Neue Kooperationsformen zwischen den Ärzten und Pflegediensten gefragt
Bereits im Jahre 2007 hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung und zur Entwicklung im Gesundheitswesen festgestellt, dass die Aufgabenverteilung nicht immer effizient und effektiv sei, und hat umfassend aufeinander abgestimmte Konzepte für eine zielorientierte Gesundheitsversorgung im Sinne der Kooperation und Verantwortung aller Akteure im Gesundheitswesen aufgestellt. Sinn einer integrierten Versorgung ist vor allem, die bisherige Abschottung der einzelnen Leistungsbereiche zu überwinden, Substitutionsmöglichkeiten über verschiedene Leistungssektoren hinweg zu nutzen und Schnittstellenprobleme so besser in den Griff zu bekommen. Vor dem Hintergrund der hausärztlichen Unterversorgung bedarf es neuer Kooperationsformen zwischen den Ärzten und Pflegediensten, insbesondere mit klarer Abstimmung der jeweiligen Kompetenz und Verantwortung.
Gesetzgebung und Ausbildung hinken noch hinterher
Hierzu ist sicherlich das im parlamentarischen Verfahren befindliche Pflegeberufsgesetz mit klarer Aufgabendefinition der Pflegeprofession ein richtiger Weg. Dennoch gilt es im Versorgungsalltag, die Haftungsverantwortung in Bezug auf die Anordnungs- und Durchführungsverantwortung zu klären. Auch muss die Ausbildung adäquat auf die Zusammenarbeit mit anderen Berufen vorbereiten.
Hohes Haftungsrisiko für Ärzte und Pflegedienste: Ferndiagnosen
Mit der Begründung des Zeitmangels werden oft von Ärzten telefonische Anordnungen zur Medikation und zu Behandlungsmaßnahmen an Pflegende delegiert. Diese rechtlich nicht haltbare Form der Verordnung birgt Gefahren für den Patienten und ein großes Haftungsrisiko für die durchführende Pflegefachkraft. So kommt es in der Praxis regelmäßig zu Kompetenzüberschreitungen und Rechtsunsicherheiten, die erst im Streitfall durch die Rechtsprechung beurteilt werden.
Fazit
Dieses Spannungsfeld der Delegation von Aufgaben muss durch klare Vertraglichkeit bzw. Befähigungsnachweise zum Schutze der Patienten vereinbart werden, denn Kommunikationsdefizite haben verheerende Folgen für die Patienten: längere Liegedauer, Schmerzen, Verunsicherung und unnötige Verlegungen.
Dabei verfolgen beide Berufsgruppen, Ärzte und Pflegende, den ethischen Grundsatz, dem Patienten nicht zu schaden. Gemeinsam ist ihnen auch, dass die eine Berufsgruppe ohne die andere ihren Auftrag nicht erfüllen kann. Im Mittelpunkt sämtlicher Aktivitäten sollte der Patientenanspruch auf eine sichere Versorgung nach den aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft stehen. Dabei entspricht es der rechtlichen Verpflichtung, sich über neue Erkenntnisse bis zur Grenze des Zumutbaren fortzubilden.
Dieser Beitrag erschien in seiner ursprünglichen From erstmalig im MedLetter April 2016.