Die Entlohnung von „angeblichen Pausen“ die keine Pausen sind, ist eine Selbstverständlichkeit. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Arbeitgeber den Nachtarbeitern die Pause nicht abkaufen kann. Denn das Arbeitszeitgesetz fordert , dass spätestens nach 6 Stunden Arbeitszeit eine PAUSE gemacht werden muss. Es steht dem Arbeitgeber frei, eine Pause im arbeitszeitrechtlichen Sinne zu entlohnen, aber Fakt ist, dass eine Pause genommen werden muss. § 4 ArbZG führt hierzu aus:
Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es Aufgabe des Arbeitgebers ist, sicherzustellen, dass die Pausenzeiten gemäß § 4 ArbZG vom Arbeitnehmer auch genommen werden. Der Arbeitnehmer kann mithin auf die Pause nicht verzichten. Insoweit kann mit Fug und Recht behaupten werden, dass das Arbeitszeitgesetz der sozialistische Tropfen in einem kapitalistischen System ist.
FAQ
Ist Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine Pause?
Das Urteil bestätigt, dass Bereitschaftszeiten und Arbeitsbereitschaften, in denen der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz bleiben muss und für Arbeitsaufgaben verfügbar ist, arbeitszeitrechtlich als Arbeitszeit zu werten sind und entsprechend vergütet werden müssen.
Muss der Arbeitgeber die Pause bezahlen?
Eine Pause ist keine Arbeitszeit und muss daher vom Arbeitgeber nicht bezahlt werden. Allerdings haben Arbeitnehmer das Recht auf Vergütung ihrer gesamten Arbeitszeit, sofern sie nicht frei über das Zeitfenster, welches als Pause deklariert wurde, frei verfügen können.
Regelt das Arbeitszeitgesetz die Vergütung von Bereitschaftszeiten?
Das Arbeitszeitgesetz regelt grundsätzlich keine Vergütungen für Arbeitsleistungen. Die Höhe der Vergütung wird entweder zwischen den Arbeitsvertragsparteien oder von den Tarifpartnern vereinbart.
Welche Bedeutung hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln für die Arbeitsbedingungen in der Pflege?
Das Urteil stärkt die Position von Pflegekräften, indem es die Abgrenzung zwischen Pausen und Bereitschaftszeiten aufzeigt.
Wann liegt eine Pause im arbeitszeitrechtlichen Sinne vor?
Eine Pause ist eine Arbeitszeitunterbrechung in welcher der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehen muss.
Muss eine Pause im Nachtdienst gewährt werden?
Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Spätestens nach 6 Stunden Arbeitszeit muss auch im Nachtdienst eine Pause im arbeitszeitrechtlichen Sinne gewährt werden.
Kann das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln auch auf andere Branchen angewendet werden?
Ja, das Urteil kann Präzedenzfälle für andere Branchen setzen, in denen Nachtarbeit geleistet werden muss. Das Urteil betont die Notwendigkeit, dass alle Arbeitszeitformen fair und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu vergüten sind.